New Work-Konzepte als Herausforderung für die Raumakustik

Moderne Arbeitswelten in Bestandsgebäuden

New Work-Konzepte zielen darauf ab, traditionelle Arbeitsweisen zu überdenken und flexible, innovative Arbeitsumgebungen zu schaffen, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden. Eine wichtige Frage dabei ist, ob Bestandsgebäude, die bereits eine lange Geschichte hinter sich ­haben, diese neuen Arbeitskonzepte integrieren können. Dabei bieten Bestandsgebäude meist ideale Voraussetzungen für die Integration moderner offener Arbeitsplatzkonzepte. Ein oft übersehener, aber entscheidender ­Aspekt dabei ist die Raumakustik. Denn diese spielt eine essenzielle Rolle für das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter.

Büros wandeln sich in immer stärkerem Maße zu Kreativ- und Kommunikationszentralen innerhalb eines Arrangements aus vielen Arbeitsplätzen. Offene Bürolandschaften mit vielfältigen Raumkonzepten, die auf die individuellen Geschäftsprozesse zugeschnitten sind und durch sinnvolle Zonierung sowohl kommunikatives als auch konzentriertes Arbeiten unterstützen, haben hier eindeutig die Nase vorn.

Übergeordnetes Ziel von Bauherren und Betreibern sollte es daher sein, Räume zu schaffen, die die Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördern – natürlich immer unter Einhaltung der geltenden Normen.

 

Herausforderung Raumakustik

Der Raumakustik kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Schließlich sind Lärm und das Fehlen einer ruhigen Umgebung die treibenden Kräfte für negative Arbeitsplatzerfahrungen. Dies kann dazu führen, dass sich die Räumlichkeiten nicht zur Nutzung als Büroraum eignen. Bestandsgebäude bieten oft große Raumvolumina, die sich optimal für die Integration tätigkeitsbezogener Arbeitsplatzkonzepte eignen, gleichzeitig aber auch eine Herausforderung für die Raumakustik darstellen.

Über die Einbindung von höchstabsorbierenden Akustikdecken in das bestehende Konzept eines Gebäudes, können auch Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden. Unterkonstruktionen können in Bestandsgebäuden in vielen Fällen bestehen bleiben. Bei Bedarf können die bestehenden Deckenplatten durch neue effizientere Akustikdecken ersetzt werden. Die Akustik sollte sich nicht dem ästhetischen Erlebnis des Gebäudes unterordnen. Dabei kann das Akustikkonzept den Raum und das architektonische Konzept unterstützen, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

 

Normen und Richtlinien

Neben der DIN 18041 „Hörsamkeit in Räumen“ und der Richtlinie VDI 2569 „Schallschutz und akustische Gestaltung in Büros“ macht auch die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.7 „Lärm“ klare Zielvorgaben. Die Technische Regel vom März 2021 ist für Arbeitgeber bindend, stellt jedoch viele Bauherren und Planer noch immer vor große Herausforderungen. Technisch herausfordernd sind vor allem die tieferen Frequenzbereiche der Sprache, um die Anforderungen effizient und optisch ansprechend lösen zu können. Im Kontext offene Arbeitsplatzkonzepte regeln Normen nicht jedes Szenario, es gibt keine akustische Schablone.

Seit 2021 gibt es dafür als Planungshilfe die internationale Norm ISO 22955, die erstmals eine klare Koordinierung zwischen raumakustischen Anforderungen und verschiedenen Nutzungsprofilen von offenen Büroflächen beinhaltet. Während der konzentrierten Arbeitsphase reagieren Menschen sensibel auf akustische Einflüsse, während sie diese in der kollaborativen Phase ausblenden. Wird derselbe Raum für beide Aktivitäten genutzt, stehen sich kollektives und konzentriertes Arbeiten gegenüber. Daher ist das Konzept der Wahlmöglichkeit durch den Multispace-Typ ideal. Dies wird unter anderem durch den Leesman-Index bestätigt, der weltweit größten und umfassendsten Umfrage zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz.

Die Auswirkungen einer dauerhaft hohen Lärmbelastung sind demnach eklatant: Sie reichen auf individueller Ebene von Stress und Schlaflosigkeit bis hin zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen und führen auf organisatorischer Ebene zu Produktivitätsverlusten, erhöhter Fehleranfälligkeit und höheren Krankenständen. Gerade in Großraumbüros ist es daher elementar, die Kommunikationszonen akustisch wirksam von den Konzentrationszonen abzugrenzen.

Ganzheitliche Raumplanung

Deshalb lohnt es sich zusätzlich, ganzheitliche Ansätze in die Raumplanung einzubeziehen. Der Akustik-Anbieter Ecophon hat hier beispielsweise das „Activity Based Acoustic Design“entwickelt. Basierend auf den Parametern „Aktivität“, „Mensch“ und „Raum“ zielt die Methode darauf ab, unterschiedliche Bürobereiche so anzuordnen und zu gestalten, dass sie die täglichen Arbeitsprozesse bestmöglich unterstützen. Mit Activity Based Acoustic Design werden Büroräume entsprechend den kommunikativen und konzentrativen Tätigkeiten, den örtlichen Gegebenheiten und den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter optimal strukturiert und aufgeteilt.

Die Entwicklungen im Bereich der Raumakustik bieten neue Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Arbeitsumgebung. Von intelligenten akustischen Lösungen, die parame­trisches Design beinhalten, bis hin zu Virtual-Reality-Demonstrationen, die es Endnutzern ermöglichen, die Auswirkungen akustischer und visueller Veränderungen im Voraus zu erleben, gibt es eine Vielzahl innovativer Ansätze.

 

Fazit

Insgesamt ist die Raumakustik im Büro ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Durch die Berücksichtigung normativer Standards und die Umsetzung innovativer Lösungen können Unternehmen eine angenehme Arbeitsumgebung schaffen, die die Produktivität der Mitarbeiter steigert.

Akustiklösungen im Büro sorgen für „Wohlfühl-Atmosphäre“. Sie überzeugen als Designelement und unterstützen die Umsetzung zeitgemäßer Raumgestaltung. Akustik und Design gehen eine wirkungsvolle Symbiose ein.

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