Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche: Dienstleister und Kunden sind gleichermaßen gefordert

Wisag Nachhaltigkeitsradar 2012

Dem Ruf nach einer höheren Nachhaltigkeitskompetenz muss ein ­intensiverer Austausch zwischen Kunden und Dienstleistern voraus­gehen. So die Schlussfolgerungen aus der ersten Auswertung der ­aktuellen Marktstudie der Wisag Facility Service Holding zum Thema Nachhal­tigkeit in der Immobilienwirtschaft. Die ersten Ergebnisse der Befragungsrunde 2012 stellte das Unternehmen auf der Expo Real in München vor.

Wie schon in der Studie aus dem zurückliegenden Jahr richtete sich das aktuelle Nachhaltigkeitsradar an Experten, die nach ihrer Einschätzung zur Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft sowie ihrer Motivation, Nachhaltigkeit im Facility Management zu intensivieren, gefragt wurden. Der Schwerpunkt der diesjährigen Befragung lag auf der Betrachtung der Kosten sowie der Identifizierung von Barrieren, die die Umsetzung nachhaltiger FM-Dienstleistungen erschweren. Auf einer Skala von 1 (ja) bis 6 (weiß nicht) konnten die Befragten zu unterschiedlichen Aspekten von Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche Stellung nehmen.

Der Markt steckt noch immer in den Kinderschuhen

Die Vorzüge nachhaltig bewirtschafteter Immobilien durch einen verbesserten Cashflow (Wert: 1,76) oder die aussichtsreicheren Vermarktungschancen (Wert: 1,77) nimmt der Markt gerne an. Die Befragten sehen ebenfalls bessere Marktchancen für die Anbieter nachhaltiger FM-Dienstleistungen (Wert: 2,06). Doch zeigt die Bewertung im Bereich „ja, aber“, dass sich der Markt noch immer in einer frühen Entwicklungsphase befindet.

Der Kostendruck verschärft sich

Investitionen in nachhaltigen Gebäudebetrieb müssen sich schnell rechnen. Während 2011 der Wert hier noch bei 3,02 lag, steigt er 2012 signifikant auf 2,0 an. Demnach messen die Befragten kurzen Amortisationszyklen mittlerweile eine noch größere Bedeutung zu. Zudem werden in konventionellen Immobilien nachhaltige Dienstleistungen nur dann nachgefragt, wenn sie zu ­Kostensenkungen im Betrieb führen (Wert: 2,47). Hier zeigt sich nach Ansicht von Ralf Hempel, Geschäftsführer der ­Wisag Facility ­Service Holding, ­gerade in Bezug auf konventionelle ­Bestandsimmobilien ein Dilemma: „Zwar können wir als Dienstleister auch bei Bestandsimmo­bilien für mehr Nachhaltigkeit sorgen, doch ohne grundlegende Investitionsbereitschaft seitens der Eigentümer werden wir den Immobilienbestand nicht ökologisch machen.“

Herausforderndes Umfeld durch unter­schiedliche Interessen und Erwartungen

Die Nachhaltigkeit in der Immobilienbewirtschaftung ist schwierig umzusetzen, weil Asset- und Property-Manager, Nutzer und FM-Dienstleister unterschiedliche Interessen vertreten. Sehr deutlich fällt daher die Bewertung der unterschiedlichen Interessenlagen verschiedener Stakeholder als möglicher Störfaktor aus (Wert: 2,18). Auch die unklaren Vertragsregelungen machen nach Ansicht der Befragten mehr Nachhaltigkeit im Immobiliensektor schwierig (Wert: 2,39). Es ist zu befürch­ten, dass das Optimierungspotential der FM-Dienstleister zwischen die oftmals gegensätzlichen Interessen der Stakeholder einer Immobilie gerät und durch unzureichende Abstimmungs- und Kommunikationsprozesse ungenutzt bleibt.

Auf der einen Seite halten die Befragten das Angebotsspektrum an FM-Dienstleistungen für durchaus ausreichend (Wert: 2,70 von „eher ja“ zu „teils, teils“ tendierend). Andererseits wünschen sich die Teilnehmer mehr Impulse für nachhaltige Lösungsvorschläge (Wert: 2,54) und eine deutlich ­bessere Nachhaltigkeitskompetenz seitens der FM-Dienstleister (Wert: 2,57). Dabei sehen die Immobilienverantwortlichen durchaus, dass der künftige Betrieb bei der Planung zu wenig berücksichtigt wird (Wert: 2,67).

Intensiverer Austausch vonnöten

Ralf Hempel sieht in den teils ambivalenten Ergebnissen seine Erfahrungen aus dem operativen Geschäft bestätigt: „Die Kunden stellen sehr hohe Erwartungen an uns als Dienstleister – ­jedoch oftmals ohne diese zu präzisieren.“ Die Lösung sieht er in einem intensiveren fachlichen ­Dialog und ­einer besseren Abstimmung zwischen den Beteiligten sowie einer stärkeren Einbindung der FM-Dienstleister in ­Investitionsplanungen und Immobilienstrategien. „Dann wird es uns besser als bisher möglich sein, bedarfsgerechte Lösungen anzubieten und unser Portfolio auszubauen.“ Dass dies ein Erfolg versprechender Weg ist, zeigt beispielsweise der intensive Austausch, den die Wisag Facility Service 2011 mit ihren Kunden zum Thema Energieoptimierung angestoßen hat: bis dato analysierten die Energieexperten rund 75 Objekte und identifizierten ­dabei ein Einsparpotential von jährlich ­ca. 5400 t CO2. Etwa 430.000 Bäume ­müssten gepflanzt werden, um die ­gleiche Menge CO2 zu binden.

Mehr Teilnehmer

Angespornt durch die Erkenntnisse der Vorjahresstudie hat die Wisag in ihrem Nachhaltigkeitsradar 2012 die wesentlichen Fragen zur Motivation, zu den Barrieren und fördernden ­Elementen sowie zu der Wahrnehmung von Nachhaltigkeit im Immobilienbereich vertieft. Mit weiteren Fragen beispielsweise zu relevanten Handlungsfeldern für FM-Dienstleistungen stellt diese Studie eine wichtige Weiterentwicklung dar. Die ­Ergebnisse basieren auf einer Onlinebefragung, die sich an mehr als 1380 Führungskräfte und ­Experten aus der Immobilienbranche gerichtet hatte. An der Befragung nahmen 212 Experten teil. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 16 %. Verglichen mit der Beteiligung im letzten Jahr mit 1200 Adressaten bei ­einer Rücklaufquote von 15 %, konnten für die Studie 2012 mehr Interessierte für eine Teilnahme gewonnen werden. Die Teilnehmergruppe setzt sich aus Vorständen, Geschäftsführern, Abteilungsleitern und Angehöriger sonstiger Funktionsbereiche aus kleinen und ­mittleren Unternehmen sowie Unternehmen mit mehr als 20.000 Beschäftigten zusammen. ­Alle Bereiche der Immobilienbranche wie Planer, Inves­toren, Nutzer und FM-Dienstleister ­waren vertreten.

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