Digitale Intelligenz für den Gebäudebestand

M&P Innovation Award 2025

Eine der Gewinnerinnen des M&P Innovation Award 2025 ist Theresa Kohl von DiLT Analytics aus Graz. Das junge Spin-off der Technischen Universität Graz hat mit der Software „FaciliMind“ eine Lösung entwickelt, die digitale Intelligenz in bestehende Gebäude bringt. So sollen Effizienzsteigerungen von 10 bis 30 % allein durch datenbasiertes Monitoring und detaillierte Fehlerdiagnose für komplexe Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen ermöglicht werden.

Das Problem: Ein globaler „Energy ­Performance Gap“

Rund 30 % der weltweiten CO₂-Emissionen entstehen im Gebäudebetrieb. Die Gebäudetechnik ist solide, doch die Komplexität im Betrieb ist hoch. Besonders im Bestand klafft eine Lücke zwischen geplantem Energieverbrauch und der Realität – der sogenannte Energy Performance Gap. Studien und vereinzelte Umsetzungsprojekte zeigen: bis zu 30 % Energieeinsparung sind allein durch intelligentes Monitoring und optimierte Betriebsführung möglich. Doch in der Praxis der Betriebsführung fehlen oft:

 ausreichende Personalressourcen,

 offen gestaltete Systeme und

 benutzerfreundliche Tools.

Facility Management-Teams arbeiten daher unter hohem Zeitdruck und mit knappen Budgets. Genau hier setzen DiLT Analytics, Finalisten beim M&P Innovation-Award im Juni 2025 in Düsseldorf, mit ihrer Lösung „FaciliMind“, an. Die Software bindet sich über offene Standards wie BACnet direkt in bestehende Gebäudeautomationssysteme ein, liest die vorhandenen Datenpunkte aus und erstellt in Sekunden einen digitalen, semantischen Zwilling der technischen Anlagen. Darauf basierend werden kontinuierlich Analysen durchgeführt, Abweichungen zum Idealbetriebszustand erkannt und konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der HKLS-Anlagen für das Facility Management generiert – vollautomatisch und ohne zusätzliche Sensorik.

Vom Forschungslabor zur ­skalierbaren Lösung

DiLT Analytics wurde Ende 2021 am Institut für Softwaretechnologie der Technischen Universität Graz gegründet. Mittlerweile bündelt das interdisziplinäre Team aus Datenwissenschaft, Gebäudetechnik und Softwareentwicklung die Erkenntnisse aus über 20 Jahren Grundlagenforschung und zehn Jahren Anwendungsforschung in einer marktreifen Innovation für die automatische Fehlererkennung und -diagnose in der technischen Gebäudeausstattung. Erkannt werden beispielsweise ineffiziente Regelungsstrategien, ineffektive Wärmerückgewinnungssysteme, undichte Ventile, defekte Sensorik, o.Ä. Die cloudbasierte Software FaciliMind unterscheidet sich bewusst von klassischen, schwerfälligen Optimierungslösungen:

 Gebäudeanbindung in wenigen Stunden durch automatisiertes ­Datenpunktmapping

 Keine manuelle Konfiguration der Analysen - erste Ergebnisse binnen vier Wochen

 Einfach zu bedienen und minimaler Einschulungsaufwand

Die Technologie verzichtet auf aufwendige Nachrüstungen und vermeidet Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern. Damit sinkt die Einstiegshürde für Eigentümer und Betreiber erheblich. Betreiber können je nach Datenpunktanzahl zwischen umfassendem Monitoring der gesamten Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik oder gezielter Anlagenüberwachung wählen – im flexiblen SaaS-Modell.

Symbolic AI trifft Machine Learning

FaciliMind kombiniert symbolische KI – semantische Modellierung und ­regelbasierte Schlussfolgerungen – mit semi-supervised Machine Learning. Zum Einsatz kommen unter anderem Autoencoder für die Anomalieerkennung und automatisiertes Clustering zur Mustererkennung. Herzstück ist ein mehrstufiges Analysekonzept mit integrierten Inference Engines, das robuste, erklärbare Diagnosen liefert – selbst bei unvollständigen oder verrauschten Daten. Statt überdimensionierte Blackbox-Modelle einzusetzen, setzt DiLT Analytics auf pragmatische, skalierbare Lösungen, die sofort Mehrwert bringen.

Pilotprojekt mit der Bundes­immobiliengesellschaft

Im Pilotprojekt mit der österreichischen Bundesimmobiliengesellschaft wird FaciliMind aktuell auf einem Campus mit rund 60 Gebäuden erprobt. Bereits in der Anfangsphase wurden in drei Testgebäuden 14 versteckte erhebliche Einsparpotenziale durch die automatische Analyse in den Anlagen identifiziert, welche durch die klassische, vorhandenen Gebäudeleittechniksoftware nicht zu erkennen gewesen wären. Die bislang aufgedeckten Wärme- und Stromeinsparungen durch das innovative Monitoringsystem werden mit 10 bis 16 % je Gebäude beziffert.

Versteckte Defekte werden in der Praxis oft erst spät oder nur zufällig entdeckt, sind aber weit verbreitet. Die automatische Diagnose entlastet nicht nur das Facility-Management-Team, sondern sorgt auch für Planungssicherheit und hilft, Effizienzfehler zu vermeiden.

Forschungskompetenz und ­Branchenpraxis

Hinter DiLT Analytics steht ein 14-köpfiges Expert:innenteam, welches Forschungsexzellenz und industrielle Umsetzungskompetenz verbindet: wissenschaftlich fundierte KI mit Wurzeln an der Technischen Universität Graz und Technischen Universität Wien mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Gebäudetechnik, Mess- und Regelungstechnik sowie Computer Science. Die Softwareentwicklung erfolgt mit Fokus auf Modularität, Automatisierung und offene Schnittstellen.

„Unser Ziel ist es, Facility Management datenbasiert, effizient und menschenzentriert weiterzudenken. Wir wollen traditionelle Branchenstrukturen und Herstellerabhängigkeiten aufbrechen und die digitale Zukunft im Gebäudesektor aktiv mitgestalten“, so die Vision von DiLT Analytics.

Von der Theorie in die Umsetzung

Viele digitale Lösungen im Gebäudebereich sind „ready in tech, stuck in delivery“ – technologisch ausgereift, aber in der Praxis schwer umsetzbar. FaciliMind geht den umgekehrten Weg: Eine wissenschaftlich fundierte, praxisgerechte Softwarelösung, die in kürzester Zeit einsatzbereit ist und sofort messbaren Mehrwert liefert.

Mit der Kombination aus fortschrittlicher KI-Technologie, schneller Implementierung und tiefem Branchenverständnis positioniert sich DiLT Analytics als relevanter Treiber für klimaneutrale, wirtschaftlich effiziente Bestandsgebäude – und als Partner, der Facility Managern Werkzeuge an die Hand gibt, um den Betrieb nachhaltig zu optimieren.

Der offizielle Marktstart erfolgt Ende 2025 – aktuell wird die Software bereits mit weiteren Kunden in Österreich getestet. 2026 will das Team von DiLT Analytics weiter in die Softwareentwicklung investieren und den Sprung auf den deutschen Markt vorbereiten.

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