Warum die vertragsrechtliche Übertragung der Betreiberpflichten nur die „halbe Miete“ ist

Wahrnehmung der Betreiberverantwortung durch Delegation

Die Betreiberverantwortung ist Ausdruck der Verantwortlichkeit des Betreibers für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Betreiberpflichten. Diese können so delegiert werden, dass die Betreiberverantwortung zumindest in Teilen auf den Delegationsempfänger übergeht, sich also der Delegierende im Fall eines Schadenseintritts exkulpieren kann.

An die wirksame Delegation sind strenge Voraussetzungen geknüpft, anderenfalls die Betreiberverantwortung beim Delegierenden verbleibt. Dies gilt nicht nur bei einer Delegation an Dritte, sondern auch bei der internen Delegation im eigenen Unternehmen. Vor diesem Hintergrund ist die Delegation – auch vertragsrechtlich – systematisch zu organisieren und zu überwachen.

Derjenige, der einen Gefahrenbereich eröffnet, hat speziellen Pflichten, den sog. Betreiberpflichten zu genügen. Da Eigentum verpflichtet, ist jeder Grundstücks- und Gebäudeeigentümer automatisch Träger der Betreiberverantwortung für sein Grundstück bzw. Gebäude. Eine Übertragung der Betreiberpflichten auf Dritte, insbesondere auch auf Facility Manager ist vertraglich möglich. Der Facility Manager seinerseits kann die ihm übertragenen Betreiberpflichten an Dritte, z.B. externe Dienstleister übertragen. In diesem Fall ist der Facility Manager nicht nur Delegationsempfänger, sondern auch Delegierender. Die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Betreiberpflichten dient nicht nur dem Schutz der Unversehrtheit der Beschäftigten und Dritter, sondern auch dem Schutz sonstiger Rechte und der Umwelt.

Zahlreiche Regelungen

Es gibt zahlreiche gesetzliche Regelungen,die ein positives Tun normieren oder Gebots- oder Verbotsnormen darstellen. So finden sich z. B. im ArbSchG Betreiberpflichten gegenüber den eigenen Beschäftigten oder im BImSchG solche gegenüber der Umwelt. Inhalt und Umfang der jeweiligen Betreiberpflicht wird nach dem Inhalt der jeweiligen Norm bestimmt. Konkretisierungen in weiterführenden Gesetzen, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften sind der Regelfall. Oftmals beschränkt sich der Gesetzgeber aber auch auf allgemeine Forderungen wie z. B. die Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Ein solcher gesetzlicher Ermessensspielraum ist vom Betreiber auszufüllen. Dieser Ermessensspielraum wird von der Rechtsprechung unter dem Begriff der „Verkehrssicherungspflichten“ im Rahmen der Haftungsnorm des § 823 Abs. 1 BGB überprüft. Sie basieren auf der gesetzgeberischen Wertung, dass zwar jeder für sein Handeln verantwortlich ist, aber denjenigen eine besondere (Betreiber-) Verantwortung trifft, der eine Gefahrenlage für Dritte schafft oder in seinem Verantwortungsbereich entstehen lässt. Er hat deshalb die allgemeine Rechtspflicht, alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um Dritte, die in erlaubter Weise den Gefahren ausgesetzt werden, vor einer Schädigung zu bewahren. Haftungsbegründend ist in diesem Sinne eine Gefahrenlage, wenn sich vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtgüter Dritter verletzt werden können. Strengere Sicherheitsmaßstäbe sind z. B. bei Kindern anzulegen. Auf dieser Grund­lage hat die Rechtsprechung Fallgruppen entwickelt und eine unübersehbare Anzahl von Einzelfällen entschieden. Gerade im FM gibt es ­typische Verkehrssicherungspflichten, deren Inhalt und Umfang der Facility Manager im Einzelfall zu konkretisieren und auszugestalten und deren ordnungsgemäße Wahrnehmung zu überwachen hat:

Frist­gerechte Durchführung der ge­­setzlich vorgeschriebenen Prüfungen (z. B. im Brand- und Schallschutz)

Prüfun­gen sind insbesondere vor Inbetriebnahme und nach wesentlichen ­Änderungen, soweit z. B. der Bestandsschutz entfällt, durchzuführen. Daneben sind wiederkehrende Prüfungen regelmäßig durchzuführen. Hierzu sollte ein EDV-gestützter, detaillierter und immer aktueller Terminplan für die anstehenden Prüfun­gen geführt und die Prüfungen jeweils mit ausreichendem ­zeitlichen Vorlauf terminiert werden.

Instandhaltung

Der Betreiber ist verpflichtet, sein Objekt in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und die nach den Umständen erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Eine erhöhte Gefahrneigung bei der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen ergibt sich insbesondere aus einer mangelhaften organisatorischen oder technischen Vorbereitung, aus deaktivierten/überbrückten Sicherheitsvorrichtungen, aufgrund laufender Maschinen, wegen mangelhafter/fehlender Arbeitsanweisungen oder ­wegen Arbeitens unter Zeitdruck. Sowohl bei der Durchführung der Arbeiten durch eigenes Personal als auch hinsichtlich Drittunternehmen sollte der Betreiber und der von ihm beauftragte Facility Manager daher auf eine straffe Organisation, klare Anweisungen und ausreichende zeitliche Vorgaben achten und deren Einhaltung konkret und regelmäßig überprüfen.

Verkehrssicherung

Gegenstand der Verkehrssicherung sind z. B. die Wege-, Baustellen- und Absturzsicherung und der Winterdienst. Erhöhte Gefährdungslagen sind regelmäßig nach besonderen Ereignissen wie z. B. Stürmen, Wintereinbruch, etc. zu prüfen.

Dokumentation

Schließlich ist auch für eine ordnungsgemäße Dokumentation nicht zuletzt im Hinblick auf die eigene Exkulpation zu sorgen. In Unterweisungsdokumenten ist festzuhalten, wie Tätigkeiten auszuführen sind oder in bestimmten Situationen zu handeln ist. In Nachweisdokumenten ist festzuhalten, dass Verpflichtungen erfüllt wurden. Der Betreiber ist dafür verantwortlich, dass die Unterweisungsdokumente vorhanden, vollständig und aktuell sind sowie am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Daneben ist er für die Erhaltung dieses Zustandes und darüber hinaus dafür verantwortlich, dass die Nachweisdokumente erstellt und ordnungsgemäß aufbewahrt werden. Die zeitnahe und umfassende Dokumentation aller Tätigkeiten dient nicht nur der Vermeidung der Haftung durch die Mög­lichkeit, den Nachweis zu erbringen, dass notwendige Aufgaben erfüllt und Überwachungen vorgenommen wurden, sondern bei entsprechender Auswertung auch dazu, Schwachstellen der Verwaltung oder des Objekts zu offenbaren, bevor größere Schäden sichtbar werden bzw. eintreten. Die Wahrnehmung dieser Pflichten wird typischerweise auf den Facility Manager delegiert, wobei eine restlose Befreiung des Delegierenden von jeglicher Verantwortung ausscheidet. Allerdings bietet eine wirksame Delegation die Möglichkeit der eigenen Exkulpation im Falle eines Schadenseintritts. Allerdings setzt eine wirksame Delegation fünf zwingendzu beachtende Voraussetzungen voraus:

- Klare Definition und Abgrenzung des Inhalts und Umfangs der übertragenen Pflichten (durch Anweisung oder Vertrag) und deren Dokumentation

- Sorgfältige Auswahl des Delegationsempfängers und deren Dokumentation

- Ausstattung des Delegationsempfängers mit allen erforderlichen Mitteln und Kompetenzen

- An-/Ein- und Unterweisung des Delegationsempfängers einschließlich Dokumentation

- Laufende Überwachung des Delegationsempfängers

Trotz Delegation verbleibt die Aufsichtspflicht zwingend beim Delegierenden. Selbst wenn der Delegationsempfänger eine eigene Aufsicht gewährleistet, hat der Delegierende für eine ordnungsgemäße Oberaufsicht zu sorgen.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Betreiberpflichten vertraglich übertragen werden können. Diese Übertragung kann im Schadensfall zu einer Exkulpation führen. Dies setzt allerdings zwingend voraus, dass die Voraussetzungen einer wirksamen Delegation eingehalten und dokumentiert werden. Werden die Voraussetzungen einer wirksamen Delegation nicht geschaffen und ständig überwacht, führt dies dazu, dass die Delegation der Pflichtenübertragung mit der Folge unwirksam ist, dass die Betreiberverantwortung beim Delegierenden verbleibt und er für etwaige Pflichtverletzungen haftet. Konkreter Vorwurf ist dann die mangelhafte Organisation seiner Betreiberverantwortung im Sinne eines Organisationsverschuldens.

Daher ist nicht nur Augenmerk auf eine vertragsrechtlich lückenlose Übertragung der Betreiberpflichten zu legen. Vielmehr hat der Betreiber zusammen mit dem Facility Manager Managementsysteme zu installieren, die gewährleisten, dass der Betreiberverantwortung stets genügt wird und somit die Exkulpation im Schadensfall gelingt. Zur Installation eines erfolgreichen Managementsystems ist die rechtliche Erfassung aller denkbaren Rechtspflichten und darauf aufbauend die Installierung eines Pflichtenmanagements erforderlich.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2010 Garant für Rechtssicherheit im Immobilienmanagement

Wahrnehmung der Betreiberverantwortung

In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen des Gesetzgebers an die sorgfältige Wahrnehmung von Verantwortung durch Unternehmen und die darin handelnden Personen sukzessive verschärft. Die...

mehr
Ausgabe 06/2014 Tipps zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Betreiberverantwortung

Prüfpflicht nach § 15 BetrSichV

In Bereichen, in denen bedeutende Sachwerte oder gar Leib und Leben von Menschen gefährdet sind, stellt die einschlägige Rechtsprechung hohe Anforderungen an die ordnungsgemäße Wahrnehmung der...

mehr
Ausgabe 06/2013 Die Pflichten des Facility Managers mit Blick auf Information, Berichtswesen und Dokumentation

Tue Gutes und schreibe darüber!

Indes ist der Facility Manager gut beraten, sich von einem solchen Ansatz zu lösen. Das Informations- und Daten­management gehört zu seinen zentralen, maßgebenden Aufgaben. Es erschöpft sich...

mehr
Ausgabe 05/2014 Bausteine in einem Managementsystem zur Rechtssicherheit!

Regelwerksverfolgung und Pflichtenübertragung (Teil 1)

Diese Richtlinien werden vielfach beachtet. Zusätzlich werden Fachtagungen besucht, Regelwerke und/oder entsprechende Informationssysteme angeschafft, bei Ausschreibungen Dienstleister sorgfältig...

mehr
Ausgabe 06/2014 Schritte bei der Durchführung

Regelwerksverfolgung und Pflichtenübertragung (Teil 2)

Sorgfältige Selektion geeigneter Führungskräfte, Mitarbeiter und Dienstleister Auf der Hand liegt, dass für zu besetzende Stellen unter diesen Gesichtspunkten Führungskräfte und Mitarbeiter...

mehr