Lowtech-Konzept für moderne Büros der Stiftung Unionhilfswerk in Berlin

Nachhaltige Büroimmobilie

Nachhaltig sollte der Neubau sein und die Philosophie der Stiftung sichtbar machen. Das wünschte sich die in der freien Wohlfahrtspflege engagierte Stiftung Unionhilfswerk für ihren Verwaltungsneubau im Berliner Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg. Der Entwurf von Baumschlager Eberle Architekten Berlin setzte diese Anforderungen mit einem modernen Bürogebäude um, dass sich als prägnanter Baustein in die Umgebung einfügt und mit seinem innovativen Lowtech-Konzept Maßstäbe setzt. 

Ihren Entwurf für den neuen Hauptsitz der Stiftung Unionhilfswerk verstehen Baumschlager Eberle Architekten als moderne Interpretation der gründerzeitlichen Bauten im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

­Mit seinen fünf Geschossen orientiert sich der Verwaltungsneubau an der Traufhöhe der denkmalgeschützten Anlage des Tempelhofer Flughafens auf der gegenüberliegenden Straßenseite und schafft mit seiner schlichten Eleganz einen ruhigen Gegenpol zu dem städte­baulich heterogenen Umfeld.

Die Lochfassade ist geprägt durch eine klare Ordnung der stehenden Fensterformate mit vierseitig umlaufenden Faschen und tiefen Laibungen. Die Außenwände sind handwerklich verputzt und mit einer kreativen Besenstrichstruktur gestaltet. Ein Unterschnitt im Erdgeschoss betont den Eingangs­bereich und gibt dem Gebäude ein Gesicht.

 

Zukunftsweisende ­Begegnungswelt

In ihren Leitlinien legt die Stiftung einen hohen Wert auf die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und zeitgemäße Arbeitsbedingungen. Weg vom klassischen Einzelbüro hin, zur modernen und sozialen Begegnungswelt der Zukunft, war daher die Devise für die Planung. In dem 20 m tiefen Gebäude lassen sich alle Ebenen sowohl als Dreibund – mit Mittelzone für Kommunikationsinseln – wie auch als offenes Großraumbüro oder für alternative Büroformen nutzen. Jedes Geschoss hat einen eigenen Bereich für Teamarbeit. Im Erdgeschoss gibt es einen Konferenzbereich.

Ein zentrales Element des Büroneubaus bilden die zueinander versetzt angeordneten Licht-Innenhöfe. Sie schaffen räumliche Verbindungen über alle Geschosse hinweg und erlauben visuelle Begegnungen über die Arbeitswelt hinaus. Ihnen angegliedert sind die Besprechungsräume und Wartezonen für Besucher. Eine Dachterrasse dient als Erweiterung der Management-Lounge und kann von allen Mitarbeitern des Hauses genutzt werden.

 

Nachhaltig bauen

Für die Bauherrin war es wichtig, mit dem Bürogebäude einen nachhaltigen Begegnungsraum zu schaffen. So sollte der neue Hauptsitz der Stiftung einen positiven Beitrag zur Stadtstruktur leisten, Räume mit hoher Aufenthaltsqualität schaffen sowie schonend mit Ressourcen umgehen und würdevoll altern können. Baumschlager Eberle Architekten entwickelten dafür mit ihren Partnern ein Konzept, das bei größtmöglicher Behaglichkeit und besten Raumkonditionen mit möglichst wenig Technik auskommen und einen Gesamtprimärenergiebedarf von 100 kWh/m²a nicht übersteigen sollte. Dieser Zielwert wurde bei dem Neubau mit 62,1 kWh/m²a weit unterschritten. „Technische Systeme sind oft teuer, wartungsintensiv, erhöhen die Lebenszykluskosten und viele haben selbst einen hohen Energiebedarf“, erläutert Prof. Gerd Jäger von Baumschlager Eberle Architekten Berlin. Außerdem sollte ein möglichst hoher Eigenstromanteil aus regenerativen Energien produziert und die Baumaterialien auf ihre Umweltfreundlichkeit geprüft werden.

 

Lowtech-Konzept

Für das Lowtech-Konzept orientierten sich die Architekten auch an ihren Erfahrungen aus ihren sogenannten „2226“-Projekten. Nach dem Motto „Speichern statt dämmen“ sorgt hier eine hohe thermische Masse für eine beständige Temperaturstabilität zwischen 22 und 26 Grad Celsius. „Die Grundidee dabei ist, ein Haus für den menschlichen Komfort sinnvoll zu bauen und die Aufgabe nicht mit Technik, sondern architektonisch zu lösen,“ erklärt Jäger.

Das Bürogebäude der Stiftung Unionhilfswerk ist dank seiner kompakten Form und der hochwärmegedämmten Fassade hochgradig energieeffizient. Es entstehen wenig Energieverluste, weil der Flächenanteil der Glasflächen optimiert und gleichmäßig verteilt. Die Fenster sind raumhoch und tief an der Innenseite der Außenwand positioniert. Durch die so erreichte Eigenverschattung der Fassade kann auf zusätzliche Sonnenschutzmaßnahmen fast verzichtet werden, wobei innenliegende Folienrollos ergänzend den Blendschutz gewährleisten. Gleichzeitig sorgen die schrägen Laibungen für ausreichenden Lichteinfall. 

Die hohe Speicherwirkung von Wänden und Decken bewirkt, dass das Gebäude nur an wenigen Tagen des Jahres temperiert werden muss. Für diese Zeiten steht eine Fußbodenheizung zur Verfügung, die über eine reversible Wärmepumpe versorgt wird und daher auch kühlen kann. Außer in den Besprechungsräumen und Großraumbüros gibt es keine abgehängten Decken, um die Speichermassen zu erhöhen und auch für die Nachtauskühlung zu nutzen, die über die zentralen Lichthöfe aktiviert wird.  

 

Speicheroptimierte Außenwand

Für den monolithischen Wandaufbau der tragenden Außenwand wurde aus statischen Gründen der „Poroton Planziegel S10“ mit Mineralwollefüllung in einer Stärke von 42,5 cm verwendet. Dieser Ziegel ist ideal für mehrgeschossiges Bauen – mit Druckfestigkeitsklasse 12 und einer charakteristischen Mauerwerksdruckfestigkeit von 5,2 MN/m² erreicht er einen Spitzenwert für monolithische Wände. Um den Wärmeschutz zu erhöhen, ergänzten die Architekten die Konstruktion durch den Perlit verfüllten Ziegel Poroton-WDF, sodass ein 59 cm dicker, quasi monolithischer Wandaufbau mit einem U-Wert von 0,15 W(m²K) entstand. Die Konstruktion wurde außen mit einem hochwertigen, zweilagigen Edelputz und innen mit einem raumklimaausgleichenden Kalkputz ergänzt.

Die hohe speichernde Wirkung macht sich bemerkbar, wie Prof. Gerd Jäger weiß: „Die Speicherfähigkeit der Steine reicht bis zu drei Monaten. Wenn die Wand vom Spätherbst noch Wärme mitnehmen kann, reicht das bis in den Februar.“

 

 

 

 

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