Münchner HighLight Towers: Energieeinsparung und mehr Komfort durch Wettervorhersage-Regelung

Vorausschauende Gebäudetechnik

Die Klimatisierung der HighLight Towers in München erfolgt über zwei Hauptkomponenten: die Bauteilaktivierung (BTA) für die Grundkonditionierung und die Umluftheiz- und Umluftkühlkonvektoren (ULK) für die individuelle und schnelle Anpassung der Raumtemperatur. Um den Energieverbrauch des Systems zu senken, suchte FM-Spezialist Sauter mit dem Eigentümer aus der KanAm-Gruppe nach einer Möglichkeit, die BTA genauer zu konditionieren.

Das Augsburger Unternehmen, das bereits seit 2008 für den Betrieb der Immobilie zuständig ist, rüstete das System schließlich im Rahmen eines Testprojektes auf ausgewählten Etagen mit einer Meteoprognose-Regelung nach. Durch die Einbeziehung der Wetterdaten kann die BTA nun für den Folgetag genauer eingestellt werden, so dass mit den flinken Kühl- und Heizsystemen deutlich weniger häufig eingegriffen werden muss. Da von Beginn an eine Energieeinsparung von 12 % erzielt wurde und sich gleichzeitig der Komfort für die Mieter deutlich erhöhte, wird die sogenannte „Wetterfrosch-Regelung“ seit Oktober 2013 in sämtlichen Bereichen des Gebäudekomplexes eingesetzt. 

„In den Betondecken der Büroräume befinden sich Rohrleitungen, durch die Wasser strömt, das je nach Bedarf aufgeheizt oder gekühlt wird. Dieses System wird als Bauteil- oder Betonkernaktivierung, kurz BTA, bezeichnet“, erklärt Claudius Reiser, Produktmanager Energieeffizienzmaßnahmen bei Sauter. Die BTA ermöglicht eine Nutzung der gesamten Deckenfläche zur Klimatisierung der Räume und zeichnet sich durch geringe Temperaturdifferenzen zwischen Heiz- beziehungsweise Kühlmedium und Raumtemperatur aus. Dies wirkt sich positiv auf die Behaglichkeit und Energieeffizienz des Systems aus. Im Allgemeinen wird der Betonkern bei Nacht temperiert und gibt während des Tages die Energie gleichmäßig an den Raum ab. Dadurch ist eine Verschiebung von Leistungsspitzen in der Erzeugung möglich, Wärme- und Kälteerzeuger können deutlich kleiner und damit kostengünstiger ausgelegt werden. Durch die „Wärmestrahlung“ von der Decke ergibt sich zudem ein sehr angenehmes Raumklima, gleichzeitig ist das System für den Mieter unsichtbar und verursacht keine Geräusche.

 

Konditionierung der BTA

Da die gesamte Speichermasse der Betondecken aktiviert wird, zeichnet sich das System auch durch eine entsprechende Trägheit aus. Heiz- oder Kühlvorgänge, welche aufgrund der aktuellen Bedürfnisse entsprechend geschaltet werden, werden erst in den nächsten zehn bis zwölf Stunden in den Räumen spürbar. Diese Eigenschaft macht eine passgenaue Konditionierung des Betons während der Übergangszeit im Frühjahr und Herbst besonders schwierig und ohne die Nutzung von Wettervorhersagedaten unmöglich. Da das System träge ist und nicht individuell geregelt werden kann, sind in den Büroräumen neben der mechanischen Lüftung auch Umluftheiz- und -kühlgeräte installiert, mit denen der Nutzer jederzeit die Möglichkeit hat, die Raumtemperatur individuell anzupassen. Die Folge davon kann jedoch auch sein, dass diese sekundären Raumklimasysteme teilweise gegen die BTA arbeiten und es so unter Umständen zu einem erhöhten Energieverbrauch kommen kann. Besonders in Zeiten wechselnder Wetterverhältnisse macht sich dieser Effekt bemerkbar. „Wir haben uns daher bemüht, eine Lösung zu finden, bei der die schnellen Heiz- und Kühlsysteme nicht mehr so häufig zum Einsatz kommen müssen, weil die Bauteilkonditionierung selbst passgenau konditioniert und damit kaum mehr eine Anpassung notwendig ist“, so der Experte weiter. 

Aufgrund der Trägheit der BTA musste hierfür eine neue Regelstrategie entwickelt werden, die es erlaubt, die Decken „vorausschauend“ zu konditionieren. „Ziel der Regulierung ist es, je nach Notwendigkeit, die Betondecken entweder möglichst kühl zu halten, um Wärme aus den Räumen aufnehmen zu können, oder sie warm zu halten, um Wärme an die Räume abgeben zu können“, so Reiser. Dazu müssen verschiedene Einflüsse auf das System berücksichtigt werden, darunter interne Lasten wie Geräte oder Personen und externe Lasten wie solare Wärmegewinne oder Transmissionswärmegewinne beziehungsweise -verluste. „Die Konditionierung der Decken erfolgt grundsätzlich während der vorherigen Nacht“, erläutert Reiser. „Die internen Lasten sind während der Arbeitszeit der Angestellten weitgehend konstant, zur Bestimmung der externen Lasten werden Wetterprognosedaten herangezogen.“   

Die vom Gebäudeautomationssystem genutzten Wetterdaten werden von einem schweizer Wetterdienst bezogen und auf einem zentralen Meteo-Server zwischengelagert. Der Server sichert die Zuverlässigkeit des Informationsflusses, erlaubt eine zentrale Kontrolle der Daten und gibt diese in der benötigten Struktur an die Regelung im jeweiligen Gebäude weiter. Sollte es tatsächlich zu einem Ausfall der Internetverbindung kommen, so erfolgt die Regelung über die bisher bekannten Standard-Regelungsstrategien ohne die Verwendung der Wettervorhersagedaten. Die technische Infrastruktur zur Nutzung der Daten wurde bereits vor etlichen Jahren geschaffen und hat sich bewährt.

 

Wetterdatengesteuerte Regelung der Betonkerntemperierung

Der beauftragte Wetterdienst liefert für den Standort München jeden Abend eine 48-Stunden-Wetterprognose. Besonders wichtig sind dabei Mindest-, Maximal- und Mitteltemperatur der Außenluft sowie die zu erwartende Sonneneinstrahlung. Zwischen 20.00 und 21.00 Uhr werden diese online bereitgestellten Prognosedaten vom System abgerufen und damit die geeignete Betontemperatur für den Folgetag berechnet. Die Betonflächen werden dann bis 6.00 Uhr des nächsten Tages konditioniert. Die Vorlauftemperatur bleibt dabei über den gesamten Zeitraum konstant. Um 7.00 Uhr wird die Wettervorhersage noch einmal überprüft und die Raumtemperatur von da an alle 60 Minuten einer periodischen Kontrolle unterzogen. Sollte die mittlere und minimale Raumtemperatur zu sehr von den Sollwerten abweichen, werden die thermoaktiven Bauteile nachkonditioniert. Im Idealfall sind die Einstellungen auf Basis der Wetterprognosedaten so genau, dass mit den flinken Kühl- und Heizsyste­men kaum mehr Änderungen am Raumklima vorgenommen werden müssen.  

Die Wettervorhersage-Regelung der Betonkerntemperierung, die sogenannte Wetterfrosch-Regelung, wurde im Rahmen eines Testprojektes Ende 2011 in ausgewählten Etagen eingeführt und über beinahe zwei Jahre hinweg mit den darüber liegenden Etagen verglichen. Da sämtliche Etagen von demselben Mieter genutzt werden, sind die Voraussetzungen ideal, um den Erfolg der Regelung zu überprüfen. „Als uns diese Anwendung erstmals vorgestellt wurde, waren wir sofort begeistert. Das Projekt verdeutlicht genau den Anspruch des Objekts und seiner Eigentümer, stetig nach Verbesserungen zu suchen und neue, intelligente Technologien zu nutzen, um die Bewirtschaftung effizient zu gestalten und den größtmöglichen Komfort für die Mieter zu bieten“, erläutert Andreas Büttner, Geschäftsführer bei der SachsenFonds Gruppe, Mitglied der KanAm Gruppe und Eigentümervertreter der HighLight Towers. „Gleichzeitig war es für uns im Rahmen dieses Vorhabens entscheidend, dass die Medienverbräuche genau aufgezeichnet, gezielt ausgewertet und detailliert berichtet wurden.“

Eine besondere Herausforderung bei diesem Projekt war, dass die BTA in diesem Gebäude nur in die Bereiche Nord und Süd unterteilt ist und sich jeder Regelkreis über fünf Etagen erstreckt. „Wir mussten eine Parametereinstellung finden, die sowohl den unterschiedlichen Anforderungen der Ost-West-Bereiche als auch den individuellen Sollwerten der einzelnen Etagen gerecht wird“, so Reiser. Dies konnte in der langen Testphase durch eine stete Überprüfung der Raumtemperaturen realisiert werden.

 

Mehr Komfort und geringerer
Energieverbrauch

Durch die neue Strategie ließen sich zudem durch die Konvektoren bedingte Symptome wie Zugluft und Geräuschentwicklung weiter reduzieren. „Wenn der Betonkern am Vortag passgenau konditioniert wurde, kann der Einsatz der Umluftkonvektoren reduziert werden und teilweise sogar entfallen“, erläutert Reiser. Gleichzeitig sank auch der Energieverbrauch deutlich, wie die kontinuierliche Analyse des Betriebs der neuen Regelungsstrategie zeigt: „Wir haben beispielsweise im Zeitraum von Januar bis Dezember 2012 den Energieverbrauch der Etagen 16 bis 20, die mit dem Wetterfrosch ausgerüstet sind, mit dem Energieverbrauch in den Etagen 21 bis 25, die eine Standard-Regelung haben, verglichen“, so der Experte. Mit der Wetterfrosch-Regelung konnte der Wärme- und Kälteverbrauch der fünf Etagen auf Anhieb um 12,1 % reduziert werden. Die Einsparung an elektrischer Energie durch den reduzierten Ventilatorbetrieb der Umluftkonvektoren und der  Umwälzpumpen ist darin nicht enthalten. Mit einer Amortisationszeit von nur knapp einem Jahr konnte so die Energiebilanz des Gebäudes deutlich verbessert werden.

Außer der Änderung der Regelstrategie sind keine weitergehenden Eingriffe in das Gesamtkonzept notwendig, da sich die Reduzierung der notwendigen Heiz- beziehungsweise Kühlleistung durch die Konvektoren quasi automatisch ergibt, sobald über die Betonkernaktivierung der optimale Energieeintrag stattfindet. Auch Wartungsaufwand und Verschleiß nahmen im Analysezeitraum nicht zu. „Bei den Umluftkonvektoren erwarten wir sogar weniger Verschleiß an Ventilatoren sowie Ventilen und dadurch einen geringeren Aufwand für ihre Instandsetzung“, so Büttner. Da das Testprojekt so erfolgreich war, wurden bis Oktober 2013 alle Etagen in Bauteil 1 und 2 der HighLight Towers mit der Wetterfrosch-Regelung nachgerüstet. „Unsere Erfahrungen mit dem ‚Wetterfrosch‘ sind sehr positiv, besonders hinsichtlich der deutlichen Einsparpotenziale“, bestätigt Büttner. „Für Betreiber, die Wert auf eine effiziente und nachhaltige Bewirtschaftung und gleichzeitige Förderung der Behaglichkeit legen, stellt diese Anwendung eine gute Möglichkeit dar, die vorhandene Betonkernaktivierung noch besser zu nutzen.“

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