Erfolgreiche Methode zum Erzielen messbarer Vergabevorteile

Ergebnisorientierte Ausschreibungen

Noch immer gibt es sowohl auf ausschreibender als auch auf anbietender Seite starke Bedenken und viele Fragen zur ergebnisorientierten Ausschreibung facilitärer Dienstleistungen. Entsprechend zeigen einige Vergabeverfahren der jüngeren Vergangenheit Unzulänglichkeiten bei der Er- und Bearbeitung ergebnisorientierter Ausschreibungen. Die als GEFMA-Richtlinien 560 und 561 bzw. 960 und 961 herausgegebenen Ausschreibungsleitfäden weisen mit der B.I.L.D.-Methode einen Weg, über den bereits etliche Vergabeverfahren mit messbarem Erfolg durchgeführt und abgeschlossen wurden.

B.I.L.D. steht dabei für Betreuen, Inganghalten, Liefern und Dokumentieren. Die Methode ist ein Hilfsmittel um ergebnisorientierte Leistungen, sei es in Eigenerbringung oder in Fremdvergabe, strukturiert nach den namensgebenden Bereichen zu beschreiben. Hier soll auf die Anwendung der Methode bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen eingegangen werden.

 

Struktur der zu erstellenden Ausschreibungsunterlagen

Für eine effiziente Erstellung und eine zweckmäßige Handhabung im Betrieb hat sich bei der Ausschreibung von System-Dienstleistungen folgende Struktur der Unterlagen bewährt:

à Ausschreibungstext, später Vertrag

 Funktionale B.I.L.D.-Leistungs­beschreibung,

 Anhänge zur Leistungsbeschreibung (Kataster, Verzeichnisse, ­Prioritätenpläne, etc.),

 Preisblätter,

 Unternehmens- und standortspezifische Bestimmungen des Auftraggebers,

 Formblätter zur Ausschreibung.

In den Ausschreibungstext finden alle relevanten Vertrags- und Rahmenbedingungen Eingang. Dieser wird später durch den Vertrag ersetzt, während die Anhänge zur Ausschreibung – ggf. nach Überarbeitung in Verhandlung oder einem Feintuning – erhalten bleiben. Diese „juristische“ Unterlagenebene enthält alle wichtigen Informationen zu Leistungsbereichen, Vertragslaufzeit, Vergütung und deren Anpassung, Bonus-/Malusregelungen, Pflichten, Haftungsfragen sowie Vertragsänderungen. Im „Streitfall“ bildet der Vertrag den Parteien und ihren Rechtsbeiständen die Basis für die Untersuchung der Sachlage. Zwingend zu beachten ist, dass der ­Vertrag allen formalen Anforderungen entsprechen muss. So gehört ein Verzeichnis der mitgeltenden Unterlagen (Preisblätter, Leistungsbeschreibungen, Kataster, etc) auf jeden Fall in dieses Dokument. Die Praxis zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist und eigentlich zum Vertrag gehörende Dokumente, wie die Leistungsbeschreibung, im Streitfall von den Instanzen nicht anerkannt werden.

Dagegen interessieren sich die operativ verantwortlichen Mitarbeiter des Kunden und des Dienstleisters in der Regel – und zu Recht – kaum für die meisten im Vertrag niedergelegten Regelungen. Der „klassische“ operativ verantwortliche Mitarbeiter ist außerdem meist auf „sein“ Gewerk bzw. „seinen“ Service fokussiert, genau wie der, die Angebotserstellung unterstützende Fachmann aus den häufig in Sparten gegliederten Dienstleistungsunternehmen. Somit macht es Sinn, diese mit entsprechenden gewerke-/servicespezifischen Unterlagen zu versorgen. Diese bestehen aus funk­tionalen Leistungsbeschreibungen und korrespondierenden Anhängen (Kataster/Verzeichnisse der Maschinen, Anlagen bzw. Flächen, Prioritätenpläne, etc.). Somit kann hier von einer „operativen“ Ebene in der Unterlagenstruktur gesprochen werden.

Trotz dieser Gewerkesicht gibt es übergreifende Regelungen des Auftraggebers bzw. zur Liegenschaft, die die gesamte „Operative“ betreffen. So macht es für die Erstellung und Pflege der Unterlagen Sinn, die Themen, die alle Gewerke gleich betreffen, in einer übergeordneten Leistungsbeschreibung zu sammeln. Dabei kann in der Regel zwischen Regelbetrieb, Abrufleistungen und Projekten unterschieden werden (siehe Grafik 1).

Dem Regelbetrieb untergeordnet werden die verschiedenen Gewerke mit den entsprechenden Leistungsbeschreibun­gen (B.I.L.D.-Leistungskomponenten) sowie die dazugehörigen Anhänge, wie z.B. Kataster. Die Form erfolgt analog der Beschreibung des Regelbetriebes, es werden jedoch Detaillierungen vor­genommen und Abweichungen vom ­Regelbetrieb aufgeführt.

 

Erstellung der Leistungs­beschreibungen

Mit der B.I.L.D.-Methode werden in Form einer „Checkliste“ – dem B.I.L.D.-Master – alle zu beantwortenden Einzelfragen systematisch zusammengefasst (siehe Grafik 2). Damit wird eine gleichbleibend gute Qualität der Datenaufnahme sichergestellt. Dennoch benötigt man – wie bei jeder Methodik – einige Erfahrung und Übung, um sie sicher zu beherrschen und in der Umsetzung zu verfeinern bis ihre Anwendung zur geübten Praxis wird. Aber selbst dann ist jedes Ausschreibungsvorhaben, auch wenn es aus den gleichen Leistungskomponenten besteht, stets anders.

Bei der Beschreibung der Leistungen sind einige Grundregeln von den Mitgliedern des Vergabeteams zu beachten bzw. zu erlernen, die teilweise ein Umdenken erfordern, da sie mit Gewohnheiten brechen. Dazu gehört, dass Qualitäten nicht mehr aus Sicht des Verrichtenden zu beschreiben sind, sondern als messbare Ergebnisse an der jeweiligen Schnitt-/Übergabe­stelle, inkl. Angaben zu Zeiten unterschiedlicher Abnahmen bzw. erforderlichen Verfügbarkeiten. Dies kann z. B. für den Abnehmer Rechenzentrum bedeuten, dass festgelegte Temperaturen und Luftfeuchten mit sehr geringen Toleranzen in 24 Stunden an 365 Tagen zu gewährleisten sind, für Büroabnehmer jedoch größere Abweichungen auch während der Nutzungszeiten zulässig sind.

Der B.I.L.D.-Master hilft der ausschreibenden Stelle dabei, alle relevanten Fragen zu beantworten. Dabei listet seine Gliederung die Themen in einer für den Leser geeigneten Struktur. Für die Erstellung der Leistungsbeschreibungen bedeutet diese Struktur, eine Neuordnung von Themen. Dabei beginnt man ausgehend von der an einen Abnehmer zu liefernden Aufgabe/Leistung mit dem zu erreichenden, messbaren Ziel (s. Grafik 3).

Wie der Dienstleister bei entsprechendem Input, unter gegebenen Randbedingun­gen und mit (gewollten) Nebenwirkungen zum vereinbarten Ergebnis kommt, bleibt ihm überlassen. Das bedeutet, dass i. d. R. keine Arbeitsverfahren und Zyklen (gemäß VDMA o. ä.) vorgegeben werden. Dies ist bei der Leistungsbeschreibung zwingend zu beachten, da man dadurch dem Dienstleister die Möglichkeit nimmt, seine Fachkompetenz anzuwenden und ein attraktives Angebot zu unterbreiten.

Als Reihenfolge, in der die Fragen aus der Checkliste zu beantworten sind, hat sich die in Tabelle 1 gezeigte bewährt. Insbesondere sind die Prozesse hinsichtlich der Schnittstellen zwischen Auftraggeber und Dienstleister (Leistungsnachweise, Abrechnung, etc.) klar zu regeln und zu beschreiben.

Auch ergebnisorientierte Vergaben benötigen Mengen

Auch wenn bei einer funktionalen Ausschreibung keine Erstellung, Pflege und Handhabung von Leistungsverzeichnissen mit Hunderten von Positionen erforderlich sind, so benötigen diese dennoch Angaben zu Mengen/Massen. Dies ist erforderlich, um den Anbietern eindeutige Grundlagen für eine Kalkulation aller Aufwendungen zum Erreichen der Ergebnisse an die Hand zu geben. Die derartigen, notwendigen Informationen erhalten die Anbieter z. B. über

 Kataster/Verzeichnisse aller relevanten zu betreuenden Maschinen, Anlagen und Betriebsmittel bzw. Flächen in Tabellenform, je Position zumindest mit    

 – Zuordnung zu Service Levels (Verfügbarkeitsstufen, Reinigungsgruppen u. ä.) und

– Angaben zu Massen (Anzahl, Flächen, etc.),

 typische Mengen, die Pauscha­lierun­gen ermöglichen(z. B. 3-Jahresdurchschnittswerte für Verbrauchsmateria­lien, Instandsetzungsaufwendungen, Störungs-/Meldeaufkommen etc.),

 typische Mengen, die Aufwandsabschätzungen ermöglichen (z. B. Verbrauche an Energien und Medien, Anzahl Besucher, Anzahl von Essen, Nutzungsfrequenz von Besprechungsräumen),

 für die Abschätzung von Abrufen zur Anpassung einer dafür benötigten Organisation die typische Anzahl dieser Abrufe (z. B. Umzüge, Umbauten),

 Angaben zur Ausgangssituation (z. B. Zustand von Anlagen und Flächen, vorhandene Redundanzen),

 Klarstellung der in Pauschalvergütungen einzukalkulierenden Aufwendungen,

 Angabe relevanter Wertgrenzen (z. B. für zu inkludierende Kleinstreparaturen und Mängelbeseitigungen) sowie

 Informationen zu unentgeltlichen und/oder kostenpflichtigen Beistellungen des Auftraggebers.

 

Wo derartige Angaben nicht möglich sind, helfen auch Informationen, wie z. B.

 Angaben von Richtzyklen und Antrittszeiten, mit denen die bisherigen Ergebnisse erreicht wurden (soweit diese sich nicht aus gesetzlichen Vorgaben o. ä. ergeben; dafür sollte der künftige Dienstleister die Fach-Kompetenz mitbringen) oder

 voraussichtlich benötigte Mitarbeiterkapazitäten je Qualifikation.

Die zu Grunde gelegten Mengen und die Einheitspreise bzw. die bepreisten Kataster/Verzeichnisse bieten als sogenannte „Quellkalkulation“ eine akzeptierte Grundlage für Mehrungen und Minderungen im Feintuning zum Vertrag bzw. bei Anpassungen der Vergütung gemäß Vertrag.

Erfolgsnachweis

Um die Messbarkeit der Vergabevorteile herzustellen und den Nachweis der Wirtschaftlichkeit einer Fremdvergabe zu erbringen, ist die Ermittlungen einer Kosten-Baseline zwingend erforderlich.

Damit die Baseline mit den Angebotspreisen verglichen werden kann, sind die Ist-Kosten eines Referenzjahres auf die Mengenbasis der Ausschreibung umzurechnen. Die Baseline ergibt sich aus der Summe der Regelleistungen (Kosten gemäß Kataster/Verzeichnisse zum Regelbetrieb) zzgl. der getätigten Abrufe des Referenzjahres bzw. des Durchschnitts aus drei Jahren. Zur Vergleichbarkeit mit den Angeboten ist für die Baseline ein Preisblatt auszufüllen.

Der Wert der getätigten Abrufe ergibt sich aus Einzelrechnungen bzw. der abgerufenen Anzahl Einheiten/Stunden multipliziert mit den internen bzw. externen Einheitspreisen/Stundensätzen. Diese Mengen dienen auch der Plausibilitätsprüfung der angebotenen Einheitspreise.

Wenn durch Ausschreibungen eine Qualitätssteigerung erfolgt (z. B. durch Vereinheitlichung von Standorten) oder Leistungen vergeben werden, die bisher nicht erbracht werden (nicht erfolgte aber notwendige Wartungen), so ist dies entsprechend zu berücksichtigen. Des Weiteren sollten eventuelle Aufwandsreduzierun­gen bzw. für andere Aufgaben freiwerden­de Ressourcen auf Seiten des Auftraggebers in Form von Mitarbeiterkapazitäten multipliziert mit kalkulatorischen Stundensätzen einbezogen werden.

Unter Berücksichtigung zu erwartender Kostensteigerungen und eventueller Einspargarantien der Anbieter sind die jewei­­ligen Kosten über die gesamte Vertragslaufzeit zu addieren und anschließend zu vergleichen. Die Ergebnisse dieses Preisvergleiches begründen die Entscheidung für oder gegen eine Fremdvergabe bzw. einen Anbieter und bewerten den Erfolg des Verfahrens in Euro.

Es empfiehlt sich, eine Entscheidung für die Vergabe von komplexen facilitären Dienstleistungen (auch System-Dienstleistungen genannt) nicht nur über den Preis, sondern auch über eine Bewertung von Konzepten der Anbieter in der entsprechend gewünschten Gewichtung zu treffen. Anforderungen zu gewünschten Aussagen in diesen Konzepten sollten den Anbietern mitgeteilt werden. Dies können z.B. Themen, wie Organisation des Dienstleisters, Start-up, Konzept der Leistungserbringung oder der Qualitätssicherung sein.

 

Fazit

Mit der Wahl der richtigen Methode und der für deren Anwendung benö­tigten Erfahrung ist es – allen Unken­rufen zum Trotz – nicht nur möglich, echte Ergebnisse auszuschreiben, sondern auch noch den Erfolg eines Vergabeverfahrens nachvollziehbar in Euro zu bemessen.

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