Öffentlich-private Partnerschaft – realisierte Nachhaltigkeit mit Potential!

Ist ÖPP per se schon nachhaltig?

Nicht zuletzt durch die Ereignisse in Japan und die damit verbundene Angst um unsere Zukunft rückt zum Einen die Nachhaltigkeit von Gebäuden noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Zum Anderen ist insbesondere für die Immobilienbeschaffung der Öffentlichen Hand die öffentlich-private Partnerschaft ÖPP eine Beschaffungsvariante, in welcher Risiken strukturiert betrachtet, abgewogen und verteilt werden. Kann ÖPP schon deshalb als nachhaltig betrachtet werden?

Werden in ÖPP-Projekten noch weitere Nachhaltigkeitskriterien schon systembedingt eingehalten? Oder sind ÖPP-Projekte doch nicht so nachhaltig wie vielleicht vermutet werden könnte?

Was verstehen wir eigentlich unter dem Begriff Nachhaltigkeit und insbesondere unter Nachhaltigkeit von Immobilien? Nachhaltigkeit wird leider aktuell nahezu inflationär in den verschiedensten Bereichen (ab)genutzt und die eigentliche Bedeutung des Begriffs wird durch die unterschiedlichen Interpretationen immer stärker verwaschen. Es ist allgemein bekannt, dass die Wurzeln der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft liegen. Die Herausforderungen, nicht zuletzt aus den lokalen und globalen Risiken für und durch unsere Gesellschaft, wurden im Bericht des Club of Rome zu den „Grenzen des Wachstums“ bereits 1972 deutlich ausformuliert.

Einige Jahrzehnte später hat der Begriff der Nachhaltigkeit in die Bau- und Immobilienbranche Einzug gehalten und die Eingrenzung auf Energieeffizienz wurde um weitere Faktoren im Bereich der Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft ausgeweitet. Im übertragenen Sinne kann der Begriff der Nachhaltigkeit aus der Definition durch die Brundtland-Kommission von 1983 wie folgt auf Immobilien abgeleitet werden: „Gebäude sind in der Form zu konzipieren, planen, bauen und betreiben, dass sie die Bedürf­nisse der heutigen Nutzer befriedigen, ohne dabei die Chancen künftiger Nutzer und der Umwelt zu gefährden!“

Diese Definition zeigt bereits die Parallelen zur öffentlich-privaten Partnerschaft, in welcher der private Partner die Aufga­be bekommt, Gebäude für die öffentli­che Hand zu planen, finanzieren, bauen und betreiben, also den gesamten Lebenszyklus der Immobilie zu betrachten. ­Lediglich die Konzeption ist noch durch den öffentlichen Auftraggeber in Form einer Bedarfsplanung und der daraus ­resultierenden Leistungsbeschreibung (Outputspezifikation) durchzuführen.

Weiterhin haben die beiden Themen noch die Reduzierung und faire Verteilung von Risiken in unterschiedlicher Ausprägung zur Aufgabe. Dabei gilt es gleichermaßen, die Risiken zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten, fair zu verteilen sowie zu steuern und zu überwachen.

Es sind also sowohl in der Nachhaltigkeits­betrachtung als auch in der öffentlich-pri­­vaten Partnerschaft die zwei wesentli­chen Merkmale Lebenszyklusbetrachtung und Risikomanagement verankert. Dies legt bereits jetzt den Schluss nahe, dass dadurch ÖPP per se schon nachhaltig sein müsste. Aber ist dem tatsächlich so oder trügt der Schein nur? Dies zu beantworten bedarf es einer vertieften Betrachtung der einzelnen Kriterienblöcke der Nachhaltigkeit und ihrer Einhaltung in einer ÖPP.

Beginnen wir in Anlehnung an die ­Bewertungssystematik nach dem Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen DGNB mit der ökologischen Qualität, so erkennen wir sehr schnell, dass in einem ÖPP-Projekt die Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt i.d.R. eher weniger Beachtung finden. Lediglich im Kriterium zu den Risiken für die lokale Umwelt werden auf Grund der lokalen Sichtweise der Auftraggeber einzelne Aspekte, wie die Vermeidung von Halogenen oder organischen Lösungsmitteln definiert.

Ganz anders sieht es im Bereich der Ressourceninanspruchnahme aus. Mit einer gezielten Übertragung des Energieverbrauchsrisikos auf den privaten Partner hat dieser ein erhebliches Interesse, den Energieverbrauch des Gebäudes so gering wie möglich zu halten. Es gilt aber, wie bei allen Risikoverteilungen, den Grundsatz zu beachten, dass jeder nur das Risiko übertragen bekommt, welches er am besten steuern kann. Dies hat zur Folge, dass hier ggf. eine Differenzierung zwischen dem gebäude- und dem nutzungsbezogenen Energie- und Medienverbrauch erforderlich wird.

 

Ökonomie und Soziales

Hinsichtlich der ökonomischen Qualität des Gebäudes ist es, bedingt durch die Kalkulationselemente aus Finanzierung der Investition und Betriebskosten, ÖPP-immanent, dass eine Lebenszykluskostenbetrachtung durchgeführt wird. Wesentliches Wertungskriterium in ÖPP-Projekten sind die Lebenszykluskosten und nicht die Investitionskosten, wodurch sicher gestellt ist, dass das wirtschaftlichste Angebot bezogen auf den Lebenszyklus den Zuschlag erhält.

Hinsichtlich des Werterhalts wird in der Diskussion um ÖPP-Projekte von Gegnern einschränkend immer die Sichtweise des privaten Partners lediglich auf die Vertragslaufzeit und nicht auf den gesamten Lebenszyklus genannt. Hier sind entsprechende Endschaftsregelun­gen und Vorgaben für Umnutzung zu formulieren, um das Kriterium des Werterhalts zu erfüllen.

Im Bereich der soziokulturellen und funktionalen Qualität werden durch die erforderliche Bedarfsplanung des öffentlichen Auftraggebers und der daraus ­resultierenden ergebnis­orientierten Ausschreibung viele Kriterien wie Komfort, Zugänglichkeit und Flächeneffizienz ­detailliert beschrieben. Die Einhaltung der Anforderungen wird bereits in der Angebotswertung geprüft, vertraglich ­fixiert und im Rahmen der Umsetzung und des Betriebs laufend geprüft, so dass die Erfüllung vieler Nachhaltigkeitskriterien dieser Kriteriengruppe durch ÖPP ohne besondere Maßnahmen sicher gestellt ist.

 

Prozessqualitäten

Im Rahmen der Angebotsphase sind durch die Bieter Gebäudeentwürfe unter Berücksichtigung der gestalterischen, aber auch der technischen und betriebli­chen Qualität einzureichen. Somit werden auch die Anforderungen an diese Qualitäten aus dem Zertifizierungssystem der DGNB ohne besondere Regelungen durch ÖPP eingehalten.

Die Übertragung der Verantwortung für die technische Umsetzung auf den priva­ten Partner, verknüpft mit der vertraglichen Festlegung von Qualitäten, führt zwangsläufig dazu, dass der private Partner die definierten Qualitäten sowohl im Bau als auch im Betrieb einhält. Es ist lediglich erforderlich, dass die gewünsch­ten Qualitäten eindeutig beschrieben sind, was ohnehin Bestandteil einer Outputspezifikation ist. Durch eine vertragliche Regelung, gemäß der die Zahlungen an den privaten Partner erst mit erfolgter Abnahme getätigt werden, hat dieser natürlich höchstes wirtschaftliches Interesse, dass die vereinbarten Qualitä­ten geliefert werden. Dies gilt in gleicher Form für die Betriebsleistungen, da durch Malusregelungen im ÖPP-Vertrag entsprechende Reduzierungen der monatlichen Raten entstehen können, was nicht im Interesse des Betreibers ist.

Wesentliche Kriterien der Prozessqua­lität werden mit dem gelebten Lebenszyklusgedanken im ÖPP durch das ­System direkt eingehalten. Der private Partner benötigt für den wirtschaftlichen Erfolg des Projektes eine integrale Planung unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Nur so kann er sicher stellen, dass bereits in der Planung die betrieblichen Aufwendun­gen in einem wirtschaftlich günstigen Rahmen gehalten werden. Desweiteren ist für seinen wirtschaftlichen Erfolg das Einsetzen eines qualitativ hochwertigen Nachunternehmers und somit die Umsetzung einer entsprechende gute und langlebige Bauqualitäten entscheidend.

 

Fazit

Die Betrachtung der Nachhaltigkeitskriteriengruppen zeigt, dass 60 bis 70 % der DGNB-Kriterien in PPP-Projekten automatisch Beachtung finden. Die Qualität der Kriterienerfüllung ist sehr stark ­abhängig von der Bedarfsplanung des öffentlichen Auftraggebers und der ­Festlegung von Qualitäten in der Outputspezifikation. Viele Kriterien werden zum Einen durch die Übertragung von Risiken auf den privaten Partner und zum Anderen durch das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg ohne zusätzliche Festlegungen automatisch gut erfüllt. Somit kann festgestellt werden, dass ÖPP-Projekte per se als nachhaltig zu bewerten sind.

Dies bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass mit der herkömmlichen Beschaffung durch die öffentlichen Auftraggeber keine nachhaltigen Gebäude erstellt werden. Es ist hier erforderlich, dass sich der öffentliche Auftraggeber intensiver selbst mit den Nachhaltigkeitskriterien auseinandersetzen muss als bei Umsetzung in einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Für alle Projektbeteiligten ist es trotzdem sehr hilfreich, wenn entsprechende Kompetenzen in ein ÖPP-Ver­fahren auf Seiten der öffentlichen Hand eingebracht werden, sei es durch eigene Mitarbeiter oder externe Berater. Besteht neben der Umsetzung eines nachhaltigen Gebäudes noch der Wunsch nach einer Zertifizierung desselben, so sind noch zusätzlich die Anforderungen an die ­Dokumentation zu definieren.

Richard Weller, Geschäftsführer makon GmbH & Co. KG Nürnberg

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