Nachhaltigkeitsberichte im Facility Management

Noch Neuland?

Auch wenn einige Überdrüssige den Begriff vielleicht gern zum „Unwort des Jahres“ erklären möchten – am Thema „Nachhaltigkeit“ kommt heute auch im Facility Management niemand mehr vorbei. Aber sind die FM-Unternehmen selbst nachhaltig genug aufgestellt? Und wenn ja, wissen ihre Kunden und Mitarbeiter davon?

Schlüsselbranche mit Verantwortung

Facility Management ist aufgrund seiner hohen Bruttowertschöpfung und einer steigenden Zahl an Beschäftigten längst zu einer volkswirtschaftlichen Schlüsselbranche geworden, wie der 2010 erschie­nene FM-Branchenreport eindrucksvoll verdeutlicht hat. Gleichzeitig steht die Branche vor großen Herausforderungen, denkt man an die Verantwortung für Klimaschutz und Energieeffi­zienz, an die Internationalisierung des Geschäfts, aber auch an die dringend notwendige Sicherung des eigenen Nachwuchses angesichts des zunehmenden Wettbewerbs um Fach- und Führungskräfte.

Das führt zu einer Verpflichtung der Unternehmen, Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften zu übernehmen, also ökonomischen Erfolg eng mit der Schonung der natürlichen Ressourcen und dem Erhalt der sozialen Balance ­einer Gesellschaft zu verbinden.

Dafür hat die FM-Branche gute Voraussetzungen, die sie vor allem im Energie- und Umweltbereich schon konsequent nutzt. Die Umsetzung von „Green Building“-Konzepten, die Entwicklung von Zertifikaten für nachhaltiges Bauen oder Strategien für höhere Energieeffizienz und geringere Emissionen von Gebäuden wären ohne den aktiven Beitrag der FM-Branche nicht denkbar. Nicht zuletzt sorgt die ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes für ein Plus an Nachhaltigkeit, weil erst damit Transparenz geschaffen und der Einsatz effizienter Steuerungsinstrumente möglich wird.

 

„Green Cleaning“
als Service-Angebot

Viele FM-Dienstleister haben die Zeichen der Zeit erkannt und schnüren in jüngster Zeit  nachhaltigkeitsorientierte Service-Pakete, mit denen sie dem gestiegenen Bedarf Rechnung tragen und ihren Kunden helfen, z. B. die nötige Punktezahl für eine DGNB- oder LEED-Zertifizierung zu erreichen oder zum Carbon Footprint in der Gebäudebewirtschaftung aussa­gefähig zu sein. Im Vordergrund stehen neben dem Nachweis einer DIN EN ISO 14001-Zertifizierung so genannte „Green Cleaning“-Konzepte, die auf den sparsa­men Einsatz möglichst biologisch abbaubarer Reinigungsmittel,  die Senkung des Energie- und Wasserverbrauchs, intelligente Abfallvermeidungs- bzw. Mülltrennungskonzepte bis hin zu logistischen und arbeitsorganisatorischen Optimierungen setzen.

 

Wie steht es mit der eigenen Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeitsorientierte Dienstleistungen anzubieten und umzusetzen, ­beschreibt aber nur einen Teil der Herausforderungen für die FM-Branche. Denn Nachhaltigkeit verlangt, die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen. Und damit die Frage zu ­beantworten, inwieweit die FM-Dienstleister selbst im eigenen Unternehmen nachhaltige Strukturen und Prozesse verankert haben.

 

Der Nachhaltigkeitsbericht: regelmäßig, standardisiert, kompakt

Als Kommunikationsinstrument hat sich dafür in der Wirtschaft der Nachhaltigkeitsbericht oder Corporate Social Responsibility Report etabliert. Hier ­informieren die Unternehmen ihre Zielgruppen beispielsweise regelmäßig darüber, welchen Werte und Visionen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu Grunde liegen, wie hoch das gesellschaftliche Engagement ist, wie umweltfreundlich und energieeffizient Verfahren und Produkte sind, welche Beachtung Mitarbeiterinteressen etwa auf den Gebieten Arbeitszeit, Aus- und Weiterbildung, Entlohnung oder Chancengleichheit geschenkt wird und welche Nachhaltigkeitsziele in der Zukunft erreicht werden sollen.

Erst die Berichterstattung schafft die Möglichkeit eines Feedback und intensiviert damit den Dialog mit den wichtigsten Stakeholdern eines Unternehmens. Dies sind im Wesentlichen Kunden, Mitarbeiter, Zulieferer, Investoren, Po­litik, Verbände und Medien. Unternehmen lernen so die Erwartungen ihrer Zielgruppen noch besser kennen und können ihr Handeln danach ausrichten. Die Unternehmen erschließen Verbesserungspotentiale, die ihnen sonst verborgen bleiben und erhöhen damit  ihre Lern­fähigkeit und Innovationsbereitschaft.

Die Mehrzahl der Unternehmen mit Nachhaltigkeitsberichten weltweit und in Deutschland orientiert sich am Leitfaden der „Global Reporting Initiative“ (GRI), einer UN-nahen Non-Profit-
Organisation. Sie hat einen Katalog von Kennzahlen und Indikatoren der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen
erarbeitet, um eine Standardisierung und Vergleichbarkeit in der Berichterstattung zu erreichen. Maßgeblich ist
dabei sowohl die Beachtung der ökonomischen, der ökologischen als auch der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit.

 

FM-Unternehmen vor dem Aufbruch

Aufschlussreich ist eine Analyse der Nachhaltigkeitskommunikation der ­Unternehmen, welche „Die Möglichmacher“-Kampagne tragen sowie zur TOP 25 der Lünendonk-Liste der führenden FM-Unternehmen angehören. FM-Unternehmen, die in Konzernstrukturen eingebunden sind, wie z.B. HSG Zander, DB Services, Strabag PFS, Hochtief FM oder E.ON FM können auf die zumeist GRI-konforme Nachhaltigkeitsberichterstattung ihrer Muttergesellschaften und die Einbeziehung in das Nachhaltigkeitsmanagement verweisen. Das ist eine pragmatische Herangehensweise, auch wenn sie dabei auf eine eigenständi­ge Profilbildung verzichten. Ausnahme ist CWS-boco, Tochterunternehmen des Haniel-Konzerns, das 2009 seinen ersten Corporate Social Responsibility Report vorgelegt  und damit eigene Akzente ­gesetzt hat.

Alle anderen Unternehmen sind noch nicht den Weg bis hin zu einem kompakten Nachhaltigkeitsbericht gegangen. Wenn es um die Vermittlung eigener Nachhaltigkeitsinitiativen geht,  konzentrieren sie sich auf die etablierten Kommunikationsinstrumente wie ­Geschäftsberichte, Kunden- und Mitarbeitermagazine, Pressemeldungen, Fachartikel sowie den firmeneigene Internet-Auftritt mit Microsites zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen. Erste konkrete Planungen für die baldige Erarbeitung eines Nachhaltigkeitsberichtes gibt es ­jedoch bei der Piepenbrock Dienstleistungsgruppe und bei Hectas. Auch die Wisag hat vor, ihre Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit zu dokumen­tieren.

 

Steigende Anforderungen
auf Kundenseite

Sie reagieren damit auch auf gestiegene Erwartungen der FM-Kunden. Vor allem Großunternehmen mit umfangreichem Immobilienbestand und starker Nachhaltigkeitsorientierung wie Siemens, BMW, die Deutsche Telekom oder Henkel legen bei der Auswahl ihrer Lieferan­ten und Dienstleister immer größeren Wert auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards und eine transparente Dokumentation der Aktivitäten. Sie überarbeiten kontinuierlich ihre Einkaufsbedingungen und Beschaffungsrichtlinien mit dem Ziel, die Nachhaltigkeitsleistung ihrer Geschäftspartner noch genauer  zu messen und gemeinsam ­Optimierungen vorzunehmen.

Neben den gängigen Qualitäts- und
Um­­weltmanagementzertifikaten und der Einhaltung der Gesetze und Vorschrif­ten kann die integrierte Kommunikation unternehmerischen Engagements mit Hilfe eines Nachhaltigkeits- oder CSR-Reports also zu einem wichtigen strategischen Wettbewerbsvorteil führen. Dies gilt sinngemäß auch für den öffentlichen Sektor als Auftraggeber für die FM-Branche. So arbeitet die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an neuen Leitfäden für den Gebäudebetrieb bzw. für nachhaltiges Bauen, die 2011 Gültigkeit erlangen sollen und den Vergabeprozess bei FM-Dienstleistungen deutlich nachhaltigkeitsorientierter werden lassen.

 

ISO 26000 setzt neue Impulse

Alle Player im FM-Markt müssen sich aber darüber hinaus einer weiteren Herausforderung auf diesem Gebiet stellen. Im Herbst 2010 ist mit der ISO 26000 („Guidance on Corporate Responsibility“) erstmals eine umfassende Norm zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen verabschiedet worden.
Sie ist keine technische Norm und auch kein Management-System-Standard, sondern hat empfehlenden Charakter. Ihre Befolgung ist damit zwar freiwillig. Es ist aber nicht schwer zu prognostizieren,  dass allein die Existenz einer solchen Norm eine Eigendynamik auslösen und der Nachhaltigkeitsdebatte einen enor­men Schub verleihen wird.

Unternehmen und Organisationen erhal­ten mit der ISO 26000 zugleich Anreiz und Hilfestellung, Nachhaltigkeitsziele aufzustellen, entsprechende Strukturen zu implementieren und ihre Mitarbeiter für diese Aufgaben zu qualifizieren. ­Unabhängig davon sind schon heute diejenigen Unternehmen im Vorteil, die Nachhaltigkeit nicht als etwas begreifen, dass von „außen“ als Erwartung an sie herangetragen wird, sondern als Voraussetzung für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg. Die Kommunikation der eigenen Leistungsfähigkeit durch einen Nachhaltigkeitsbericht kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

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