Energetische Sanierung im Krankenhaus St. Elisabeth und ­ St. Barbara in Halle (Saale)

Energieeffiziente Krankenhäuser

Es zeichnet sich ab, dass die Aufgabe der energetischen Sanierung das ­Tätigkeitsfeld des Gebäudemanagements von Krankenhäusern grundlegend wandeln wird. Statt um die bloße Erhaltung der Funktionsfähigkeit von Gebäuden und deren technischer Ausstattung wird es darüber hinaus, zunehmend um die kontinuierliche, schrittweise Erhöhung der Energie­effizienz gehen. Der Artikel beschreibt die energetische Sanierung des
St. Elisabeth und St. Barbara in Halle (Saale).

Durch ihren 24-Stunden-Betrieb haben viele Krankenhäuser noch immer einen hohen Energieverbrauch und sind für einen großen Ausstoß an Treibhausgasen verantwortlich. Zur Einordnung: Dem gesamten Gesundheitswesen wird ein Anteil zwischen 5,2 bis 6,7 % an den deutschen Klimagas-Emissionen zugeschrieben. Zum Vergleich: In der Industrie erreicht der Stahlbereich ebenfalls einen Anteil von ca. 6 % an den Gesamtemissionen.

2020 hat die Konferenz der bundesdeutschen Gesundheitsminister vor diesem Hintergrund die Herausforderungen des Klimawandels für das Gesundheitswesen diskutiert. Als Ergebnis wurden verschiedene Beschlüsse gefasst, die unter anderem Investitionen in die zukünftig notwendige energetische Sanierung des Krankenhauswesens betreffen.

Die Konferenz bat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die klima- und energierelevanten Daten der bundesdeutschen Krankenhäuser zu ermitteln, um zunächst eine verlässliche Datenbasis für zukünftige energierelevante Maßnahmen zu erhalten. Mit der Datenerhebung und -auswertung wurde das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) beauftragt, das eine entsprechende Studie erarbeitete. Darin beurteilt das Institut in ihrem Mitte 2022 erstellten und Anfang 2023 aktualisierten Untersuchungs-Bericht die Klimaschutzpotenziale deutscher Krankenhäuser [1]. Notwendig sei zukünftig eine kontinuierliche energetische Sanierung der Häuser, wobei unter anderem an der Optimierung technischer Anlagen, der Kälteversorgung der Krankenhäuser, der Verbesserung der Energienutzung und -versorgung anzusetzen sei. Der Bericht stellt fest, dass die notwendige energetische Sanierung umfassende Investitionen notwendig machen wird. Um entsprechende Maßnahmen schnell und effizient umzusetzen, empfiehlt das Krankenhausinstitut, die Möglichkeiten eines Energieeffizienz-Contractings zu nutzen.

 

FM als unbefristetes Effizienz­steigerungs-Management

Die Aufgabe der energetischen Sanierung wird das Tätigkeitsfeld des Gebäudemanagements von Krankenhäusern grundlegend wandeln. Statt um den bloßen Erhalt der Funktionsfähigkeit von Gebäuden und deren technischer Ausstattung, wird es darüberhinaus zunehmend um die kontinuierliche, schrittweise Erhöhung der Energie­effizienz gehen.

Da bis zum Jahr 2045 gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) Treibhausgas-Neutralität erreicht werden soll, wird das Facility Management in Krankenhäusern den Charakter eines Effizienzsteigerungs-Managements mit umfassendem Tätigkeitsspektrum bekommen: Angefangen bei der Erfassung von Gebäude- und Anlagen-Optimierungsmöglichkeiten, der Definition von Optimierungszielen, Planung von Optimierungsmaßnahmen, Abschätzung von Ressourcen- und Finanzbedarf, Beantragung von Fördermitteln, Überwachung der Realisierung der Effizienzmaßnahmen sowie Monitoring der Verbrauchsdaten zur Ermittlung weiterer Optimierungspotenziale.

 

Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale)

Am Beispiel des St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhauses wird im Folgenden gezeigt, wie ein größeres Projekt der energetischen Sanierung in der Praxis gemanagt werden kann. Das St. Elisabeth und St. Barbara ist ein Krankenhaus mit rund 1.200 Beschäftigten und 600 Betten, in dem pro Jahr rund 60.000 Patienten behandelt und therapiert werden. Das Krankenhaus gehört zum katholischen Elisabeth Vinzenz Verbund, der über insgesamt 14 Häuser mit einer großen Vielfalt an Fachgebieten verfügt.

Das Sanierungsprojekt begann mit einer Bestandsaufnahme mit Blick auf die bestehenden Anlagen an den beiden Standorten des Krankenhauses, St. Elisabeth und St. Barbara. Bereits vor der Entwicklung konkreter Sanierungsmaßnahmen wurde Kontakt zu einem spezialisierten Projektdienstleister aufgenommen, um sicherzustellen, dass die Umsetzung ihres Sanierungsprojekts auch förderfähig war. Das Krankenhaus beauftragte die Firma Findig GmbH & Co. KG, Dresden, ein Energieeffizienz-Konzept zu entwickeln, das bestmögliche Ausnutzung der verfügbaren öffentlichen Förderungen versprach.

Gemeinsam mit den TGA-Experten wurden im nächsten Schritt die Krankenhaus-Anlagen im Detail „durchforstet“. Es galt zu ermitteln, wo durch Erneuerung bzw. Optimierung in Bezug auf Verbesserung der Umweltbilanz, höherer Effizienz und erhöhter Ausfallsicherheit größte Erfolgsaussichten bestanden. Ergebnis war eine Definition von vier Pflichtmaßnahmen-Feldern inklusive Festlegung von Mindesteinsparungen.

 

Planung mit vier Pflichtmaßnahmen-Feldern und einer PV-Anlage

Auf der Basis dieses Pflichtmaßnahmen-Konzepts wurde die geplante Sanierung öffentlich als Energieeffizienz-Contracting-Projekt ausgeschrieben. Darauf reagierten acht Dienstleister, von denen drei ein konkretes Leistungs-Angebot präsentierten: Die Firma Bosch, die Energieversorgung Halle (EVH) – bereits langjähriger Energie-Liefercontracting-Partner des Krankenhauses – und die Engie Deutschland AG.

Schließlich ging der Zuschlag an die deutsche Tochter des französischen Energieversorgungskonzerns Engie, die für Krankenhäusern ein umfassendes Paket mit Contractingverträgen in den Feldern Energie-Management und Energie-Effizienz anbietet.

Die Gebäudeautomations-Planer von Engie schlugen für die Optimierung der Gebäudeleittechnik der Krankenhäuser eine Lösung des Herstellers Priva vor. Die Krankenhaus-Mitarbeiter hatten bis dahin keine Erfahrungen mit diesem Fabrikat. Deshalb tauschten sie sich im Vorfeld des Projektstarts mit Kollegen anderer Wirtschaftsbereiche aus, in deren komplexen Liegenschaften von Engie bereits erfolgreich vergleichbare Priva-Systeme nachgerüstet worden waren – unter anderem bei den Franckeschen Stiftungen in Halle und beim Telekom-Rechenzentrum Biere in der Nähe von Magdeburg.

Schließlich begann Engie im Jahr 2019 mit der Umsetzung des Sanierungsprojekts. Auflage war, in der Umsetzungs-Phase rund um die Uhr einen ungestörten Klinik-Betrieb sicherzustellen sowie die Optimierungs-Ziele und Einsparungen unbedingt zu erreichen – wenn nicht sogar zu übertreffen.

Tatsächlich gelang die Umsetzung der vier Pflichtmaßnahmen

1. Raumlufttechnik

2. Kältetechnik

3. Dampferzeugung und

4. Gebäudeleittechnik

im Zeitrahmen.

Die Raumlufttechnik wurde optimiert und bestehende Anlagen wurden mit Frequenzumrichtern ausgestattet, teilweise auch modernisiert.

Die Kältetechnik wurde erneuert. Dazu wurde die bestehende Kälteerzeugung auf eine Gesamtleistung von 1.000 kW erhöht, indem neben einer Quantum-Turbo-Kältemaschine mit 480 kW eine Absorptions-Kältemaschine mit 300 kW installiert wurde. Diese Kältemaschine wurde zur besseren Nutzung der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung mit den drei am Standort St. Elisabeth laufenden wärmegeführten Blockheizkraftwerken (BHKW) verbunden. Damit wird es möglich, ansonsten überschüssige Wärmeleistung etwa in den Sommermonaten zur Verbesserung der Auslastung der BHKW und zur Abdeckung von Spitzenlastzeiten mit erhöhtem Kältebedarf wirtschaftlich zu nutzen.

Auch die Dampferzeugung wurde angepasst. Hierfür wurde ein Schnelldampferzeuger (Fabrikat Jumag) eingebaut und ein Brennertausch an einem bestehenden Dampfkessel vorgenommen.

Schließlich wurde auch die Gebäudeleittechnik komplett erneuert, denn die bisher genutzten drei eingesetzten Systeme waren aufgrund ihres Alters nicht mehr aktualisierbar. Um die Bedienbarkeit künftig zu erleichtern und übersichtlicher zu gestalten, wurde ein übergeordnetes integriertes ‚Priva Blue‘ ID-System installiert. Vorteil dieser Lösung ist unter anderem die Möglichkeit, bereits genutzte Feldgeräte verschiedenster Hersteller und bestehende Verkabelungen anzuschließen. Darüber hinaus ermöglicht diese Gebäudeautomation den Internet-Fernzugriff u.a. per VPN.

Als ergänzende Energie-Effizienzmaßnahme wurde über diese vier Pflichtmaßnahmenfelder hinaus auf dem Dach des Standorts St. Elisabeth eine Photovoltaik-Anlage installiert. Für die Finanzierung wurde erfolgreich ein separater Förderantrag bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt gestellt.

 

Förderquote, Energieverbrauchs- und CO2-Minimierung

Inzwischen lässt sich eine erste Bilanz der Auswirkungen der Sanierungs-Aktivitäten ziehen:

Der vor Beginn der Maßnahmen eingereichte Förderantrag erreichte mit Blick auf die zuwendungsfähigen Investitionen des Projekts in Höhe von über 1,1 Mio. € eine Förderquote von 35 % (Förderprogramm der Investitionsbank Sachsen-Anhalt „Sachsen-Anhalt-Energie“).

Bereits zu Beginn der Sanierungsmaßnahmen 2019 zeigte sich, dass durch die skizzierte Erneuerung von Anlagen eine deutliche Energiekosten-Einsparung ermöglicht wird, die eine Amortisation der Investitionen innerhalb von 10,8 Jahren errechnen lässt. Für das Gesamtjahr 2022 ließ sich nachweisen, dass die Sanierung der Anlagen eine CO2-Einsparung von 463,6 t bewirkte.

Rückblickend stellt die Krankenhaus-Leitung heute fest, dass die Umsetzung des umfassenden Maßnahmen-Programms ohne das besondere Engagement der Mitarbeiter etwa in den Abteilungen Elektrotechnik und Haustechnik nicht möglich gewesen wäre: „Gemeinsam wurde erfolgreich viel bewegt. Wir konnten den Krankenhausbetrieb während des kompletten Umbaus ungestört weiterlaufen lassen. Es war so etwas wie ‚eine OP am offenen Herzen‘. Die Kollegen verdienen hohe Anerkennung, denn schließlich musste das Projekt zusätzlich zur ungebremsten Tagesarbeit ‚nebenher‘ erledigt werden – vielen Dank!“

 

Die Effizienz-Mission geht weiter

Die „Mission Energieeffizienz“ ist für die Mannschaft von St. Elisabeth und St. Barbara längst nicht abgeschlossen. Nach vier Jahren Laufzeit wird das Energieeffizienz-Contracting demnächst auslaufen. Damit stellt sich der Krankenhausleitung die Frage, ob dieses Aufgabenfeld weiter durch ein externes Unternehmen betreut werden soll. Möglich wäre alternativ, die laufende Optimierung der Anlagen in Eigenregie zu betreuen. Die Übernahme der damit verbundenen Aufgaben würde eine umfassende Schulung von Mitarbeitern oder die Neueinstellung von qualifiziertem Personal erforderlich machen.

Bereits heute zeichnen sich Aufgabenstellungen für dieses erweiterte Facility Management ab: Die Gebäudehüllen der Häuser sind mit Blick auf die Erfordernisse des Klimaschutzes zu optimieren. Auf der Basis der erneuerten Kälteerzeugung sind das zentrale Kältenetzwerk zu erweitern und gleichzeitig alle dezentralen Kälteanlagen – beispielsweise Klimaanlagen – zu substituieren.

Doch wann diese Verbesserungsoptionen tatsächlich genutzt werden können, hängt unter anderem davon ab, wann und in welchem Maß sich die Politik an den notwendigen Investitionskosten beteiligt. Zuständig für solche Kostenfinanzierungen sind grundsätzlich die Länder, die wie das Bundesgesundheitsministerium auf ihrer Website festhält, seit Jahren die Investitionsquote herabsetzen. Gelungene zukünftige Klimaschutzmaßnahmen im Gesundheitswesen setzten voraus, dass die Länder ihre Finanzierungsverpflichtung verstärkt wahrnehmen.

 

Quelle

[1]  DKI: Klimaschutz in deutschen Krankenhäusern: Status quo, Maßnahmen und Investitionskosten (2022/23) https://www.dki.de/sites/default/files/2023-04/2022-01-25_DKI-Gutachten_Klimaschutz%20in%20deutschen%20Krankenha%CC%88usern_final-update.pdf

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