Erfolgreiches Fachforum Gebäudesicherheit in Hamburg

Digitalisierung schafft Effizienz

Sicherheit 4.0 – das traf den Kern des 1. FACILITY MANAGEMENT Fachforums Gebäudesicherheit gut. Das Forum bot vielfältige Themen von Betreiberverantwortung über Brandschutz, elektronische Schließsysteme bis Vernetzung und Digitalisierung von Sicherheitssystemen in Gebäuden. Neben hochkarätigen Vorträge trug sicherlich auch die Spielstätte des Hamburger Traditionsclubs FC St. Pauli als Austragungsort zum Erfolg bei.

„Die positive Resonanz auf unser erstes Fachforum überhaupt freut mich sehr“, resümiert Chefredakteur Achim Roggendorf. „Rund 80 Teilnehmer sind für die Premiere eines solchen Formats ein wirklich guter Wert.“  Und die Keynote von Dr. Peter Hug gab gleich zu Beginn der Tagesveranstaltung die Richtung vor: „Der Übergang von der klassischen zur digitalen Sicherheit ist die Herausforderung für die Zukunft“, sagte der Geschäftsführer des Fachverbandes Automation + Management für Haus + Gebäude im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA. Ziel in der Gebäudetechnik sei, frühzeitig Gefahren zu erkennen und ­sicher zu evaluieren, um Sachwerte, Software, Daten, Firmengeheimnisse, Prozesse und allerhand mehr zu schützen.

„Die Vernetzung von Sicherheitssystemen ist nötig, um effizient zu arbeiten, um Daten zu generieren und den Komfort zu verbessern“, erläuterte Hug und verwies auf Building Information Modeling BIM als den digitalen Zwilling eines Gebäudes. „In BIM lassen sich Simulationen auch mit Blick auf die Sicherheitstechnik umsetzen“, so Hug. Das gelte für Zutrittskontrolle wie Perimeterschutz, Einbruchmeldeanlagen, aber auch Evakuierungen und Indoor Positioning – wer befindet sich wo? „Diese Frage kann in einem Museum zum Beispiel ­eine Museums-App beantworten, die Besuchern Informationen zu Exponaten liefert und zugleich dem System meldet, an welcher Vitrine gerade jemand steht“, erläutert Hug das Verfahren, das bei der Entfluchtung hilft.

Schließsysteme werden universell

Türen auf ohne umfangreiche Verkabelung, aber mit vollem Überblick? Das leisten moderne Schließsysteme, wie sie Martin Zantes, Verkaufsleiter der CES-Group, und Axel Schmidt, Geschäftsführer von Salto Systems, vorstellten. Schmidt illustrierte die Vielfalt der Möglichkeiten mit zwei Beispielen aus der Praxis: Das Evangelische Krankenhaus Mühlheim mit 1400 Mitarbeitern und über 2000 Zutrittspunkten hat elektro­nische Schließzylinder in fast alles inte­griert, was zu verschließen ist: automa­tischen Türsysteme, Glastüren, Brandschutztüren, Fluchtwegtüren, Patientenschränken, Personalspinden, selbst mobile Arzneimittelwagen sind mit RFID-Chips bestückt und lassen sich mit autorisierten Transpondern öffnen. 

Die elektronischen Helfer bieten viele Vorteil: Ärzte brauchen zum Beispiel nur einen Transponder, um ihre drei Spinde für Straßen-, Behandlung- und OP-Kleidung zu öffnen. Und mit der Protokoll-Funktion der Systeme lässt sich überprüfen, ob und wann Dienstleister die Arzneimittelwagen mit neuen Verbänden und Medikamenten befüllt haben, die sie abrechnen wollen.

Dass elektronische Schließsysteme auch in historischen Gebäuden unter Aspekten des Denkmalschutzes realisierbar sind, zeigte Beispiel zwei: die Universität Greifswald. RFID-Leser in Messing-Optik, Einbau-Leser für historische Türen – die Anforderungen waren hoch, die Lösungen flexibel.

An das Hauptsystem übertragen werden die Daten über vernetzte Wandleser, über die auch Neuprogrammierung, ­Aktualisierung, Berechtigungsänderungen, Reservierungen für Besprechungsräume und anderes mehr läuft. „Turnschuh-Administration entfällt“, meinte Schmidt launig. Wobei damit nur gemeint war, dass niemand speziell für die Verteilung herangezogen werden muss, weil diese automatisch über die vielen Kartennutzer im Alltag geschieht – und neben Turnschuhen auch Arbeitsstiefel, Pumps oder Budapester zum Einsatz kommen.

Brandschutz und mehr

Dass Brandschutz ebenfalls mit elektronischen Schließsystemen vereinbar ist, erläuterte anschließend Martin Zantes, Verkaufsleiter Deutschland bei CES. „Wie bei Türblättern müssen wir mit jedem entsprechenden Zylinder einen Brandtest machen und dokumentieren, wie er sich im Brandfall verhalten würde“, erläutert er die Prüfpraxis. Dafür gibt es dann T90 zertifizierte Brandschutz-Elektronikzylinder und T120 zertifizierte Elektronik-Beschläge, die sich in neue wie bestehende Brandschutztüren inte­grieren lassen.

CES transportiert die Informationen ­seiner Elektronik-Zylinder übrigens online per Funk zum Server und zurück. Dafür nutzt der Hersteller das lizenzfreie 868 MHz-SRD-Band. In diesem Frequenzbereich sind hervorragende Reichweiten mit wenig Infrastruktur zu erzielen und durch die von der BNetzA geregelte Nutzung wenige Störungen zu erwarten. Zur optimalen Einrichtung einer Online-Anlage ist allerdings eine Projektierung von Fachleuten nötig. Das Fazit lautet darum: Die Installation eines Schließsystems braucht eine ausführliche Beratung.

Entrauchen im Detail

Sozusagen heiß her ging es im Beitrag von Michael Buschmann, Leiter Brandschutz und Entrauchungssysteme bei Trox. Buschmann führte sehr praxisnah in das Thema Entrauchung ein und machte anschaulich, welche Methoden für welchen Zweck besonders geeignet sind. Wenn möglich, ist natürlich Rauchfreihaltung perfekt, für Flucht- und Rettungswege ist sie sogar elementar. Das gilt insbesondere für Treppenhäuser. „Hier erzeugen die Systeme einen Überdruck von 0,75 bis 2 bar, der den Rauch bei geöffneten Türen zurück in die Flure der Brandetage drückt“, erläuterte Buschmann. Auch Rauchabführung ist eine gute Lösung: Auf der einen Seite Frischluft zuführen und den Rauch mittels Turbolüftern mit Schwung auf der anderen Seite ins Freie pusten. Das kann beispielsweise in Parkhäusern helfen, damit Feuerwehr und Rettungskräften ungehindert zum Brandherd gelangen können. Dritte Option ist die Rauchverdünnung. Sie ist dann wichtig, wenn noch Menschen die verrauchten Bereiche verlassen müssen, der Rauch aber nicht ohne weiteres abgeführt werden kann. Lässt der Raum genug Platz nach oben, ist auch Rauchschichtung möglich. Dieses Verfahren ist beispielsweise für Lager- und Fertigungshallen geeignet. Hierbei wird der Rauch durch Luftzufuhr vom Boden nach oben geschoben, Fluchtwege werden nutzbar.

Dass bei der Entrauchung oft auch Frischluft zum Brandherd transportiert wird, ist nicht wesentlich: „Letztlich geht es nur um die ersten Minuten, um die Zeitspanne, bis die Rettungskräfte eintreffen, und vor allem geht es darum, Personenschäden zu vermeiden“, betonte Buschmann.

Sonderbrandmeldetechnik

Ein Heimspiel im Millerntor-Stadion hatte Thomas Fethke, Vertriebsleiter Hamburg bei Securiton. Er brachte dem Auditorium das Thema Sonderbrandmeldetechnik anhand einiger Praxisbeispiele näher. Ob Detektion von Rauch, Wärme oder Flamme: „Auch ein Brandsensor für schwierige Umgebungsbedingungen muss auf Basis gesetzlicher ­Vorgaben arbeiten, die DIN 14675 ist einzuhalten“, umriss Fethke in seinem Vortrag. Produkte für diverse Sonderfälle präsentierte er im Kontext: Ansaugmelder für Serverschränke und Aufzugschächte, Temperatursensorkabel für Tunnel, Fertigungsstraßen und Förderanlagen oder Flammenmelder auf Raffineriegeländen und Tankanlagen, alles war fotografisch dokumentiert und wurde kurz erläutert.

Feuerwehr vor Ort...

Wie Brandmeldung und -bekämpfung in der Praxis ausschaut, erläuterte Martin Siebert Leiter Werkssicherheit im Chemiepark Infraserv Gendorf. Gemeinsam mit Prof. Henning Balck, Geschäftsführer von Balck + Partner, entwickelt er derzeit ein System, mit dem Meldetechnik losgelöst von gesetzlichen Vorgaben und Normierungen an Realbedingungen orientiert geprüft, gewartet und getauscht werden kann. Damit Haftungsrisiken für den Chemiepark ausgeschlossen sind und weiterhin Versicherungsschutz besteht, werden aktuell Abstimmungsgespräche mit Behörden wie dem Versicherer geführt. Prinzipiell sollte es klappen: „Vorreiter ist hier Merck, die schon mit flexiblen Intervallen prüfen“, sagte Siebert. Dazu hat In­fraserv Gendorf eine Werksfeuerwehr, deren schnelle Eingriffszeiten mögliche Brandschäden erheblich minimiert. Und es gibt ein Konzept, das über kumulierte Daten schon im Vorfeld Transparenz für die individuelle Situation schaffen soll.

...und Daten im Gepäck

Diese Transparenz erarbeitet Prof. Henning Balck. „Die Detektionssicherheit eines Brandes ist mit den einzelnen Techniken Rauch-, Wärme-, CO- oder Flammenmelder nicht ausreichend hoch und damit sicher“, erklärt der Forscher. Sein Ziel ist, die Melder zu integrieren und die Meldegüte zu verbessern.

Um der individuellen Standort-Situation jedes Melders gerecht werden zu können, müssen kontinuierlich Daten kumuliert und analysiert werden. Aus der wachsenden Informationsbasis lassen sich zunehmend präzise Aussagen treffen, über mögliche Brandrisiken ebenso wie über anstehende Ausfälle der Melde-Hardware. Das schlüge zwei Fliegen mit einer Klappe und würde nebenbei das Prüfsystem auf den Kopf stellen – oder auf die Füße, wenn man es betriebswirtschaftlich betrachtet.

Stadien im Stadion

Den Abschluss-Vortrag hielt Tim Hupe, Architekt der Allianz-Arena in München und von fünf Stadien der kommenden Fußball-WM in Russland. Er leitete mit munteren Anekdoten kurzweilig aus dem informativen Tag über ­zu den Führungen durch das Millerntor-Stadion des FC St. Pauli mit exklusiven Einblicken hinter die Kulissen.

Wer die Premierenveranstaltung verpasst hat, sollte sich den 12. April 2018 vormerken: Dann findet das nächste Fachforum Gebäudesicherheit am Flughafen München statt.

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