Branchenumfrage zum Facility und Real Estate Management ­ deckt Verbesserungschancen auf

Optimierungspotenzial beim Geschäftsprozessmanagement

Geschäftsprozesse analysieren und optimieren – vor dieser Aufgabe stehen Facility und Real Estate Manager in Unternehmen, FM-Dienstleister und Immobilienverwalter in regelmäßigen Abständen. Eine Dokumentation der vorhandenen Prozesse erfolgt in den allermeisten Fällen. Konkrete Maßnahmen zu ihrer Verbesserung und Implementierung werden allerdings viel zu selten abgeleitet und umgesetzt. Zudem werden Prozesskennzahlen im Rahmen des Controllings kaum genutzt. Dies zeigen die Ergebnisse einer Befragung der TÜV Süd Advimo GmbH von rund 70 Unternehmen der Branche.

Geschäftsprozessmanagement (GPM) befasst sich mit der Identifikation, Modellierung, Implementierung und schlussendlich der kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen. Ein professionell aufgesetztes GPM trägt entscheidend dazu bei, strategische und operative Ziele eines Unternehmens zu erreichen sowie die Zahlen und Fakten für wichtige Entscheidungen stets verfügbar zu haben. Es unterstützt dabei, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren und erforderliche Anpassungen vorzunehmen.

Doch wie ist der Stand bei der Einführung des GPMs in den Unternehmen? Dies war die zentrale Frage der hier vorgestellten Studie. Befragt wurden folgende Zielgruppen:

n Corporate Real Estate Management/Facility Management (eigengenutzte Immobilien)

n Facility Service Dienstleister (Dienstleister für fremdgenutzte Immobilien im Facility Management/Gebäudemanagement)

n Immobilienverwalter (Portfolio-,

Asset- und Property-Management)

Entwicklung auf dem Prüfstand

Dabei zeigte sich: Ob es um die Wartungs-, Prüf- und Instandsetzungsleistungen geht, das Gewährleistungsmanagement, die Abrechnung von Nebenkosten oder die Budgetplanung – fast die Hälfte der befragten Unternehmen schätzt den Entwicklungsstand ihrer Geschäftsprozesse falsch ein. Zwar existiert fast durch-
weg eine systematische, theoretisch fundierte Dokumentation. Aber eine konsequente Steuerung und Messung der Prozessleistung anhand definierter Kennzahlen oder eine Thematisierung von Verbesserungspotenzialen in Team- oder Dienstleister-Jour-Fixen wird selten vorgenommen. Nur so ein konsequentes Verhalten kann aber die Basis für die objektive Bewertung und kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse liefern.

Um diese „Schere im Kopf“ zwischen Theorie und Praxis zu schließen, müssen die zugrundeliegenden Geschäftsprozesse für alle verständlich kommuniziert, in Maßnahmen konkretisiert und kontinuierlich überarbeitet werden. Auf Basis von Praxiserfahrungen sollten sie stets nachjustiert werden. Einen stetigen Kreislauf sollten dabei Konzeption, Einführung, Implementierung und das Controlling ergeben − analog zu Managementmethoden wie Six Sigma, Kaizen und der Balanced Score Card.

Die Befragung ergab zudem, dass GPM bei Unternehmen mit eigengenutzten Immobilien weniger weit fortgeschritten ist als bei FM-Dienstleistern und Immobilienverwaltern. Der Grund hierfür ist, dass die Real Estate- und FM-Prozesse in den Corporate-Abteilungen lediglich Unterstützungsprozesse, bei den FM-Dienstleistern und Immobilienverwaltern aber Kernprozesse sind. Somit gibt es hier häufig auch keine spezielle Strategie für diesen Aufgabenbereich. Das ist aber eine wichtige Voraussetzung für ein gelungenes GPM.

Branchenbefragung auf Basis des GPM-Kreislaufes

Grundlage für den Fragekatalog, der den rund 70 Teilnehmern vorgelegt wurde, war ein aus unterschiedlichen Ansätzen abgeleitetes Reifegradmodell des GPM. Am Schluss wurde die anfängliche Selbsteinschätzung der Befragten mit den weiteren Antworten und den fünf Stufen des Modells und seinen Kriterien abgeglichen. Dabei ergaben sich starke Abweichungen.

Die Fragen wurden aus den Teilbereichen des Geschäftsprozessmanagement-Kreislaufs abgeleitet: Strategisches Prozessmanagement, Prozessdefinition/-optimierung, Prozessimplementierung und Prozesscontrolling. Auf Grundlage der Befragungsergebnisse lassen sich für alle vier Stationen des Kreislaufs konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, die in den folgenden Abschnitten näher erläutert werden.

Prozesscontrolling

Am Ende, aber auch am Anfang jeder Optimierung im Kreislauf steht das Prozesscontrolling. Ein Großteil der Umfrageteilnehmer misst die Ergebnisse der Prozessoptimierung mit Ergebniskennzahlen. Diese spiegeln die Endziele einer Strategie wider und zeigen, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden. Auf welchem Weg dieses Ergebnis erreicht bzw. nicht erreicht wurde und wo die Schwachstellen in den Abläufen zu suchen sind, bleibt so aber unklar. Prozesskennzahlen auf der anderen Seite scheinen noch wenig verbreitet zu sein. Bei ihnen werden zusätzlich die Schritte betrachtet, die zum Ergebnis führen. Lediglich die Immobilienmanagement-Unternehmen setzen die Prozesskennzahlen mit 27 Prozent ein.

Für den Fall, dass Kennzahlen von ihren Zielwerten abweichen, geben viele der befragten Unternehmen an, kein Vorgehen definiert oder implementiert zu haben. In diesen Fällen sollte ein entsprechender Steuerungsprozess zur Planung und Umsetzungskontrolle der operativen Geschäftsziele greifen bzw. implementiert werden. So ist bei Abweichungen von den Zielwerten das rechtzeitige Gegensteuern möglich. Das Prozesscontrolling fällt beispielweise bei den Corporate-Abteilungen nicht unter die wichtigsten fünf Prozesse. Genau diese Gruppe ist aber auch diejenige, die von allen Befragten am häufigsten geantwortet hat, nicht zu wissen, wie professionell zu steuern ist.

Strategisches Prozessmanagement

Die Basis für den gesamten Kreislauf bildet die Strategie bzw. das strategische Prozessmanagement. Als Hauptgründe für die Einführung des GPM nannten die Unternehmen Unternehmenscontrolling, Informationstechnologie, Reorganisation oder Qualitätsmanagement.

Die allermeisten der befragten Unternehmen haben eine Qualitätsmanagement-Zertifizierung: 90 Prozent der FM-Dienstleister, 73 % der Immobilienmanagement-Unternehmen und 60 Prozent der Corporate-Abteilungen. Das QM-Zertifikat auf der Grundlage der ISO 9001 lässt allerdings nicht immer zwangsläufig Rückschlüsse auf ein funktionsfähiges GPM auf allen operativen Ebenen zu. Allerdings deckt ein professionell aufgesetztes GPM mit hoher Wahrscheinlichkeit die Anforderungen eines Qualitätsmanagement-Systems ab.

Unternehmen, die laut der Befragung noch keine eindeutige Strategie formuliert und kommuniziert haben (immerhin 49 % der Corporate-Abteilungen und 13 % der FM-Dienstleister), ist dringend zu empfehlen, ihre Strategie eindeutig festzulegen und intern zu kommunizieren. Nur so kann die Ausrichtung des Geschäftsbereichs bzw. Unternehmens für die Zukunft gemeinsam verstanden und von allen Mitarbeitern getragen werden.

Prozessdefinition/-optimierung

Etwa 70 % der befragten Unternehmen haben bereits eine Prozesslandkarte erstellt − auch da sie im Rahmen der Zertifizierung nach ISO 9001 benötigt bzw. abgefragt wird. Eine Prozesslandkarte schafft einen Gesamtüberblick über Geschäftsprozesse einer Organisation, deren Wirkungszusammenhänge und die Verbindung zu Kunden.

Soll-Prozesse zu modellieren bzw. zu beschreiben ist im Rahmen der Prozess-definition und -optimierung essentiell. Die Mehrheit der Teilnehmer konnte die Frage folglich auch bejahen. Bei rund 30 % der Corporate Real Estate- und Immobilienmanagement-Unternehmen wurden allerdings noch keine Prozesse modelliert. Hier gibt es also noch großes Potenzial, um externe Ziele zu erreichen – bspw. effektivere Prozesse, bessere Kommunikation mit den Kunden und Lieferanten sowie kürzere Reaktionszeiten auf Marktentwicklungen. Auch interne Ziele wurden auf diesem Weg erreicht, wie z.B. die Steigerung der Prozesseffizienz, Verringerung von Bearbeitungszeiten und die Minimierung von Schnittstellen.

Konkrete Maßnahmenlisten helfen dabei, zu den gesetzten Ziele aus der Prozessoptimierung zu gelangen. Sie beinhalten Informationen zu Prioritäten, Verantwortlichen, Zielterminen und Statusverfolgung. Bei mehr als 50 Prozent der Corporate-Abteilungen wurden im Rahmen der Prozessaufnahme und Optimierung aber keine konkreten Maßnahmenlisten abgeleitet.

Prozessimplementierung

Die „Big Bang-Strategie“ ist die schnellste Variante, Prozesse einzuführen. Sie wird gleichzeitig in allen Regionen und Funktionsbereichen umgesetzt. Die Mehrheit der Befragten (38 %) wählte diese Strategie. Anders als bei der pilotierten und der Step-by-Step-Einführung gibt es bei der „Big Bang-Strategie“ allerdings keine Erprobungsphase, so dass keine Erfahrungen gesammelt und vor der offiziellen Einführung berücksichtigt werden können.

Um das Verständnis der neuen Soll-Prozesse, ihre Umsetzung und damit die Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu fördern, empfiehlt es sich dringend, gerade bei größeren Veränderungen, neue Prozesse zuerst mit Hilfe von Schulungen und/oder Planspielen einzuführen und zu erproben. Mehr als 70 % aller Befragten haben die neuen Prozesse aber nur veröffentlicht bzw. kein spezielles Verfahren zur Implementierung eingesetzt.

Um den Erfolg einer Prozessimplementierung zu überprüfen, gibt es ganz unterschiedliche Wege, wie die monatliche Erfassung und Auswertung von Prozesskennzahlen, eine zyklische Auswertung von Fragebögen, regelmäßige Interviews, die Messung von Ergebniskennzahlen, ein zyklisches Reporting des Status an die Leitung und eine Statusverfolgung der Maßnahmenliste. Keines der befragten Unternehmen gab allerdings an, alle hier genannten zielführenden Maßnahmen eingesetzt zu haben.

Dringender Handlungsbedarf besteht zudem beim Thema Prozessaudits – speziell bei den Immobilienmanagement-Unternehmen und den Corporate-Abteilungen. Mithilfe von Prozessaudits wird kontrolliert, ob die von der Organisation festgelegten Prozessanforderungen und/oder die Übereinstimmung mit Normvorschriften erfüllt bzw. eingehalten werden. Sie sind als Unterstützungsmethode zur unabhängigen Prozessbewertung zu verstehen und sollten regelmäßig, beispielsweise alle zwei Jahre, vorgenommen werden. Bisher führen aber nur 43 bzw. 29 % ein Prozessaudit durch.

In den befragten Corporate-Abteilungen geben zudem nur 38 % an, dass es einen fest definierten Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gibt.

Hier besteht eindeutig Handlungsbedarf. Der KVP fokussiert darauf, Arbeitsabläufe, Produkte, Methoden, Werkzeuge etc. systematisch und ständig zu verbessern.

Aus Theorie muss Praxis werden

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass bei fast allen teilnehmenden Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – die Umsetzung eines professionell aufgesetzten Geschäftsprozessmanagements noch am Anfang steht, obwohl ihm eine große Bedeutung, vor allem in Hinblick auf die Zukunft, beigemessen wird.

Eine konsequente Messung der Prozessleistung anhand definierter Kennzahlen setzen bisher nur ganz wenige Unternehmen um. Nur sie allein kann aber die Basis für die kontinuierliche Verbesserung von Geschäftsprozessen liefern. Hieraus lässt sich ableiten, dass das Potenzial, Kosten nachhaltig einzusparen und die Prozesse für Kunden und Mitarbeiter effizienter und effektiver zu gestalten, noch groß ist.

Fazit

Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen schätzt den Entwicklungsstand ihrer Geschäftsprozesse falsch ein. An der Dokumentation liegt es sicher nicht, denn diese existiert fast durchweg. Aber eine konsequente Steuerung und Messung der Prozessleistung anhand definierter Steuerungsmechanismen mit Kennzahlen wird von (zu) wenigen Unternehmen vorgenommen. In den Corporate Abteilungen gibt es noch besonders viel Optimierungspotenzial − eine wichtige Basis wäre hier die Ableitung einer eigenen Strategie aus der Firmenstrategie und Verankerung in den Prozessen. Denn eine klare Strategie und deren Leitplanken sind stets grundlegend für funktionierende Prozesse.

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