Eaton: Erste Fit-For-55 Richtlinien betreffen besonders Gewerbeimmobilien

Das Fit-for-55-Paket der Europäischen Union wurde zwar bereits 2021 vorgestellt, doch in diesem Jahr wird es ernst. Ende 2022 wird die Durchsetzung der verschiedenen Richtlinien und Verordnungen beginnen. Ein Großteil davon wird gewerbliche Immobilien betreffen. Dirk Kaisers, Segment Leader Distributed Energy EMEA bei Eaton, zeigt, wie sich Eigentümer und Betreiber auf die Veränderungen einstellen, die Energiekosten ihrer Gebäude senken und die Überlastung der Netze verringern können.

Der europäische Green Deal verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Klimaneutralität bis 2050 und Fit-for-55 hat zum Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Das ist ein sehr enges und ehrgeiziges Timing – bis 2030 bleiben schließlich nur noch acht Jahre. Auf Gebäudeeigentümer und -betreiber kommen in diesem Zeitraum große Herausforderungen zu, denn auf Gebäude entfallen etwa 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der EU, sodass ein Großteil der im Rahmen von Fit-for-55 geforderten Einsparungen im Gebäudebereich erzielt werden muss.

Für den Immobiliensektor sind die Richtlinien über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), die Energieeffizienzrichtlinie (EED), die Richtlinie über erneuerbare Energien (RED) und die Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) besonders relevant. Einige dieser Richtlinien mögen bekannt sein, weil sie bereits seit längerem existieren, aber sie werden im Rahmen des Fit-for-55-Prozesses überarbeitet oder neu gefasst, sodass es zu grundlegenden Änderungen kommen kann. Die AFIR, die bis vor kurzem unter dem Namen AFID (Alternative Fuels Infrastructure Directive) bekannt war, ist ein gutes Beispiel dafür. Die Änderung des Status von der Richtline (Directive) zur Verordnung (Regulation) bedeutet, dass sie in den Mitgliedstaaten unmittelbar wirksam wird.

Eine Energiewendestrategie entwickeln

Neue Regularien werfen immer auch Fragen auf. Da es sich beim Fit-for-55-Paket um ein ganzes Bündel neuer Richtlinien und Verordnungen handelt, müssen Gebäudebetreiber die Herausforderung strategisch angehen. Dabei geht es um Themen wie den Ausstieg aus konventionellen Heizungssystemen, die Umweltauswirkungen von Klimaanlagen oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

Gleichzeitig werden Energieerzeugung und -speicherung auf lokaler Ebene eine wesentlich größere Rolle spielen. Damit lassen sich teilweise sogar zusätzliche Einnahmen erzielen, beispielsweise wenn Teile von Batteriespeichern den Netzbetreibern als Reserve für die Frequenzregelung zur Verfügung gestellt werden.

Es lohnt auf jeden Fall, sich eingehend mit den neuen Vorgaben zu beschäftigen, bevor diese tatsächlich in Kraft treten. Nur so bleibt ausreichend Zeit, um eine individuelle Strategie zu entwickeln, die die Gegebenheiten vor Ort und spezielle Anforderungen individueller Gebäude berücksichtigt.

Die Vision: Gebäude als Energiezentren

Traditionell sind Gebäude Verbraucher von Energie – sei es in Form von Elektrizität, Öl oder Gas. Um ein Netto-Null-Ziel zu verwirklichen, ist dieses Defizit nicht haltbar. In einem ersten Schritt geht es darum, den Verbrauch so weit wie möglich zu reduzieren und auf die fossilen Energieträger zu verzichten, beispielsweise nach dem Konzept des Passivhauses.

In einem zweiten Schritt sollen Gebäude aber nicht nur möglichst wenig Energie verbrauchen, sondern auch etwas zurückgeben. Das kann auf verschiedene Arten geschehen. Naheliegend ist natürlich Stromerzeugung am Gebäude durch Solarmodule. Darüber hinaus spielen aber auch Speicher eine wichtige Rolle. Einerseits können sie selbsterzeugte Energie speichern, andererseits können sie eine Ausgleichsfunktion für das Netz wahrnehmen. Zuletzt kommt Gebäuden durch die Verkehrswende noch eine weitere Funktion zu: sie müssen nun auch Energie an Fahrzeuge abgeben können. Eine stabile Ladeinfrastruktur wird essenziell für die Verbreitung von Elektroautos sein. Diese Dienstleistung bietet wiederum auch das Potenzial, Einnahmen zu generieren.

Auf Gebäudeeigentümer und Bauträger werden durch die neuen Regularien zusätzliche Kosten zukommen. Doch man sollte diese Investitionen nicht nur als notwendiges Übel zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben sehen, sondern auch als Werterhalt am Gebäude. Energetische Aspekte spielen schon heute eine wichtige Rolle am Immobilienmarkt und dieser Aspekt wird sich in Zukunft noch verstärken.

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