Praxisleitfaden zu Nachhaltigkeit in der Immobilienfinanzierung

„Klimawandel und Klimaschutz werden sich in den kommenden Jahren auf Bau- und Immobilienwirtschaft, Eigentümer und Anleger auswirken. Aus den veränderten Rahmenbedingungen ergeben sich Anforderungen, die Gegenstand des jetzt vorgelegten Leitfadens sind“, erläutert Professor Dr. Sven Bienert MRICS REV, IRE|BS Institut für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg und Leiter der DVFA-Kommission Immobilien.

Der Leitfaden erläutert die einschlägige Regulatorik und unterfüttert sie ausführlich mit Beispielen aus der Bankenpraxis. Das daraus abgeleitete Rahmenwerk soll für Kreditnehmer eine Orientierung sein in Bezug auf Environmental-, Social-, Governance- (ESG)-Kriterien. Der Fokus liegt dabei auf der mit dem „E“ verbundenen ökologischen Betrachtungsweise.

Beginn der ESG-Transformation führt zu weitergehenden Standards

Bienert fasst die Ergebnisse zusammen: „Immobilienfinanzierer werden sich über die Politik, Markterfordernisse und die Kreditwirtschaft zukünftig stärker mit den aktuellen Rahmenbedingungen zum Klima- und Umweltschutz auseinandersetzen müssen. Hierbei sind wir aktuell erst am Anfang einer längeren Transformation, bei der künftig jedes Objekt und Projekt sich mit den weiteren Verschärfungen der Standards auseinandersetzen wird. Die Anforderungen werden alle Phasen bis hin zur Abwicklung betreffen und Kreditnehmer können sich durch gute Vorbereitung gegenüber Mitbewerbern hervorheben. Um die anstehenden Herausforderungen in Bezug auf die tiefgehende Transformation der (Immobilien-)Wirtschaft zu bewältigen, bedarf es einer kooperativen Zusammenarbeit der Stakeholder. Finanzierer und Kreditnehmer sind daher aufgerufen, nachhaltige Investments weiter zu forcieren.

Von zentraler Bedeutung ist dabei die Etablierung einheitlicher Standards von Daten und zur wirtschaftlichen Beurteilung im ESG-Kontext. Dabei wirkt die Heterogenität von Immobilieninvestoren, verwendeten Systemen aber auch die Unabhängigkeit der jeweiligen Kreditinstitute erschwerend. Aufgrund der starken Vernetzung unterschiedlicher Investoren mit unterschiedlichen Banken aber auch Banken untereinander im Konsortialgeschäft ist eine Annäherung der Kreditinstitute in ihren Standards gesamtwirtschaftlich dringend geboten. Dieses gilt, auch oder gerade weil es regulatorisch kaum einheitliche Anreize gibt. Unbeachtet und wenig verstanden sind derzeit die nachhaltigen gesellschaftlichen Auswirkungen, die sich auch auf das Investorenverhalten auswirken. So können beispielsweise neue Trends und Aspekte, wie Circular Economy oder die Social-Taxonomy, zu weitergehenden Standards für Bau und Betrieb von Gebäuden führen. Es ist davon auszugehen, dass ESG-Themen weiter an Bedeutung gewinnen und neben freiwilligen Bemühungen und Initiativen auch die Regulierung weiter zunehmen wird.“

Premiumsegmente bei besonders energieeffizienten Gebäuden

Welchen Einfluss die Auswertung und Ergebnisse von ESG-Daten mittelbar sowie unmittelbar auf die Wertindikationen bei beliehenen Immobilien bzw. den Zins bei besicherten und unbesicherten Krediten haben werden, bleibt abzuwarten, da viele Kreditinstitute selbst aktuell an der Entwicklung neuer Methoden und Verfahren arbeiten und sich ein einheitlicher Marktstandard noch nicht abzeichnet. 

Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch bereits heute ein Preis-Premium bei besonders energieeffizienten Gebäuden: „Green Premium“ sticht „Brown Discount”. Weiter ist davon auszugehen, dass die heutige „grüne“ Immobilienfinanzierung zum neuen Standard werden wird.

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