Zukünftige Bürostrategien sind flexibel, kollaborativ und smart

Von Flächeneffizienz bis Unternehmenskultur

Im März wurde nach mehr als zwei Jahren Pandemie die gesetzliche Homeoffice-Pflicht deutschlandweit aufgehoben und Unternehmen ­standen oder stehen vor der lang erwarteten Rückkehr ihrer Belegschaft in die Bürogebäude. Entsprechend waren Führungskräfte die letzten ­Monate mit Überlegungen zur Vorbereitung der Rückkehrer beschäftigt. Ein zurück in die alte Normalität wird es allerdings nicht geben.

Vor der Corona-Pandemie hat ein Großteil der Berufstätigen gar nicht oder nur gelegentlich von Zuhause gearbeitet. Die Pandemie zwang viele Unternehmen, spätestens bei Einführung der gesetzlichen Regulierung eine Home­office-Policy umzusetzen, es sei denn, dem standen zwingend betriebsbedingte Gründe entgegen. Das Büro durchlebt jetzt also eine postpandemische Entwicklung.

Viele Experten sind davon überzeugt, dass es keinen Weg zurück in die alte Normalität geben wird, auch nicht mit der Aufhebung der Homeoffice-Pflicht. Wir werden uns wohl daran gewöhnen, dass wir nie wieder zurück in die ursprüngliche Ausgangssituation finden werden. Vielmehr müssen wir uns von der Normalität, die wir so von veralteten Arbeitskonzepten kennen, trennen und Platz machen für eine neue, hybride Arbeitsrealität. Aktuelle Auswertungen des Proptech-Unternehmens Locatee zeigen, dass die durchschnittliche Auslastung von Büroflächen bei nur etwa 20 % liegt und sie prognostizieren, dass auch mit der Aufhebung der Homeoffice-Pflicht viele Mitarbeitende nicht primär an ihre Büroarbeitsplätze zurückkehren werden. Doch was kommt dann? Betriebe müssen diese Zeit als Chance für eine neue Betrachtung ihrer Arbeitsplatzstrategien sehen. Vor allem Großkonzerne mit bisher großer Büronutzung stehen vor der Herausforderung, eine Umstrukturierung der Büroflächen holistisch zu denken. Führungskräfte müssen ihre Gebäude für Mitarbeiter zukünftig so attraktiv wie möglich machen. Welche Prinzipien sind Teil einer künftigen Bürostrategie? Welche Grundsätze werden Unternehmen bei der Planung beachten und wie können zukünftige Arbeitsplatzstrategien die Weichen für das Büro der Zukunft stellen? Locatee hat sich die bisherigen Bewegungen in der Arbeitswelt genau angesehen und folgende Trends erkannt.

Sicherheit an erster Stelle

Auch wenn wir uns dem Ende der ­Pandemie nähern, fürchten viele Mitarbeitende bei der Rückkehr in die Büroräume eine Corona-Ansteckung. Die Prävention von Krankheitsübertragungen zum Wohl aller Mitarbeitenden hat höchste Priorität bei den Arbeitgebenden. Angefangen mit ausreichend Desinfektionsstationen bis hin zum Nachrüsten von Büros mit automatischen Vorrichtungen und Türen können Gebäude mit ausgiebigen Sicherheitskonzepten Abhilfe schaffen und für ein gesteigertes Sicherheitsgefühl sorgen. So können Prozesse aufgesetzt werden, die Mitarbeitende mit Gesundheits- und Sicherheitsstandards schützen. Weiter gedacht bedeutet das auch, sämtliche Sicherheitskonzepte auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer anzupassen. Arbeitnehmergerechte Schließ-/ und Alarmanlagen schaffen eine zeitunabhängige Erreichbarkeit und eine Entzerrung von strikten Kernarbeitszeiten. Mitarbeitende können sich so geschützt ein paar Stunden in den Abend hinein für ein After-Work-Event mit Kollegen zusammensetzen oder sich bereits am frühen Morgen Zugang zu den Büroräumen verschaffen. Schließsysteme passen sich ebenfalls an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden an, auch unter der Berücksichtigung von Sicherheitsprotokollen.

Flächendeckend flexibel sein

Die freie Einteilung der jeweiligen Arbeitszeit unterstützt auch das Prinzip der Flexibilität. Führungskräfte sollten eine optimale Umgebung schaffen, in der Mitarbeitende eine gewisse Flexibilität und Entscheidungsfreiheit genießen. Das fängt schon bei der freien Entscheidung an, von wo die Arbeitnehmer arbeiten wollen. Das “Work from Anywhere”-Modell (WFA-Modell) bietet ein frei wählbares Konzept des Arbeitens an. Das US-amerikanische Technologieunternehmen Meta bietet seinen Mitarbeitenden zum Beispiel einen umfassenden Pool an Möglichkeiten an, an dem jeder nach Vorlieben dort arbeiten darf, wo er oder sie will. Gemeint sind damit nicht nur das Home-Office und das Büro als einzige Optionen, sondern auch, dass Mitarbeitende den Arbeitsort zu Aus- und Weiterbildungsstandorten oder Spezialisten Standorten für Produktions- und Forschungsaktivitäten ausweiten. Hier können Betriebe je nach Bedarf und Nachfrage die Verteilung der Gesamtfläche, die angemietete wird, durch die stärkere Aufnahme von sogenannten “Third Places” wie Co-Working-Anbietern oder Satellitenbüros fernab des Hauptstandortes anpassen.

Auch lässt sich das Prinzip auf die tatsächliche Einteilung der angemieteten Flächen runterbrechen. Hier gibt es diverse Möglichkeiten, wie Büroflächen allgemein aufgebaut sind – von traditionell fest eingeteilten Arbeitsplätzen mit Einzelbüros und Trennwänden bis hin zu einem Bürokonzept mit vollständig frei zu wählenden Arbeitsplätzen. Die unterschiedlichsten Mischformen haben sich bereits etabliert. Im Zuge der Pandemie mussten Arbeitsplätze voneinander entzerrt werden, um notwendige Mindestabstände zu gewähren, womit Veränderung in die Büroräume Einzug hielt. Führungskräfte konnten beobachten, dass die Option von nicht zugewiesenen Räumen und einer flexiblen Bestuhlung vielen Mitarbeitenden zugesagt hat. Beispielsweise hat der Microblogging-Dienst Twitter frühzeitig erkannt, dass die Gründe, warum die Mitarbeitenden ins Büro kommen, weitestgehend unterschiedlich sind. Als Konzern war es Twitter wichtig, ein flexibles Arbeitsumfeld anzubieten. Dank der Erkenntnisse, die sie durch viele Pulsumfragen unter den Arbeitnehmern erlangen konnten, bewegt sich das Unternehmen von den pre-pandemischen Team-Nachbarschaften mit eigenen Schreibtischen und Sozialbereichen weg. Das Twitter-Team hat nun die Möglichkeit, über buchbare Zonen in Bereichen für ruhiges Arbeiten und für gemeinsame Aktivitäten innerhalb der Teamnachbarschaften zu sitzen. So bleibt ein gewisses Maß an Vertrautheit erhalten und zugleich verfügen Manager nun über die Datenbasis für einen Vergleich zwischen der Nutzung.

Eine solche Flexibilität lässt sich noch weiterdenken – mit der Veränderung zu modularen Raumsystemen. Arbeitsplätze können so angeordnet werden, dass sie den Bedürfnissen der Mitarbeitenden schnell angepasst werden können. Eine flexible Umwandlung von einer Besprechungssituation zur Kreativsituation macht Arbeitsplätze zugänglicher für flexible Arbeitsweisen. Nehmen wir an, Mitarbeiter A möchte zusammen eine Telefonkonferenz mit einem Kunden führen, während Mitarbeiter B direkt danach im selben Raum ein Brainstorming mit Remote-Kollegen abhalten möchte. Realisiert werden kann das durch flexible, faltbare und rollbare Möbel oder Ausstattungen wie beweglichen Trennwände oder interaktive Whiteboards. Die Wahl einzelne Arbeitsbereiche abzuschirmen oder zu erweitern, macht Arbeitsflächen dynamisch.

Mehr Fokus auf Zusammenarbeit und Kollaboration

Generell werden zukünftige Büros primär Orte für die gemeinsame Zusammenarbeit sein, entweder unter den ­Mitarbeitenden selbst oder zwischen Mitarbeitenden und ihren Kunden oder anderen Geschäftspartnern. So gilt es, diese Zusammenkunft mit dem Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft mit sozialen Räumen zu fördern. Hier kann die Entscheidung gegen neue abgeschirmte Einzelbüros und für einen Treffpunkt wie eine Gemeinschaftsküche oder einem großen Außenbereich für Mitarbeiter ­attraktiver sein. Unternehmen müssen überlegen, wie sie Mitarbeitenden mit Extras und Angeboten wie bezahlten Mittagessen, hauseigenen Kitas oder Teambuildingevents vor Ort in die Gebäude bringen können. Wichtig bleibt, sich nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter zu richten und Möglichkeiten zu schaffen, mit denen sie am produktivsten arbeiten können.

Das Office sollte zudem ein multifunktionaler Ort sein, an dem auch Remote-Kollegen am täglichen Bürogeschehen teilnehmen können. Um digitale Zusammenarbeit zu ermöglichen, ist es notwendig, dass die Teilnahme an der Arbeit für Remote sowie vor Ort arbeitenden Kolleg:innen gleichermaßen geeignet sind. In der Zukunft wird es immer wichtiger, dass die Technologie so weit optimiert ist, dass eine digitale Vernetzung standortübergreifende Arbeit ermöglicht. Zu einer richtigen Ausstattung gehört eine digitale Infrastruktur mit cloudbasierter Software sowie eine funktionierende Internetverbindung mit hoher Leistungsfähigkeit für Tools wie Zoom. Teil der Bürostrategie könnten interaktive, audiovisuelle Funktionen sein. Augmented oder Virtual Reality werden zu Merkmalen in zukünftigen Büroräumen. Unternehmen wie PwC und die Bank of America haben bereits erkannt, dass Virtual Reality Teil dieser Infrastruktur sein kann und digitale Meetings oder Kundentrainings in diesem Rahmen absolviert werden können. Auch innovative Arbeitsinseln mit integriertem Bildschirm oder integrierter Webcam schaffen moderne Arbeitsszenarien.

In Zukunft individuell

Der Wunsch, die Rückkehr ins Büro selbst zu entscheiden, ist unbestreitbar da. In einer repräsentativen Umfrage hat Locatee gemeinsam mit YouGov Mitarbeitende zur Rückkehr ins Büro befragt. 56 % der Befragten möchten selbst entscheiden, ob sie von zu Hause aus arbeiten oder nicht.* Es gibt also keine starre Struktur mehr, die garantiert, dass Mitarbeitende zurückkehren wollen. So individuell die Situation jedes einzelnen Arbeitnehmers ist, wird auch künftig die Arbeitsflächen in jedem Unternehmen individuell gestaltet sein. Es wird kein “One size fits all”-Modell mehr geben. Was sich aber beobachten lässt, ist, dass immer mehr Betriebe dem flexiblen Arbeiten von überall annähern.

Sogar an traditionellen Arbeitsorten wie der Wall Street finden Diskussionen dazu statt, Mitarbeitenden mehr Wahlmöglichkeiten zu bieten, wie und wo sie arbeiten wollen. Auch wenn mehr Betriebe sich entschlossen für eine Rückkehr aussprechen, hat sich doch der Ton des Diskurses verändert. Zum Wohl der Unternehmenskultur sind Führungskräfte offener, ursprüngliche Arbeitsplatzstrategien zu überdenken und sich von strengen Vorgaben wegzubewegen. Das “Work from anywhere”-Prinzip legt den Grundstein für die Entwicklung von Trends der Büroentwicklung.

Vielen Unternehmen fehlt jedoch der richtige Ansatz, um ihre Weiterentwicklung zu starten. Oftmals beschließt sie eine linare neue Strategie und investiert dann in Lösungen zur Umsetzung dieser Strategie. Idealerweise sollte eine kontinuierliche Feedbackschleife Teil der Lösung sein. Daten und Anforderungen sowohl von Mitarbeiter als auch von der Geschäftsleitung müssen in Richtlinien einfließen und Entscheidungen zur Umsetzung und zu Investitionen im Sinne dieser erfolgen. Daten und Erhebungen liefern dann kontinuierlich Rückmeldungen und ermöglichen dann wieder neue Ansätze. Unternehmen brauchen somit einen Weg für das systematische Sammeln und Auswerten von Daten, um die Funktion und Auslastung der verschiedenen Bürobereiche bei Bedarf kontinuierlich anzupassen. Ein Lösungsansatz sind datengesteuerte Softwarelösungen, die anonyme Daten zur Nutzung von Unternehmensflächen sammeln. Zusammen mit den Mitarbeiterbefragungen kann das C-Level Team davon abgeleitet ein Nutzungskonzept entwickeln und langfristige Trends, Wachstumspotenziale und Optimierungen erkennen.

Fazit

Arbeitgebende merken, dass die wichtigste Anforderung, die Büroräumlichkeiten erfüllen müssen, ist, den Bedürfnissen der Mitarbeitenden zu entsprechen. Die Entscheidungsfindung für zukünftige Arbeitsplatzstrategien wirkt sich zu gleichen Teilen auf die Flächeneffizienz und das Wohl der Mitarbeitenden aus. Wenn Unternehmen also daran interessiert sind, Mitarbeitende zu halten und weiterhin Fachkräfte zu gewinnen, müssen sie sicherstellen, dass sie für die Zukunft einen zugänglichen Arbeitskosmos unter idealen Arbeitsbedingungen schaffen.

*Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, ander 2055 Personen zwischen dem 22. und dem 24.06.2021 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. **Die Erkenntnisse dieses Beitrages basieren auf der Forschung der Worktech Academy, den Gesprächen mit Unternehmen aus dem Podcast The Workplace Leader, Stichproben aus gesammelten anonymisierten Daten und den Gesprächen die Locatee mit seinen Kunden führte.
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