FACILITY MANAGEMENT im Interview

Nachhaltig und energieeffi­zient durch Cloud-Technologien

Wie lässt sich der Energie- und Wasserverbrauch senken? Für das Energiedienstleistungsunternehmen Techem ist dafür auch eine hohe Transparenz über Verbrauchsdaten ausschlaggebend. Gemeinsam mit dem IT-Beratungsunternehmen msg erarbeitete Techem deshalb Lösungen, um Verbräuche nicht nur messbar, sondern auch sichtbar zu machen. FACILITY MANAGEMENT im Interview mit Dr. Roland Werner, Head of IT bei Techem und Marco Posch, Abteilungsleiter im Bereich Supply Solutions bei msg.

Herr Werner, vor welchen neuen Herausforderungen stehen Energiedienstleister?

Dr. Roland Werner: Energie- oder Wasserverbräuche zu messen und auf dieser Basis Abrechnungen zu erstellen, das ist seit über 70 Jahren unser Geschäft und unsere Kernkompetenz. Früher haben unsere Ableser in den Gebäuden die Daten nur einmal jährlich ausgelesen und auf dieser Basis die Jahresabrechnungen erstellt. Das hat sich mit der Energieeffizienzrichtlinie (Energy Efficiency Directive, kurz: EED) verändert. Nun ist es durch die Funktechnik und automatische Übermittlung der Verbrauchsdaten möglich und sinnvoll, monatlich die Informationen den Mieterinnen und Mietern zur Verfügung zu stellen. Hierdurch steigen die Menge der Daten und die Häufigkeit der Datenverarbeitung deutlich. Deshalb mussten wir die technischen Voraussetzungen schaffen, um mit diesen Herausforderungen umzugehen.

 

Und da kam msg ins Spiel?

Dr. Roland Werner: Ganz genau! Wir haben mit msg in zwei größeren Projekten zusammengearbeitet. Im ersten Projekt haben wir uns darauf konzentriert, wie wir die Informationen über den Verbrauch „oberhalb der Kellerdecke“ mit höchster Zuverlässigkeit erfassen und verarbeiten können. Also beispielsweise die Messwerte unserer funkenden Wärme- und Wasserverbrauchssensoren in den Mietwohnungen oder weiteren Nutzeinheiten. Im zweiten Projekt haben wir uns mit der Datenerfassung „unterhalb der Kellerdecke“ beschäftigt. Sprich: Wie zuverlässig und optimal eingestellt funktionieren die Wärmeerzeugungsanlagen, die sich in Mehrfamilienhäusern befinden? Im Prinzip haben wir mit beiden Projekten ein ähnliches Ziel verfolgt: Transparenz über Wärmeerzeugung und deren Verbräuche zu schaffen. Denn das regelmäßige Messen sowie der Einblick in die eigenen Verbräuche schaffen Bewusstsein. Nur aufgrund dieser Transparenz über die Verbrauchsdaten können Bewohnende ihr Nutzungsverhalten anpassen und damit den eigenen Energieverbrauch senken und zum reduzierten CO2-Ausstoß von Immobilien beitragen.

 

Wie konnte msg dabei ­helfen?

Marco Posch: Wir haben gemeinsam mit Techem eine Lösung in der Azure Cloud aufgebaut, um die Daten von den Messgeräten aus den Gebäuden und zusätzlich alle relevanten Kontextinformationen aus den IT-Systemen der Techem dorthin zu bringen. Ebenfalls in der Cloud haben wir dann im zweiten Schritt zusammen eine Analyseplattform realisiert, in der mithilfe von Big-Data-Techniken und KI-­Methoden diese Daten im Detail analysiert werden können. Wir haben eine Art Datendrehscheibe geschaffen, die wir für verschiedene Anwendungsfälle nutzen und somit aus den Daten neue Mehrwerte erzeugen können.

Dr. Roland Werner: Uns ist es dadurch nun zuverlässig möglich, Mietenden auf monatlicher Basis Auskunft über ihre Verbräuche in den Mietwohnungen zu geben. Diese können sie sogar über eine App einsehen, in der die eigenen Verbräuche im Kontext der Immobilie leicht verständlich dargestellt werden. Bestehen hier große Unterschiede oder hat sich etwa der eigene Verbrauch deutlich verändert, können die Mietenden zeitnah gegensteuern. Selbstverständlich achten wir hierbei auch sehr genau auf den Datenschutz.

 

Und „unterhalb der Kellerdecke“?

Dr. Roland Werner: Dort gibt es bei den Wärmeerzeugungsanlagen großes Potenzial für eine höhere Energieeffizienz mit Vermeidung unnötiger CO₂-Emissionen. Auch hier liegt der Schlüssel in der kontinuierlichen Datenerhebung und -analyse. Deshalb haben wir zunächst über 1.300 Mehrfamilienhäuser mit smarten und bezahlbaren Überwachungsinstrumenten für die Wärmeerzeugungsanlagen ausgestattet. Mess- und Stammdaten gelangen ebenfalls in die Azure Cloud und unsere Mitarbeitenden können sie automatisiert mittels Data Science und KI-Methoden untersuchen. Dadurch kann einerseits die Betriebssicherheit infolge einer frühzeitigen und zuverlässigen Störungserkennung erhöht und andererseits konkrete Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Betriebsführung identifiziert werden. Auf diese Weise gelingt es uns, den Energieverbrauch signifikant zu reduzieren, da etliche Anlagen nicht fachgerecht eingestellt sind und wir dies nun zeitnah erkennen.

Marco Posch: Der Vorteil ist, dass Probleme schneller erkannt werden und man rechtzeitig gegensteuern kann. Früher mussten Techniker in bestimmten Abständen zur Anlage fahren und sie bestmöglich einstellen. Lief die Wärmeerzeugungsanlage nicht optimal, fiel das oft gar nicht oder erst sehr spät durch hohe Abrechnungen auf. Beispielsweise wenn sie im Sommer auf Winterbetrieb heizte und damit unnötig viel Energie verbrauchte. Jetzt können die Techem-Mitarbeitenden die Anlagen nahezu in Echtzeit monitoren und direkt auf Dashboards einsehen, wo Störungen auftreten oder Einstellungen optimierbar sind. Diese Informationen stellt Techem mittels eines gemeinsam entwickelten Kundenportals auch seinen Kunden – also Vermietern, Wohnungsgesellschaften und Immobilienkonzernen – zur Verfügung. Dort werden auch die erzeugten Wärmemengen und die CO₂-Emissionen hieraus abgebildet. Es geht also nicht nur um finanzielle Einsparungen, sondern auch um Nachhaltigkeitsziele.

 

Welche Rolle spielt die Cloud in diesem Zusammenhang?

Dr. Roland Werner: Ich bin fest davon überzeugt, dass sich unsere Projekte und damit auch unsere Ziele ohne Cloud Technologie kaum realisieren ließen. Die Cloud ermöglicht es uns, große Datenmengen skalierbar und flexibel zu verarbeiten. Es gibt keine andere Möglichkeit, dies effizient zu bewerkstelligen.

Marco Posch: Dem kann ich nur zustimmen. Wir sehen auch bei msg, dass die Cloud uns und unseren Kunden ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Wir sind davon überzeugt, dass wir bei vielen aktuellen Herausforderungen auf solche digitalen Innovationen setzen müssen. Gerade auch hinsichtlich ­Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

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