So entwickeln Sie nachhaltige Facility Services!

Marktpotential Green Building Services

Die Mehrheit der Nachfrager von Dienstleistungen für Green Buildings hält laut einer Roland Berger Studie das von FM-Dienstleistern (FM-DL) vorgehaltene Angebot für nicht ausreichend. Eine Synthese aus nach­haltigen Facility Services, Beratung und Implementierung ist gefragt [1]. Auch stehen integrierte Facility Services im Focus der Unternehmen.
FM-DL benötigen eine Integration des ökologischen Trends in ihr Dienstleistungsangebot sowie eine Anpassung der eingesetzten Methoden,
Verfahren und der verwendeten Verbrauchsmittel. Der vorliegende Beitrag beschreibt eine mögliche Vorgehensweise für FM-DL zur Analyse
des eigenen Servicespektrums.

Um nachhaltige Aspekte verstärkt in den Innovations- und Produktentwicklungsprozess der FM-DL zu integrieren ist es hilfreich, die eigenen Services mit Blick auf die drei Innovationstypen: Produkt- und Prozessinnovationen, Dienstleistungs- und Systeminnovatio­nen sowie Institutionelle Innovationen zu betrachten [2] (siehe Grafik 1).

Produkt- und Prozessinnovationen haben die Aufgabe, Produkte und produktionsbezogene Prozesse zu verbessern, ohne das Muster der Bedürfnisbefrie­digung der Auftraggeberseite an sich zu hinterfragen und die Verhaltensebene zu verändern[2]. Im Bedarfsfeld Reinigung zählen zum Beispiel ökologische Reinigungsmittel und ergonomische Reinigungstechnik, im Bedarfsfeld Waren- und Logistikdienste das 3-Liter- oder das Elektroauto zu diesem Innovationstyp. Ziel des FM-DL sollte es sein, möglichste viele nachhaltige Produkte von Herstellern und Lieferanten zu nutzen.

Dienstleistungs- und Systeminnovationen zielen auf neue Muster der Befriedigung der Kundenbedürfnisse ab. Gemeinsam mit dem Nachfrager solcher Dienstleistungen werden alternative Lösungen der Bedürfnisbefriedigung über Dienstleistungsansätze gesucht, die beiden Parteien Nutzen stiften. Nicht der Verkauf von Produkten, sondern die ­Bereitstellung von Lösungen sowie das Erzielen eines gewünschten Ergebnisses stehen im Vordergrund [3]. Typische ­Beispiele sind das von ISS angebotene Green Cleaning Konzept und das zur Verfügung stellen von unterstützender CAFM-Software für das Technische ­Gebäudemanagement.

Institutionelle Innovationen zielen auf die Verhaltens- und Bewusstseinsebene und schaffen die geeigneten rechtlichen, po­litischen und institutionellen Rahmen- und Anreizbedingungen für einen ge­sellschaft­lichen und kulturellen Paradigmenwechsel. Der Strategiebezug ist die Gesellschaft und ihre verschiedenen Gruppierungen. Institutionelle ­Innovationen versuchen somit auch wirtschaftliche Alternativ- und Gegenmodelle zu entwickeln, die über kurzfristige Gewinnmaximierung hinausgehen und auf nachhaltige Konsum- und Lebensformen abzielen [4]. Das Green Building Programm der Europäischen Kommis­sion, wie auch die EnEV, als Teil des deutschen Baurechts, gehören zu ­diesem ­Inno­vationstyp.

 

Impulsgeber DGNB-Themenfelder und DIN 32736

FM-DL können Green Building Services erschließen, indem Sie ihr Servicespektrum hinsichtlich der positiven Wirkungen auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie und Soziales) für Immobilien analysieren. Eine optimale Analysebasis bietet die DGNB Bewertungsmatrix [5]. In ihr werden die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit erfasst und um die immobilienrelevanten Themenfelder technische Qualität, Prozessqualität und Standortqualität ergänzt. Es bietet sich an fünf der sechs Themenfelder des DGNB Öko-Labels, mit ihren 51 Einzelkriterien zur Diversifikation des Angebotes der Facility Services anhand der DIN 32736 (Gebäudemanagement) zu analysieren. Der DGNB Kriterienkatalog und die DIN 32736 dienen dabei als Werkzeug den Rahmen für die Innovationstypen abzustecken zur Identifikation von ­Facility Services mit nachhaltigem ­Entwicklungspotential.

Anhand der Zielformulierung jedes Einzelkriteriums der DGNB und der nach DIN 32736 erbrachten Serviceleistungen sowie der von der Nachfrageseite formu­lierten Wünsche lassen sich Entwicklungspotentiale für Green Bulding Services identifizieren. Die Erkenntnisse werden in einer Bewertungsmatrix zusammenfassend dargestellt und dienen als Vorlage zur Überarbeitung des ­eigenen Servicespektrums. Nach der Analyse können Modifikationen beziehungsweise neue Facility Services entsprechend ihrer Umsetzungsfähigkeit bewertet und in den weiteren Produktentwicklungsprozess überführt bzw. in die Angebotskonzepte der FM-DL eingearbeitet werden. Dabei sind die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Dimensionen beziehungsweise Themenfeldern in ihrer Tragweite abzuwägen.

Der Umfang der zu erreichenden Nachhaltigkeitsperformance während der Nutzungsphase hängt ganz wesentlich ab, von der vom Auftraggeber angestreb­ten Klasse des DGNB Öko-Labels (Gold, Silber, Bronze). Es definiert mit dem gewünschten Nutzungskonzept den ökologischen Anspruch des Auftraggebers und gibt dem FM-DL die zu erreichende Ziellinie vor.

In Grafik 2 werden die DGNB Kriterien den Dienstleistungen nach DIN 32736 gegenübergestellt. Die erarbeiteten Entwicklungspotentiale für FM-DL werden detailliert in der Matrix aufgezeigt und am Ende der Spalten aufsummiert.
Die Potentiale werden klassifiziert und bewertet in: großes Potential (grün, 3 Punkte), mittleres Potential (gelb, 2 Punkte) sowie geringes Potential (grau, 1 Punkt). Die aufsummierte Punkteanzahl zeigt die Höhe des Potentials für die Dienstleistungen nach DIN 32736 an. Eine Erweiterung der DIN 32736 um wei­tere Facility Services ist leicht um­setzbar.

 

Impulsgeber Life-Cycle-Engineering

Den nachhaltigsten Einfluss erzielt der FM-DL, wenn er von Anfang an via Life-Cycle-Engineering in den Konzeptions- sowie Planungsprozess eingebunden ist und den Erstellungsprozess bis hin zur Nutzungsphase begleitet. Dies stellt sicher, dass bei der Konzeption und Planung Erfahrungen aus der Betriebs- und Nutzungsphase hinreichend berücksichtigt werden und die Daten auch für spätere Nutzer dokumentiert werden (Vgl. Bauer/Mösle/Schwarz (2007), S. 16). Im Kriteriensteckbrief 47 der DGNB sind die Vorraussetzungen für eine optimale Bewirtschaftung der DGNB-Zertifizierung definiert. Hier ist die Erstellung von Wartungs-, Inspektions-, Betriebs- und Pflegeanleitungen ebenso von Bedeutung, wie die Dokumentation. Gerade das Life-Cycle-Engineering liefert die Basis für die Erfüllung dieses Bewertungskriteriums, da hier ­eine durchgängige, aktuelle und betriebsorientierte Dokumentation für die Leistung-Pflichtenheft-Dokumentation sichergestellt wird [6]. Des Weiteren werden durch das Life-Cycle-Engineering die Daten aus der Bauphase via CAFM für den späteren Einsatz in der Nutzungsphase gesichert. Dadurch werden die Intentionen der Planungs- und Konzeptionsphase erhalten auch bei ­Eigentümer- und Besitzerwechsel. Life-Cycle-Engineering birgt erhebliches ­Akquisitionspotential für FM-DL durch die Ausdehnung der eigenen Wertschöpfungskette in das Segment Beratung. Kommunikationsschnittstellen werden entscheidend verringert, Transparenz gesteigert und Erfahrungen und Vorgaben der Dienstleister zur nachhaltigen, effizienten Bewirtschaftung in den Planungsprozess eingebunden.

 

Fazit

Die Bewertungsmatrix bietet FM-DL ­einen ersten Ansatz, Potentiale zur Diversifikation ihrer Dienstleistungspalette für Neubauten grüner Gebäude zu erarbeiten. Da die Bewirtschaftung der Bestandsgebäude den größten Marktanteil für FM-DL hat bleibt abzuwarten, wie sich der zukünftige Kriterienkatalog der DGNB für Bestandsgebäude gestaltet. Die Ausdehnung der eigenen Wertschöpfungskette in das Segment Consulting via Life-Cycle-Engineerings birgt für FM-DL erhebliches Wachstumspotential. Die FM-DL haben die Aufgabe, die Marktteilnehmer zu überzeugen, dass sie das Consulting-Know-how und die Innovationskraft besitzen den Planungsprozess zu begleiten und dadurch einen nachhaltigen Mehrwert für ihre Auftraggeber schaffen. Eigene nachhaltige Aktivitäten sollten die FM-DL stärker in ihrer Kommunikationspolitik berücksichtigen, um ihr Image am Markt in Richtung nachhaltiger FM-DL zu prägen.

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Master-Thesis an der FH Giessen-Friedberg vom November 2010.

Engel, M.: Chancen des „Green-Transformation-Prozess“ für die Facility Management Branche, Workshop A2, Consense 2010, Stuttgart, Mitschrift und Präsentation des Workshops, abrufbar unter: http://www.dgnb.de/_de/veranstaltungen/consense/2010/programm.php (18.07.2010)

Engel, M.: Steigende Anforderungen an FM-Dienstleister, in: Der Facility Manager, Heft 6, Forum Verlag, Merching 2010, S. 12-15

Fichter, C.: Summer Projekt, 2003, in Hinterberger, F.; Jasch, C; Hammerl, B.; Wimmer W.; et al.: Leuchttürme für industrielle Produkt-Dienstleistungssysteme, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Wien 2006,

abrufbar unter: http://www.nachhaltigwirtschaften.at/nw_pdf/0615_pdl_leuchttuerme.pdf (10.07.2010), S. 1-175

Jasch, C. et al.: Produkte und Dienstleistungen von Morgen, Books on Demand GmbH, Norderstedt 2006

o.V.: DGNB Handbuch, Aufbau Anwendungen Kriterien, Stand 3/2009, abrufbar unter:

http://www.tetrarch.de/projekte/dgnb/DGNBSystembeschreibung.pdf (17.07. 2010), S. 1-42

Weller, R.: Mein Zertifikat – Dein Zertifikat – ein Zertifikat für alle?, in: FACILITY MANAGEMENT 3/2009, Bauverlag, Gütersloh 2009, S. 21-25

Bauer, M. ; Mösle, P. ; Schwarz, M.: Green Building, Konzepte für nachhaltige Architektur, Callwey Verlag, München 2007, S. 16-17


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