Wo Videomanagement-Software die Anwendung von selbstlernenden Systemen möglich macht

Künstliche Intelligenz im Gebäudemanagement

Die künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie der kommenden Jahre – und wird bereits heute in vielen Bereichen erprobt oder gar eingesetzt: Autonomes Fahren, Medizintechnik und Automatisierung der Arbeit sind nur einige Beispiele. Auch im Gebäudemanagement hat die Zukunft längst begonnen: Automatisierte Lösungen finden hier immer mehr Zuspruch. Dagegen bildet wirkliche KI im Sinne selbstlernender Systeme noch die Ausnahme. Für das FM in öffentlichen Gebäuden mit großen Besucherströmen ist die Anwendung von Deep Learning- Systemen aber durchaus sinnvoll.

Vernetzte KI-Lösungen unterstützen FM-Dienstleister beim Schutz von Menschen und Gebäuden und ermöglichen einen reibungslosen Ablauf aller Prozesse. Die Basis hierfür bilden Daten aus  Überwachungskameras und ein IP-basiertes Videomanagement-System, wie das von Milestone Systems, das die Rohdaten in verwertbare Informationen umwandelt.

Moderne Gebäude sind inzwischen in vielen Bereichen automatisiert organisiert. Die IP-basierte Steuerung von Heizung oder Klimaanlage von Räumen, abhängig von Tageszeit und Nutzung, oder das selbsttätige Herabfahren von Sonnenschutz-Systemen sind nur einige Beispiele dafür, wie Gebäudeautomation (GA) heutzutage funktioniert. Es handelt sich dabei um mehr oder weniger vernetzte Anwendungen, die automatisch bei bestimmten Voraussetzungen abgewickelt werden. Sie laufen nach einem simplen„Wenn-dann“-Muster ab: Wenn die Windstärke zunimmt, dann fahren sich alle Markisen automatisch ein. Gebäudeautomation ermöglicht eine höhere Genauigkeit der Regelungs-algorithmen und einen besseren Gesamtüberblick über das Gebäude.

 

KI in der Gebäudeüberwachung

Künstliche Intelligenz oder Deep Learning-Lösungen gehen aber über reine Automation hinaus: Vorteile von KI für das Gebäudemanagement bestehen derzeit vor allem bei der Überwachung von Gebäuden. Dazu benötigt das System zunächst große Mengen an Daten, die es vor allem aus kamerabasierten Überwachungstechniken generiert. Mit einer Videomanagementsoftware kann eine nahezu unbegrenzte Anzahl Kameras, auch von verschiedenen Objekten und Standorten, zusammengeschaltet werden. Die Steuerung erfolgt dabei zentral oder dezentral. Mit diesen Daten wird der Computer gefüttert – in einem Lernprozess entsteht Künstliche Intelligenz: das Wissen über das Funktionieren von Prozessen und den richtigen Umgang mit eventuell auftretenden Fehlern. Der Computer lernt also aus seinen „Erfahrungen“, den erfassten Daten. Mithilfe selbstlernender Algorithmen erfasst das System in den Informationen bestimmte Muster und Gesetzmäßigkeiten, verknüpft diese intelligent miteinander, begreift Zusammenhänge, zieht daraus Rückschlüsse und trifft auf dieser Grundlage Vorhersagen. Der Computer kann nun bestimmte Objekte identifizieren, Unregelmäßigkeiten erkennen oder Personen unterscheiden.

Über eine offene Plattform arbeitet Milestone mit vielen verschiedenen Lösungspartnern zusammen, die diese Daten wiederum mit anderen Anwendungen verbinden: So sind KI-Lösungen möglich. Diese können Prozesse betreffen, sich mit Besucherströmen oder
Personenaufkommen beschäftigen, den Zutritt zu Gebäuden regeln oder die Außenanlagen und Zäune schützen. Alles ist möglich.

 

Beispiel „Personenaufkommen“

Hier kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Gebäudemanagement besonders von Nutzen sein. Mittels Deep Learning ist das System nach einigen Wochen des Datensammelns in der Lage, normales Verhalten zu bestimmen: Es beobachtet und zieht aus diesen Beobachtungen Rückschlüsse. Die KI lernt also, was Bildinhalte normalerweise tun und bildet daraus Muster. Mit dieser Erkenntnis kann das System zunächst nur eines anfangen: Nämlich feststellen, wenn etwas oder jemand gegen dieses Muster verstößt. Detektiert das System solch ein abnormes Verhalten, warnt es das Wachschutzpersonal an den Monitoren, indem es das entsprechende Bild aufschaltet und die Szene zeigt. Der Operator muss dann entscheiden, ob es sich um eine Situation handelt, in der er weitere Maßnahmen ergreifen muss. In der riesigen Daten- und Bildermenge, mit der das Wachpersonal in großen Gebäudekomplexen wie Büros, Malls oder Bahnhöfen im Laufe eines jeden Tages konfrontiert ist, stellt dies bereits eine große Entlastung und Erleichterung dar.

Doch damit nicht genug. Die Anwendungsmöglichkeiten von KI beinhalten auch das gezielte Durchsuchen von Videoaufzeichnungen nach bestimmten Ereignissen. Mithilfe von Filtern können Programme die Datenflut regulieren, um nur definierte Daten zu erhalten. Ein Beispiel: Der Computer hat abweichendes Verhalten erkannt. Ein blonder Mann stellt einen blauen Rucksack ab und verschwindet durch eine gesicherte Tür. Während der Mann gesucht wird, kann der Operator das aufgezeichnete Videomaterial gezielt nach blonden Männern mit blauen Rucksäcken durchsuchen und so das Verhalten der Person im Vorfeld ermitteln. Viele Stunden Videomaterial können in nur wenigen Minuten überprüft und Personen oder auch Fahrzeuge schnell lokalisiert und deren Wege verfolgt werden.

Durch die Kombination von Camera Vision und Machine Learning kann der Computer also normale Aktivitätsmuster automatisch erlernen und auffällige Ereignisse hervorheben. In Verbindung mit Videomanagementsystemen ist dadurch eine Einschätzung aller Aktivitäten in großen Gebäudekomplexen möglich – in Echtzeit oder über Aufzeichnungen. Dies ist so erst seit kurzer Zeit möglich, denn durch die enormen Fortschritte in der Entwicklung von Grafikprozessorkarten (GPU) können die immensen Datenmengen aus Kamera-Aufzeichnungen nun schnell und präzise strukturiert und analysiert werden. Die stetige Verbesserung der Algorithmen macht es zudem möglich, Bewegungsmuster noch früher als abnorm zu erkennen –Warnungen des Systems können künftig vielleicht sogar prognostiziert werden.

 

Beispiel smartes Bürogebäude

Face Recognition und zuverlässige Kennzeichenerkennung (LPR) gewähren Zugang zu Gebäuden nur für Berechtigte: In vielen modernen Gebäuden ist dies bereits Realität. Verbunden mit Deep Learning Mechanismen bietet sich den Bewohnern und Nutzern aber noch ein weitaus größeres Anwendungsspektrum. Besonders im infrastrukturellen Gebäudemanagement hat der Einsatz von KI Potenzial. Eine intelligente Gebäudetechnik kann sich auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer einstellen – es kennt sozusagen die Wünsche jedes Nutzers und passt den Ort entsprechend an. Auch dazu werden Bilder aus der Kameraüberwachung mithilfe von anderen smarten Technologien zu einem selbstlernenden System verbunden. Das System erkennt dann den Nutzer schon beim Eintritt in das Gebäude mittels Gesichtserkennung. Durch den Lernprozess weiß es, wohin sich dieser als nächstes begeben wird. Das System kennt außerdem die Vorlieben des Nutzers für die Helligkeit und Temperatur am Arbeitsplatz. Kommt der Nutzer mit dem Auto, hilft das System bei der Suche nach einem freien Tiefgaragenplatz. Gibt es fest zugeteilte Parkplätze, holt die KI bereits den Aufzug und programmiert den Ausstieg im richtigen Stockwerk, sobald das Fahrzeug auf dem entsprechenden Stellplatz geparkt wurde.

 

KI im Technischen Gebäude­management

Auch bei der Überwachung von Gebäudefunktionen ist der Einsatz von KI möglich und bringt einige Vorteile. Computerprogramme können automa-tisierte Abläufe wie das Einschalten der Sicherheitsbeleuchtung, Brandschutzmaßnahmen, die Fluchttürsteuerung oder Einbruchsmeldungen miteinander vernetzen. In Kombination mit der Auswertung von Kamerabildern kann der Computer durch KI wieder auffällige Ereignisse detektieren und melden, bzw. selbstständig Lösungen suchen. Wenn zum Beispiel Menschen im Gebäude plötzlich schnell Richtung Ausgang laufen und gleichzeitig ein Feuermelder Alarm schlägt, tritt direkt der Notfallplan für Feuer inkraft. Schlägt dagegen nur ein Rauchmelder Alarm, die Kameras zeigen aber weder einen Brand noch weglaufende oder rufende Personen, weiß das System, dass es sich wahrscheinlich um einen Fehlalarm handelt. Die KI muss hier lernen, logische Zusammenhänge zu erstellen und mit entsprechenden Maßnahmen in allen vernetzten Systemen zu reagieren. Natürlich kann diese Einschätzung des intelligenten Computers eines nicht ersetzen: Die Entscheidung durch den Menschen. Der kann und darf diese Verantwortung nicht an eine – noch so starke – KI abgeben.

 

Deutschland hat Nachholbedarf

In Deutschland kommt KI im Gebäudemanagement zurzeit noch kaum zum Einsatz. Länder wie Dubai, Abu Dhabi und China mit ihren modernen Wolkenkratzern haben hier die Nase vorn. Deutsche Unternehmen unterliegen allerdings im Vergleich zu ihren Konkurrenten aus dem Mittleren Osten und Asien auch deutlich strengeren Vorschriften beim Sammeln und Auswerten von Daten. Die DSGVO regelt den Schutz der Privatsphäre in Europa strenger als anderswo auf der Welt und die Bürger reagieren sensibler, was das Teilen ihrer Daten angeht. So erstaunt es kaum, dass auch die Bundesregierung in ihrer Strategie zum Umgang mit künst-licher Intelligenz vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen starken Nachholbedarf beim Thema KI bescheinigt. Höchste Zeit, die Voraussetzungen für die Anwendungen auch im Gebäudemanagement zu schaffen. Denn wo KI-Anwendungen die Sicherheit von Menschen und Gebäuden verbessern, sollte deren Einsatz auch möglich sein.

Begriffsdefinitionen

Automatisierung: Automatisierte Systeme unterstützen Menschen nicht nur bei der Erfüllung von Projekten, sondern steuern den gesamten Prozessablauf selbstständig. Künstliche Intelligenz: KI, auch AI (Artificial Intelligence) ist ein Teilgebiet der Informatik. Durch Machine Learning (maschinelles Lernen) und der Automatisierung intelligenten Verhaltens sollen Computer eigenständig Probleme bearbeiten, indem ­sie menschenähnliche Entscheidungsstrukturen nachbilden.
Deep Learning: Deep Learning, also tiefergehendes Lernen, ist ein Teilbereich des Machine Learnings. In seiner Funktionsweise orientiert es sich am menschlichen Gehirn. Es gliedert große Datenmengen mithilfe von Hierarchien und spaltet diese in einfachere Aufgaben und Konzepte auf. Diese werden über neuronale Netze verknüpft und immer wieder neu analysiert. Dadurch kann das System ständig neue Zusammenhänge bilden und weiter lernen. Der Mensch muss dem Computer also nicht alle notwendigen Aufgaben vorgeben und spezifizieren, der Computer lernt diese durch das Sammeln von Wissen aus Erfahrung selbst. Auch Aufgaben, die für Menschen intiutiv erfassbar sind, sollen so durch Computer lösbar sein.
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