Hamburger Sparkasse – nach einem Jahr in neuer FM-Struktur­ beginnt die Herausforderung im Deutschlandhaus

FACILITY MANAGEMENT im Interview

Die Entscheidung der Hamburger Sparkasse (Haspa), ihre ca. 200 Standorte [1] in die Hände von „betreibenden Dienstleistern“ zu legen, wurde im November 2022 für die beiden Dienstleister Schultz Gruppe GmbH und Dussmann Services Deutschland GmbH getroffen und im Jahr 2023 umgesetzt. In den zurückliegenden Ausgaben von FACILITY MANAGEMENT haben wir darüber berichtet. Im Gespräch mit FM-Redakteurin Kerstin Galenza sprechen die Beteiligten über die Umsetzung und Erfahrungen des Projektes.

Nach einem Jahr der Implementierung und Beginn des Regelbetriebs geht der Aufbau der künftigen Strukturen beim Auftraggeber mit dem Bezug des Deutschlandhauses als Zentrale der Haspa im Zentrum Hamburgs weiter.

Wie sieht die Weiterentwicklung dieses Vertrags aus?

Thomas Haase: Der Bezug unseres Haspa-Zentralgebäudes mit etwa 30.000 m2 ist allein schon eine Herausforderung. Wir haben aber zeitgleich zum Rollout des Deutschlandhauses auch noch den Beginn der Regelleistung in den infrastrukturellen Facility Services an den besagten 200 Standorten auf den 1. Januar 2024 gelegt. Das haben wir bewusst ein halbes Jahr nach dem Regelbeginn der TFS-Leistung gemacht und sind im Nachhinein mit unserer Entscheidung sehr zufrieden.

Olaf Kosch: Zumal zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die Entscheidung für das Deutschlandhaus noch nicht abzusehen war. Nun haben wir eine TFS-Leistung mit einem halben Jahr Erfahrung und Einarbeitungszeit. Zudem ist in der IFS-Leistung die Schultz Gruppe unser Bestandsdienstleister aus den Vorjahren und muss sich zwar auf neue Standorte fokussieren, kennt aber den Filialbetrieb der Haspa und setzt eingearbeitete Kräfte ein. Somit ist die neue Herausforderung zu stemmen.

Was bedeutet das konkret für Sie als Auftraggeber und als Auftragnehmer?

Dieter Lenuweit: Ganz konkret heißt das, dass wir die Leistungsgegenstände, wie Anlagen, Einrichtungen und Räume im Deutschlandhaus mit den entsprechenden Teilleistungen, wie Wartungen, Prüfungen, Hausmeisterleistungen und Reinigungsleistungen in unsere CAFM-Welt aufnehmen. Die Einzelpreise für entsprechende Leistungsgegenstände sind vertraglich bereits über die Filialstandorte vereinbart und werden entsprechend zugeordnet. Sie ergeben in den kommenden Wochen den Umfang unserer Leistung im Deutschlandhaus, den wir entsprechend direkt und pünktlich mit dem Einzug der Haspa-Mitarbeiter zur Verfügung stellen werden.

Thomas Haase: Was da gerade durch Herrn Lenuweit völlig richtig und ganz einfach dargestellt wurde, bedeutet allerdings einen sehr strukturierten Prozess der ständigen Mengenanpassungen, die für das FM nun einmal typisch sind. Das ist beiden Partnern in dem „Übungshalbjahr“ seit Juli 2023 sehr gut für die Filialstandorte gelungen und wird nun für das Deutschlandhaus fortgeführt.

Dr. Sigrid Odin: Das bedeutet aber auch, direkt nach Übergabe des Deutschlandhauses an die Haspa – noch in der Rollout-Phase zum Einzug – die Leistungsgegenstände des Gebäudes zu erfassen, Flächen aufzumessen, Anlagen zu übernehmen und gleichzeitig begleitende Leistungen im Rollout sowohl an der Technik als auch in den infrastrukturellen Services zu leisten. In diesem Prozess war und ist es sehr hilfreich, dass die Beteiligten auch in die Projektstrukturen HaspaONE eingebunden sind.

Wie kann ich mir eine ­solche Massenaufnahme und Einbindung in den Vertrag vorstellen?

Olaf Kosch: Als ehemalig im Einkauf der Haspa für diese Vertragsschließung Zuständiger und nun in der operativen Vertragsleiterverantwortung stehender kann ich hier Auskunft geben. Wir haben mit Quellkalkulationen über die Teilleistungen an den Leistungsgegenständen, wie Anlagen, Flächen und Störungsarten, die von Hausmeistern bearbeitet werden, eine umfangreiche CAFM-konforme Übersicht der Vertragsumfänge. Diese werden zudem stetig in der Anzahl der Einzelereignisse an Teilleistungen für diese Leistungsgegenstände in den CAFM-Systemen unserer beiden Dienstleister aktualisiert.

Eine solche Transparenz der Vertragsumfänge versetzt uns in die Lage, direkt auf Schließungen, Umwidmungen und Neueröffnung von Standorten reagieren zu können. Das Deutschlandhaus ist in diesem Sinne ein neueröffneter Standort – wenn auch ein wirklich großer.

Dr. Sigrid Odin: Ganz entscheidend für diese Doppelbelastung und deren Gelingen ist es, dass wir beginnend mit der Implementierung der TFS-Leistungen vor genau einem Jahr die Datenstrukturen im CAFM beider Dienstleister vorgegeben und umgesetzt haben. Die Schultz Gruppe hat in ihrem CAFM (pitFM) sowohl die Leistungserfassung an alle Leistungsgegenständen und Teilaufgaben als auch die kalkulatorischen „Budget-Werte“ daran IT-seitig so umgesetzt, dass sowohl die Mengenanpassungen erfolgen können als auch die „Ereignissituation“ an den Leistungsgegenständen Schlussfolgerungen zum Anlagen- und Flächenzustand, zum Nutzerverhalten und zu Veränderungen in den gesetzlichen Mindestvorgaben zulassen. Diese IT-gestützten Steuerungswerkzeuge werden von beiden Seiten – Auftraggeber UND Auftragnehmer – gleichermaßen und gemeinsam genutzt, um in jedem Wochen-Jour Fixe Maßnahmen abzuleiten und Entscheidungen für Anpassungen im Vertrag oder Sanierungsmaßnahmen treffen zu können. Das bedurfte und bedarf auf beiden Seiten intensiver „Übung“ bis zum „betreibenden“ Anlagentechniker in der Pflege der Tools und der Erkenntnis, dass die Aufgabe erfüllt ist, wenn der pitFM-Auftrag als „erfüllt“ im System abgehakt ist.

Dieter Lenuweit: Diese Fähigkeit der Mitarbeiter als „betreibender“ Dienstleister wird aber nicht nur am Ende der Leistung unsere Mitarbeiter in der IT-Dokumentation gefordert. Sie mussten und müssen lernen, wie im Privaten eine optimale Lösung für den Auftraggeber zu entwickeln und auch pragmatisch direkt vor Ort Entscheidungen in seinem Sinne zu treffen. Wir haben Rollenspiele mit unseren Technikern und Hausmeistern durchgeführt, um sie diese Verantwortlichkeit an Beispielen erleben zu lassen. Dieser Vertrag ist eben mehr als ein Dienstleistungsvertrag – wir müssen ein Ergebnis liefern.

Marco Adomat: Wir haben aber nicht alles neu entwickeln und lernen müssen, sondern setzen auch bewährte IT-Werkzeuge, wie die eQSS zur Qualitätssicherung in der Reinigung ein. In beiden System-Welten ist es von großem Vorteil, auf Seiten der Haspa ein für diesen Vertrag neu zusammengestelltes und mit klaren Aufgabenschwerpunkten befasstes Steuerungsteam als Partner gegenüber zu haben. Von der Vertragsleitung und Standortbetreuer in der Operative über die „analytische“ Aufgabe im CAFM bis hin zu Qualitätssicherung und Prozess-Verantwortung in der Vertragsentwicklung an Schnittstellen zu weiteren Beteiligten innerhalb und außerhalb der Haspa sind Kapazitäten und Kompetenzen fokussiert. Wir haben also als Dienstleister zu jedem Thema einen Schwerpunkt-Ansprechpartner.

Olaf Kosch: Das hilft uns auch jetzt bei der Übernahme des Deutschlandhauses, denn unser Team ist in der Projektorganisation HaspaONE für das Deutschlandhaus aktiv eingebunden. So können wir sicherstellen, dass die Steuerungsstrukturen auch dort greifen werden. Das beginnt mit dem Raumbuch, der Anlagenlistung an der Schnittstelle zum Vermieter im Mietvertrag und endet nicht erst bei der Einflussnahme auf Schließsystem in Lockern für die Mitarbeiter der Haspa in der Nutzung.

Thomas Haase: Wir sind nun bereits in der Rollout-Phase und erkennen für das Deutschlandhaus, wie wichtig es ist, systematische IT-Tools definiert zu haben, die uns in die Lage versetzen, eine Sondersituation von einer Regelsituation zu unterscheiden. Das hat nicht nur abrechnungstechnische Gründe, sondern vor allem schafft es uns Ordnung in den Prozessen und den Rollen aller Beteiligten auch über die direkten Vertragspartner hinaus. Die Erkenntnisse, die wir im Jahr 2023 für die Filial-Standorte gewinnen konnten, setzen wir nun wiederum im Deutschlandhaus um. Dabei werden dann auch einmal etabliert geglaubte Prozesse und Arbeitsweisen in Frage gestellt oder nach vielen WENN und ABER wieder bestätigt. Das ist etwas, was wir als Vertrags-Team für den „betreibenden Dienstleister“ als hauptsächliche Aufgabe verstehen: operativ Handeln und systematisch Bewerten.

 

Bei diesen positiven Eindrücken wünsche ich Ihnen allen weiterhin viel Erfolg. Und für den bevorstehenden Einzug der Haspa-Mitarbeiter in das Deutschlandhaus einen guten Abschluss des Rollouts und natürlich für das Projekt HaspaONE und den startenden Regelbetrieb in der neuen Haspa-Zentrale.

[1] Von den rd. 200 Standorten sind 126 Standorte personalisiert, 28 Standorte sind Selbstbedienungs-Filialen und 49 Standorte Geldautomaten

 

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