Ein Positionspapier des RealFM

Digitalisierung im Facility und Real Estate Management

Gesellschaft, am Arbeitsplatz, bei Konsum und Kommunikation. Die fortschreitende Digitalisierung von Prozessen und Arbeitsabläufen beeinflusst bereits heute unser tägliches Handeln und Erleben, im privaten wie auch im beruflichen Umfeld. So etwa die Art unserer Kommunikation und der Funktionsweise unseres Wirtschaftens und Arbeitens.

Im Rahmen der Sharing Economy sind Vermittlungsprozesse bereits heute digitalisiert und bieten die Möglichkeit, Dienstleistungen online und über entsprechende Apps zu vermitteln. Angebote wie Uber als Ver­mittler für Fahrdienstleistungen, TaskRabbit bzw. Helpling als Vermittler für haushaltsnahe Dienstleistungen oder auch Airbnb als virtueller Marktplatz für die Buchung und Vermietung von Unterkünften zeigen, wie schnell und erfolgreich sich solche Geschäftsmodelle entwickeln können. Vergleichbares ist bereits bekannt aus den Bereichen Flug-, Hotel- bzw. Reisebuchungen oder auch bei Online-Bestellplattformen für Essen.

Auch im Bereich unserer Lebens- und Arbeitsmodelle verzeichnen wir einen stetigen Wandel der Erwerbsformen. So entstehen neue Arbeitswelten für ein zeitlich und örtlich flexibleres Arbeiten – „smart Working“. Diese Veränderungen bedingen jedoch auch unmittelbar flexiblere Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, Arbeitszeitguthaben, Heimarbeit und zahlreiche weitere variable Zeitplanungen. Parallel wird zum Teil das „traditionelle“ Arbeiten weiter durch digitalisierte Prozesse ersetzt werden, so z. B. durch den Einsatz von Sprachrobotern oder sogenannten Bots in der Serviceannahme.

Ebenfalls führen immer günstiger werdende Sensoren und Speicher zu einer deutlich weiteren Verbreitung und Interaktion mit unserer Umgebung. So werden neue vernetzte Anwendungen erzeugt und ersetzen bisher aufwändige Auswertungen, beispielsweise für die Verkehrsflussüberwachung aus den GPS-Daten von Fahrzeugen. Hierdurch wird in naher Zukunft das autonome Fahren Realität. Durch diese Erschließung von Massendaten werden Geschäftsabläufe und Entscheidungsprozesse optimiert und automatisiert – „smart Data“. Dies führt bis hin zur Abbildung ganzer Geschäftsmodelle in Cloud-Anwendungen, wie die Umsetzung von „virtuellen Banken“ zeigt. Diese Änderungen bedingen einen Wandel der Berufe und Berufsbilder, der uns stetig begleitet.

Wie fast allen Neuerungen und Innovationen folgen diesen in gleicher Weise unmittelbar rechtliche Fragen. So sind im Rahmen von vernetzten Anwendungen und Kooperationen folgende beispielhaft dargestellte Fragestellungen zu beantworten:

• Wie erfolgen die Verarbeitung und der Schutz von personenbezogenen Daten?

• Wer haftet für die gemeinsamen Daten vom OEM, Eigentümer und Service Provider?

• Wie schütze ich meine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse?

• Wem stehen die Urheberrechte an einem gemeinsamen Planungsergebnis bei BIM zu?

Mehr noch als in allen vergangenen Transformationen gilt bei der Digitalisierung: Die Schnellen besiegen die Langsamen. Gewinnen wird, wer frühzeitig neue Märkte erschließt und schnell eigene Standards in der Masse setzen kann. Hier muss auch die Politik und Gesetzgebung den digitalen Wandel als prioritäres Handlungsfeld betrachten und neue Antworten auf die drängenden Fragen entwickeln.

Erste Ansätze sind vom BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) im Rahmen der „Digitalen Strategie 2025“ sowie dem vom BMWi geförderten Projekt zur Schaffung juristischer Rahmenbedingungen „Ju-RAMI für Industrie 4.0 - Juristische Herausforderungen für digitale Wertschöpfung – strukturierte Lösungswege für KMU“ zu erwarten. Diese Projekte sollen Fragen beantworten wie:

• Welche Rechtsfragen kommen auf Hersteller mobiler Roboter in Bezug auf die Zulassung ihrer autonomen Produkte zu?

• Welche Arbeitsschutz- und Datenschutzrichtlinien sind beim Einsatz autonomer Systeme wünschenswert und praktikabel?

Auch das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) hat das Thema „Zukunft der Arbeit“ zu ei­nem Schwerpunkt ausgebaut und mit den Sozialpartnern die Eckpunkte der künftigen Forschungsförderung festgelegt. Das neue Programm ist Teil des seit 2014 laufenden BMBF-Rahmenprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ mit einer Laufzeit von sieben Jahren und einem Gesamtbudget von einer Milliarde Euro. Parallel hierzu hat das BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) mit dem bereits angelegten Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ einen Rahmen für einen teils öffentlichen und teils fachlichen Dialog über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft geschaffen.

Im Bereich der Normung sind mit dem DIN-Normenausschuss im NAErg: NA 023-00-06 AA „Arbeits- und Produktgestaltung in der Industrie 4.0“ seit 2016 und der „DIN/DKE-Deutsche Normungs-Roadmap Industrie 4.0“ ebenfalls erste Ansätze zu verzeichnen.

Diese Programme geben erste Richtungen und Antworten auf die Auswirkungen der Digitalisierung. Sie sind jedoch in ihrer Entwicklungsgeschwindigkeit der Digitalisierung unbedingt anzupassen.

Diesen Hintergrund nimmt der Verband RealFM e.V. zum Anlass, eigene Positionen zur „Digitalisierung im Facility und Real Estate Management“ zu beziehen und damit seinen Mitgliedern eine erste Orientierung zu geben. Eine Strukturierung der betroffenen Teilbereiche wurde begonnen und einzelne Schwerpunkte identi­fiziert. Im Folgenden geben wir einen Überblick über einzelne Themenbereiche, einen Ausblick auf zukünftige Handlungsfelder und stoßen konkrete an, um als Plattform für die zukünftig zu erwartenden Entwicklungen zu dienen.

 

 

Bedeutung der Digitalisierung für die Real Estate und Facility Manager

Mit den Errungenschaften der Kommunikationstechnik und der fortschreitenden Vernetzung von IT- und Kommunikationsgeräten werden zunehmend Prozesse und Abläufe möglich, ohne dass die Mitwirkung von Mitarbeitern bzw. Nutzern erforderlich ist. Diese Entwicklung, seit einiger Zeit als Industrie 4.0 bezeichnet, hält zunehmend Einzug in das Facility Management. Als Bereitsteller von Flächen, Ausstattungen und Infra­strukturen ist das Facility Management in mehrerlei Hinsicht und auf verschiedenen Ebenen mit der Digita­lisierung konfrontiert: In der Sicherstellung der Netzwerke und Kommunikationsverbindungen, aber auch in der Generierung und Nutzung von digitalen Anwendungen.

Unter dem Stichwort Digitalisierung können folgende Entwicklungen zusammengefasst werden:

1. Der Einsatz von Robotern und anderen Technologien für die Ausführung von Dienstleistungen.

2. Die Entwicklung von „Künstlicher Intelligenz“ bietet die Möglichkeit einer automatisierten Kommunikation von Maschinen zu Maschinen (Internet der Dinge, Industrie 4.0).

3. Der Einsatz von Applikationen auf Smartphones (smart services, smart building, smart working).

4. Die Erzeugung „Virtueller Realitäten“ aus Datenmodellen.

5. Die Erfassung und Analyse von Daten aus Anwendungen (Big Data).

6. Die Nutzung von Daten in Umgebungen mit Unterstützung von Datenbrillen (augmented reality).

7. BIM (Building Information Modeling).

8. Neue Formen der Servicesteuerung über mobile Endgeräte erzeugen schnellere und genauere Lösungen u.a. auch durch neue Anbiete

 

Erste Studien und wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass die Real Estate und Facility Manager auf mehre­ren Ebenen die Entwicklung in den kommenden Jahren begleiten werden:

• Bereitstellung von Arbeitsplätzen: Organisationen werden durchlässiger, Mitarbeiter zunehmend kürzer und für spezielle Aufgaben eingesetzt -> die Anzahl von temporären Mitarbeitern und externen Mitarbeitern nimmt zu, die Bereitstellung von Arbeitsflächen und Bereichen der Kollaboration wird komplexer.

• Sicherstellung der Konnektivität: Hohe Verfügbarkeit der Netzwerke und Datenverbindungen, höhere Datenmengen -> sicherer Betrieb der Energieversorgung, kurze Reaktionszeiten bei Störungen.

• Einsatz von Robotern: Für einfache Services werden Roboter eingesetzt -> Reinigungsroboter für Glasflächen und Böden.

• Einsatz von Anwendungen: Steuerung des Personaleinsatzes über Smartphones.

• Datenverwendung: Analyse der Bewegungsprofile von Nutzern zur Auswertung der Nutzungsintensität von Flächen.

• Datenmanagement: Bessere Grundlage für die intelligente und strategische Steuerung des Immobilienvermögens, z. B. Machine Learning für Wertprognosen.

• Neue Immobilienkonzepte und -vermarktungsmöglichkeiten: Ambient Assisted Living (AAL), virtuelle Realität für die Vermarktung, Künstliche Intelligenz für die Kundensuche/Mietersuche.

• Entscheidungen des Managements: Realisierung von Änderungen in den Anforderungen des Kerngeschäfts ohne ausreichende Planungs- und Vorbereitungszeiten -> hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Flächen und Ausstattungen.

• Steigender IT Aufwand: Mit dem Einsatz digitaler Prozesse steigt der Aufwand für die IT, sowohl in der Investition in neue und schnelle Infrastrukturen, als auch in der Versorgung der erforderlichen Hardware mit Energie und Medien -> mehr Umbauten und Anpassungen, höhere Kosten für Energie und technische Dienste.

 

Auswirkungen der Digitalisierung auf den RealFM

Der Verband ist von den bereits laufenden Entwicklungen gefordert:

• in der Bewertung der Auswirkungen auf die Berufsbilder,

• Anpassung und Aktualisierung der bestehenden und zukünftigen Verbandsprodukte,

• in der Initiierung von Entwicklungen und neuen Produkten,

• in der Beratung der Mitglieder zu diesen Entwicklungen,

• in der Wahrnehmung von Positionen bei der Findung zukünftiger Lösungen, Rahmenbedingungen und der Entwicklung von Gesetzen, Verordnungen und Normen.

RealFM e.V. als Verband der Verantwortungsträger im Corporate Real Estate und Facility Management wird seine Mitglieder, die Öffentlichkeit, die Politik und die Interessierten über die Entwicklungen informieren, diese Entwicklungen mitgestalten und die Auswirkungen und Folgen einschätzen – zum Nutzen für die Mitglieder und zur Entwicklung der Lösungen auf diese Herausforderungen.

Eine erste Initiative war die Gründung des Arbeitskreises BIM, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, einen Leitfaden zum Thema BIM mit folgenden Inhalten zu erarbeiten:

1. Darstellung der aus Sicht des Gebäudebetreibers notwendigen Aktivitäten in den einzelnen Schritten des BIM-Prozesses und Erstellung einer Anleitung für ein planungs- und baubegleiten des FM der Zukunft.

2. Definition der für den Gebäudebetrieb notwendigen Daten je Gewerk/Bauteil, die als Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) in den Planungs- und Bauprozess einfließen.

Darüber hinaus werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere Initiativen und Maßnahmen fortgeführt und erweitert, um das wichtige Thema Digitalisierung auf allen Ebenen des Verbandes zu verankern und zu vertiefen. Ein entsprechender Aufruf an die Mitglieder und Interessierten wird zu gegebener Zeit veröffentlicht.

 

 

 

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