Drees & Sommer: Europaweite FM-Trends

Drees & Sommer hat in einer umfassenden internationalen Marktstudie analysiert, wohin sich die FM-Branche in Europa bewegt. Unter die Lupe genommen wurden die entscheidenden sechs Grundpfeiler des FM: die Themen Betreiberverantwortung, Vergabe und Outsourcing, Lebenszykluskosten, Nachhaltigkeit, Human Resources und CAFM-Systeme. Dabei haben sowohl Dienstleister und Nutzer als auch Eigentümer und Betreiber Rede und Antwort gestanden. Grundlage war eine Befragung von rund 250 deutschen und europäischen Unternehmen zwischen April und Juli 2014. Ein Auszug der Studienergebnisse zeigt folgende Knackpunkte auf. Die erweiterten Studienergebnisse sind unter www.facilitymanagementconsulting.de abrufbar.

 

Stiefkind Betreiberverantwortung

Durch die Marktstudie wird deutlich, dass es beim Thema Betreiberverantwortung noch großen Nachholbedarf gibt: sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Dienstleisterseite. Über 80 % der Teilnehmer sehen die Gesamtverantwortung bei allen an der Immobilie Beteiligten – allen voran beim technischen Immobilienbetreiber – und nicht, wie klar definiert, beim Eigentümer der Immobilie. 25 % gehen davon aus, dass die interne Immobilienabteilung und somit der Eigentümer keine Betreiberverantwortung hat. Ein erheblicher Prozentsatz sieht den Mieter oder den Property Manager in der Verantwortung. Trotzdem erachten über 53 % der Befragten ihre Pflichten hinsichtlich der Betreiberverantwortung als erfüllt. Überwiegend wird die Delegation der Betreiberverantwortung über das Dokumentieren und Definieren von Schnittstellen in Form von Mietverträgen, Dienstleisterverträgen und konkreten Arbeitsplatzbeschreibungen und Schnittstellen-definitionen der handelnden Parteien geregelt.

 

Erfahrene Fach- und Führungskräfte sind Mangelware

Frisch von der Hochschule kommen die neuen Mitarbeiter der meisten Teilnehmer. Dies lässt Rückschlusse darauf zu, dass der Markt derzeit nicht in erforderlichem Maße erfahrene FM-Experten mit fundierter Ausbildung bereithält. Dafür spricht auch, dass sich immer-hin fast 70 % der Befragten neue Mitarbeiter von der Auftraggeberseite her erschließen, über 60 % via Berater. Der Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte ist demzufolge in vollem Gange. Fachkräfte aus dem Ausland spielen hier mittlerweile auch eine Rolle: 30 % der Befragten greifen darauf zurück. Mitarbeiter mit technischem Hintergrund oder Führungspersönlichkeiten, die Teams oder komplexe Themen und Projekt verantworten, scheinen derzeit Mangelware zu sein. Bei der Mitarbeitergewinnung sind das persönliche Netzwerk und eigene Kontakte die wichtigsten Instrumente der Personalsuche, neben den üblichen Recruiting-Plattformen wie etwa Monster.

 

Nach wie vor herrscht Skepsis gegenüber Outsourcing

Die Marktstudie zeigt deutlich, dass sich Zusammenarbeitsmodelle bei Flächenportfolios im nationalen oder internationalen Kontext nur langsam konzeptionell und strategisch weiter entwickeln. Noch immer ist die Einzel- bzw. losweise Vergabe die gängige Herangehensweise – bei nahezu 40 % der Befragten ist dies der Status Quo. Gebündelte Paketvergaben, etwa für Reinigung, Sicherheit, Wartung und Catering, oder gebündelte Infrastrukturelle Gebäudemanagement- beziehungsweise Technische Gebäudemanagement-Vergaben sind jeweils bei rund 15 % der Teilnehmer ein Thema. Eine Komplettvergabe, das heißt alle Services werden an einen Dienstleister vergeben, können aktuell derzeit nur 10 % angeben (hier wurden größere Portfolios bzw. Industriestandorte betrachtet, keine einzelnen Office-Objekte).

 

Durchgehendes CAFM oder Flickwerk aus Einzellösungen?

Hier wird deutlich, dass die CAFM-Systeme oft nur modular für einige wenige ausgewählte Themen eingesetzt werden – häufig mit einem technischen Schwerpunkt der Instandhaltungsplanung. In der Marktstudie hatten die Teilnehmer zudem die Möglichkeit, ein Freitextfeld mit der Art und Weise der Dokumentation beziehungsweise des Reportings auszufüllen. SAP und MS Office wurden hierbei häufig genannt, ein vollumfängliches Reporting aus einem Guss gibt es jedoch noch sehr selten. Meist greifen die Befragten auf ein Flick-werk aus einer Vielzahl von Systemen und händisch aufbereiteten Datenquellen zurück.

 

Gemischte Reaktionen beim Thema Nachhaltigkeit

Der FM-Markt für nachhaltige Betreibermodelle und -produkte befindet sich noch in der Entwicklungsphase – diese Ansicht teilten fast 94 % der Befragten. Hier ist enormer Handlungsbedarf gegeben. Gegen eine Zertifizierung spricht bei 63 % der Befragten eine veraltete oder nicht vorhandene Datenbasis. Zudem erachten 88 % das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen als zu gering. Gleichzeitig erkennen 65 % durchaus die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit für ihr Unternehmen. Zum Teil handeln sie auch danach, lassen aber aus den oben genannten Gründen nichts zertifizieren. Ansatzpunkte für einen nachhaltigen Immobilienbetrieb sehen die Befragten vor allem bei FM-Standards, einem Reporting- und Controllingsystem sowie einer Lifecycle-orientierten Instandhaltungsplanung. Doch wer kann Nachhaltigkeit tatsächlich in den Betrieb des Neubaus integrieren? Für 89 Prozent der Befragten ist die Antwort: der Facility-Management-Berater oder ein unabhängiger Consultant. Auch Fachplaner (85 %) und Architekten (80 %) werden in der Verantwortung gesehen. 69 Prozent antworteten auch beim Projekt-manager, dass dieser das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben könne.

Welche Bedeutung der Rohstoffmangel hat und damit einhergehend, welche Geschäfts-modelle sich daraus ergeben können, scheint in der FM-Welt noch nicht angekommen zu sein. Das Thema Cradle to Cradle ist lediglich 33 % der Befragten ein Begriff. In der Immobilienbranche ist der Gedanke generell noch relativ neu, sodass abzuwarten gilt, in welche Richtung sich das Thema die nächsten Monate entwickelt.


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