FACILITY MANAGEMENT im Interview mit Udo Jung

„Nachhaltigkeit ist die DNA unseres Unternehmens“

Die Corona-Pandemie das alles beherrschende Thema in diesem Jahr. Da geraten Klimakrise und Nachhaltigkeit schnell in Vergessenheit. Doch nachhaltiges Handeln lohnt besonders jetzt. Das weiß auch Udo Jung, Geschäftsführer Vertrieb, Technik und Produktion der Trox GmbH: „denn gerade Unternehmen der Klima- und Lüftungsbranche werden durch die Pandemie weiter an Bedeutung gewinnen, denn die derzeitige Situation führt zu einem weltweit zunehmenden Bedarf an ‚guter Luft‘- und das nicht nur ­
bei Gebäuden im Gesundheitswesen. Die Redaktion im Gespräch über nachhaltiges Handeln in einem global agierenden Konzern.

„Nachhaltig zu handeln, ist nicht nur ethisch geboten, es lohnt sich auch in vielfältiger Hinsicht, gerade für Unternehmen“, so heißt es im Trox Nachhaltigkeitsreport 2019. Was hat Sie dazu gebracht, sich dem Thema Nachhaltigkeit zu widmen?

Udo Jung: Einzelne Aspekte der Nachhaltigkeit spielten bei Trox seit langem eine wichtige Rolle. Ein guter Gesprächspartner und zusätzlicher Impulsgeber in diesem Zusammenhang ist auch unser Stiftungsrat in der Heinz Trox-Stiftung. Zum Thema Nachhaltigkeit verfügt Trox über hohe Kompetenz, auch auf der Ebene der Eigentümerin Stiftung: der Vorsitzende des Stiftungsrats, Prof. Dr. Hans Fleisch, ist seit Jahrzehnten im Themenfeld Sustainability auch international tätig, und auch durch Marlehn Thieme, die seit 2019 Stiftungsratsmitglied ist und 15 Jahre lang im Rat für Nachhaltige Entwicklung tätig war – von 2015 bis 2020 sogar als dessen Vorsitzende. Als Techniker hatten wir bei Nachhaltigkeit zuvor meist nur an eine Optimierung unserer Anlagentechnik gedacht, an Energie- und Wasserverbrauch. Wenn man sich aber intensiver mit dem Thema beschäftigt, dann stellt man fest, dass man viel weiterdenken muss und dass Nachhaltigkeit die DNA eines Unternehmens sein muss. Dafür reicht es nicht aus, einfach nur einen Nachhaltigkeitsreport zu verfassen und es dabei zu belassen. Als Unternehmen umfassend Nachhaltigkeit zum Leitprinzip des Agierens zu machen, ist ein steter und langfristiger Prozess, den wir Jahr für Jahr mit neuen Schritten und Maßnahmen ein Stück voranbringen. Das Thema wird uns über Jahrzehnte begleiten – es ist keine Aufgabe für irgendwann einmal in der Zukunft und sie geht auch nie vorbei. Man muss jetzt anfangen!

Ist das Thema Nachhaltig­keit etwas, das von der Führungs­mannschaft und der Belegschaft bei Trox gleichermaßen gelebt und umgesetzt wird?


Jung: Trox gehört zu 100 % der Heinz Trox-Stiftung. Und eine stiftungsgeführte Firma ist aus meiner Sicht die nachhaltigste Unternehmensstruktur, die man sich denken kann. Was meine ich damit? Sämtliche Gewinne kommen entweder – im Rahmen der vielfältigen Stiftungsaktivitäten – der Allgemeinheit, und damit indirekt auch der Belegschaft, zugute oder sie werden wieder in das Unternehmen investiert, um es noch nachhaltiger zu machen und noch sicherer im Markt zu positionieren. Die Stiftung als Inhaber des Unternehmens ist nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern auf den langfristigen Bestand der Firma Trox. Das war Heinz Trox ganz wichtig, als er die Stiftung gegründet hat. Man kann es auch so formulieren, dass Trox eigentlich keinem privat an eigennützigen Vorteilen Interessierten gehört. Und von daher kann man gar keine Trennlinie zwischen Führungsmannschaft und Belegschaft ziehen, was die Bereitschaft zu nachhaltigem Handeln und Denken betrifft. Der Weg hin zu einem klimaneutralen Unternehmen wird nur gelingen, wenn sich jeder der weltweit 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Trox beteiligt.

Sind die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit auf die Unternehmensgrenzen beschränkt oder setzen Sie als Firma auch Impulse darüber hinaus – in der TGA-Branche, der Politik, in Verbänden und bei Ihren Kunden?

Jung:  Die Themen, mit denen wir uns in der TGA-Branche beschäftigen, sind in der Regel sehr komplex und selbstverständlich technisch. Das liegt in der Natur der Sache. Wir haben eine Fülle an Normen und Richtlinien, die von komplizierten technischen Zusammenhängen geprägt sind, die der Allgemeinheit jedoch nicht verständlich sind. Wenn man sich aber außerhalb des TGA-Dunstkreises – in der Politik, bei anderen Verbänden, bei NGOs, aber auch bei unseren Kunden – Gehör verschaffen und verstanden werden möchte, muss man eine andere Sprache sprechen und die Lösungen ansprechend vorbereiten. Deshalb haben wir uns in der Verbandslandschaft neu aufgestellt. Trox bringt sich hier aktiv ein, z. B. beim VDI, VDMA, FLT und FGK. Uns ist es wichtig, dass wir eben nicht nur (aber auch) über Technik reden und diskutieren, sondern gemeinsam weiter am Thema Nachhaltigkeit arbeiten. ­
Im Übrigen sind wir in der TGA viel besser als unser Ruf. Nachhaltigkeit, ­Klimawandel, Gesundheit und Umweltschutz sind Bereiche, in denen wir wirklich punkten können.

Und die Corona-Pandemie führt – zumindest, was die Klima- und Lüftungstechnik betrifft – zu einem weiteren Umdenken bei Politikern und bei der Allgemeinheit. Wir, und damit meine ich nicht nur Trox, können dazu beitragen, dass man sich trotz Corona in einem Gebäude sicher fühlen kann. Die Betreiber von Restaurants oder Bürogebäuden ohne Lüftungsanlage werden zukünftig Schwierigkeiten haben. Aber überall dort, wo man einen guten Luftaustausch hat, wo man mit hohem Außenluftanteil fährt und so die Anzahl der Aerosole verringert werden kann, kann man das Risiko einer Infektion ­erheblich reduzieren. Die bekannten ­Aspekte wie Steigerung des Komforts, der Leistungsfähigkeit, weitere Gesundheitsaspekte etc. beim Einsatz einer Klima- bzw. Lüftungsanlage kommen dann noch hinzu.

Trox hat das ehrgeizige Ziel, bis 2040 ein klimaneutrales Unternehmen zu werden. Mit welchen Maßnahmen kann das gelingen?

Jung: Trox hat mit Bezug auf die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die weltweit ein menschenwürdigeres Leben unter Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen ermöglichen sollen, sechs strategische Aktionsfelder definiert: Produkte, Produktion, Mobi­lität, Infrastruktur, Soziales und Öffentlichkeitsarbeit. Diese finden Sie auch im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht. Jetzt sind wir dabei, für jeden Bereich konkrete Zielsetzungen und die entsprechenden Maßnahmen zur Erreichung der Ziele weiter auszubauen. Dann muss das Ganze noch mehr mit Leben gefüllt werden; wobei ich betonen will, dass Nachhaltigkeit ein Prozess ist, der einem ständigen Wandel unterliegt. Man könnte ja auch alles so lassen wie bisher und unseren CO2-Ausstoß durch Kompensationsmaßnahmen ausgleichen, z. B. durch die Finanzierung von Aufforstungsprojekten im Regenwald. Ich möchte solche Maßnahmen nicht schlechtreden, aber unser Weg ist das nicht. Wir suchen nach nachhaltigen Stellschrauben, mit deren Hilfe wir Trox noch klimafreundlicher werden lassen können.

Und woran können Sie dann festmachen, ob Sie die angestrebte CO2-Neutralität erreicht haben?

Jung:  Es ist wirklich keine leichte Aufgabe festzustellen, wie hoch der CO2-Ausstoß eines Unternehmens tatsächlich ist. Wir haben uns aber der Aufgabe gestellt und sind derzeit dabei, ein entsprechendes Zahlenwerk zu erstellen. Wie weitreichend das Thema aber ist, soll ein Beispiel zeigen. Wie würden Sie z. B. die CO2-Bilanz für den Einstellungsprozess eines neuen Mitarbeiters bemessen? Es gibt Vorstellungsgespräche, die mit Reisen verbunden sind. Der scheidende Mitarbeiter räumt sein Büro, der neue zieht ein usw. Eine hohe Fluktuation in der Belegschaft ist also auch aus dieser Sicht ein Thema.

Wo liegen bei Ihren Produktwelten noch Effizienzsteigerungspotentiale, die man mit künftigen Produktentwicklungen heben kann und wo sind sie bereits ausgereizt?

Jung: Ich glaube, dass die Optimierungspotentiale der einzelnen Komponenten in vielen Fällen schon ziemlich ausgeschöpft sind. Bei Produktneuheiten sind also insofern keine übergroßen Sprünge mehr zu erwarten. Man sollte das Augenmerk daher verstärkt auf zwei Aspekte legen: zum einen den Austausch ineffizienter Anlagentechnik, die bereits vor Jahren oder Jahrzehnten verbaut wurde, durch moderne Komponenten. Hier möchte ich als Beispiel die Kampagne „Ventilatortausch macht’s effizient“ nennen. Zum anderen aber ist der Systemgedanke entscheidend – hier liegt bei Neuanlagen der Hebel. Wenn Komponenten, Gebäudeleittechnik und das Zentralgerät aufeinander abgestimmt, als System entwickelt und eingesetzt werden, dann kann die TGA wirklich nachhaltig werden. Und hierzu ist Trox mit seinem Produktportfolio in der Lage. Die bekannten Schnittstellenprobleme lassen sich deutlich reduzieren, wenn alles aus einer Hand kommt.

Beispielsweise kann man durch den ­Einsatz unseres neuen „RadioDuct“-Systems, einer funkbasierten Regelung für raumlufttechnische Anlagen, die insbesondere in Bestandsgebäuden leicht nachzurüsten ist und selbst dort eingesetzt werden kann, wo Kabelverbindungen unmöglich oder nicht wirtschaftlich sind, unzeitgemäße Systeme unter Nachhaltigkeitsaspekten erneuern. Mit „Radio­Duct“ können vorhandene Lüftungsleitungen weiterhin genutzt werden und bestehende Einbauten und ­Möblierungen können erhalten bleiben. Bedarfsorientierte Regeltechnik führt nachweislich zu hohen Energieeinsparungen. Um durchschnittlich 30 % kann der Energieaufwand für Lüftung und Klimatisierung eines Gebäudes mithilfe moderner Systeme reduziert werden und viele Gebäude, die bislang gar keine oder nur eine veraltete Klima- und Lüftungstechnik besaßen, können so nachgerüstet und klimafreundlicher betrieben werden. Letztlich ist das ein sehr nachhaltiger Schritt, bei dem der Energie­verbrauch gesenkt und Ressourcen geschont werden können.

Dabei hört Nachhaltigkeit für uns nicht nach der Lieferung eines Produktes auf. Betrachtet man den Lebenszyklus eines Gebäudes, spielen auch Wartung und Funktionserhalt eine große Rolle. Hier möchte ich ein Beispiel nennen: Zustandsabhängige Wartung von Entrauchungsventilatoren, das heißt zeit­intensiver und teurer Austausch von Komponenten nur, wenn es auch wirklich nötig ist – also nicht zeit-, sondern zustandsabhängig.

Unser Serviceteam der Trox HGI GmbH verfügt mittlerweile über die Möglichkeit, sich digital oder per Fernwartung auf die jeweilige Anlage aufzuschalten. Auch dadurch werden einerseits wertvolle Ressourcen geschont – letztlich aber auch der Geldbeutel unserer Kunden.

Ein anderer Aspekt ist in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig. Wir dürfen nicht immer nur über die Energieeffizienz eines Produkts reden. Mindestens genauso wichtig ist die Schonung von Ressourcen. Jedes Produkt – und sei es noch so effizient – muss produziert werden. Und hierfür werden in nicht unerheblichem Maße Energie und Rohstoffe benötigt.

Das gilt natürlich überall auf der Welt. Aber man muss regional differenzieren. In Deutschland und Teilen Europas sind wir schon sehr weit, was den Einsatz und Herstellung energieeffizienter Produkte betrifft. In vielen Regionen der Welt sieht das aber noch ganz anders aus.

Zum Thema Nachhaltigkeit passen auch unzählige Tools und LifeCycle Rechner, die bei der Auswahl von Komponenten- und Systemen entsprechend Hilfestellung leisten können. Auch hier ein Beispiel: Im Bereich Filter haben wir ein spezielles Web-Tool entwickelt, mit dem Kunden nach Eingabe ihrer individuellen Nutzungsdaten die Möglichkeit haben, den Filter zu wählen, welcher vergleichend mit anderen Filtern die höchste Energieeffizienz aufweist. Die anfallenden Investitions-, Energie-, Wartungs- und Entsorgungskosten werden durch die eingesparten Energiekosten deutlich überkompensiert.

 

Werfen wir doch einmal einen Blick in die Werke von Trox. Produzieren Sie heute schon nachhaltig und umweltschonend?

Udo Jung: Ein wichtiger Faktor hierbei ist die Lage der Werke. Wir sind weltweit gut aufgestellt mit unseren Produktionsstätten und sind dadurch nah an unseren Märkten. Auf diese Weise reduzieren wir nicht nur unsere Logistikkosten, sondern auch den CO2-Ausstoß für den sonst erforderlichen längeren Transport. Dann stellen wir beispielsweise derzeit, wo immer es möglich ist, auf wiederverwertbares Verpackungsmaterial um.

Der Aspekt der Ressourcenschonung gilt auch für unsere Produktion. Wir legen größten Wert auf eine hohe Qualität unserer Produkte und der eingesetzten Materialien. Dadurch sind sie langlebig und teilweise jahrzehntelang im Einsatz. Und wenn eine Anlage oder Komponente ewig hält, schont das die Umwelt, weil der Ressourcen- und Energieeinsatz für die Produktion eines neuen Geräts zwar nicht verhindert, aber immerhin hinausgezögert werden kann. Wegwerfprodukte oder Anlagen, die man nicht mehr reparieren kann, sind mir ein Gräuel.

Auch bei unseren Lieferanten schauen wir auf deren Produktionsweise und haben mit ihnen einen sogenannten „Code of conduct“ vereinbart. Das wird auch von uns überprüft und wir schauen uns deren Werke genau an. Wenn sie nicht „sauber“ arbeiten, und das bezieht sich nicht nur auf Materialien und Umweltaspekte, sondern auch auf Gesetzesübertretungen, Korruption etc., werden sie ausgelistet. Aber das ist die absolute Ausnahme. Wir wählen unsere Lieferanten sorgfältig aus und pflegen sehr langfristige Beziehungen, was letztlich auch unseren Kunden zugutekommt, weil Qualität und Lieferzeiten stimmen.

Trox

ist führend in der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Komponenten, Geräten und Systemen zur Belüftung und Klimatisierung von Räumen. Mit 31 Tochtergesellschaften in 29 Ländern auf fünf Kontinenten, 16 Produktionsstätten und weiteren Importeuren und Vertretungen ist das Unternehmen in über 70 Ländern vor Ort. Aktuell erwirtschaftet die Trox Group weltweit mit rund 4.000 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 530 Mio. €.

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