Teil 2: Die Visualisierung und Auswertung von Verbrauchsdaten

Tipps zur Optimierung
von Energieverbräuchen

Teil 1 dieser zweiteiligen Artikelserie hat sich auf die notwendigen ­technischen und organisatorischen Voraussetzungen für Energiemanagementsysteme konzentriert: Welche Infrastruktur ist notwendig, welche Normierungen sind sinnvoll, um für den Kunden verständliche Kenn­zahlen zu ermitteln, wie kann eine Systemarchitektur aussehen und an welchen Stellen dieser Architektur sollte welche Information berechnet und gespeichert werden. Der Fokus in diesem Teil liegt auf der Visuali­sierung und Auswertung von Verbrauchsdaten. Hier wird erläutert, wie Optimierungspotential entdeckt und analysiert werden kann.

Visualisierung der Daten

Die Visualisierung wandelt erfasste Daten in für den Menschen lesbare, einfach verständliche Darstellungen um. Die Qualität der Visualisierung ist entscheidend für das Erkennen von Optimierungspotential einer Anlage. Anfänglich können bereits einfache Visualisierungen ausreichen, um durch Änderung des Nutzer- oder Anlagenverhaltens erhebliche Einsparungen zu realisieren.

Ein Beispiel aus dem Bereich der Supermärkte: Mit Hilfe einer einfachen Darstellung des elektrischen Verbrauchs über einen längeren Zeitraum hinweg erkannte man in der Unternehmenszentrale, dass die Verbräuche mehrerer Märkte während der abendlichen Öffnungszeiten und nachts außerhalb der Öffnungszeiten nahezu identisch waren. Ursache dafür waren durchgehend eingeschaltete Parkplatzbeleuchtungen. Durch Kopplung der Beleuchtung an die Öffnungszeiten konnten über 75 % des nächtlichen Stromverbrauchs für die Außenbeleuchtung eingespart werden.

Möglichkeiten der grafischen Auswertung

Bei modernen Automatisierungssystemen sind grafische Auswertungen bereits in den Automatisierungsstationen selbst möglich. Bei solchen Auswertungen handelt es sich aufgrund des begrenzten Speicherplatzes meist um Darstellungen, die keine langen Zeitfenster betrachten.

Moderne Automatisierungsgeräte erlauben den Zugriff auf die Auswertungen über Browser und darüber hinaus den automatisierten Export oder Mailversand der Graphiken als PDF-Dateien sowie den Transfer der Daten in gängige Tabellenkalkulationsprogramme zur weiteren Analyse oder graphischen Aufbereitung.

Auf Managementebene können längere Zeitintervalle betrachtet werden, weil dort mehr Speicherplatz zur Verfügung steht. Somit ist ein Benchmark über mehrere Jahre möglich (Jahresvergleich). Grafik 3 zeigt, dass im zweiten Quartal des Jahres 2011 (rote Kurve) eine Optimierung durchgeführt wurde (Isolierung), die im Anschluss zu weniger Verbrauch in den kalten Monaten führte. Mit Hilfe gestapelter Balken lässt sich der Energiemix über die Zeit visualisieren.

Regressionsanalysen erleichtern Dateninterpretationen

Besonders interessant sind Regressionsanalysen. Hierbei werden zwei verschiedene Größen als Punktmenge aufgetragen. In Grafik 5 stellt jeder Punkt den Tagesenergieverbrauch für Heizenergie (y-Achse), aufgetragen über die mittlere Außentemperatur, dar. Durch Auswertung der Punkthäufungen erhält man wichtige Erkenntnisse: Die Lage des „Knicks“ zeigt die Heizgrenze. Beim Gebäude unten liegt diese bei circa 15 °C. Ist die Außentemperatur höher, wird lediglich wenig Heizenergie für die Brauchwasserbereitung verbraucht.

Sinkt die Außentemperatur, muss zugeheizt werden. Je flacher die Kurve dann verläuft, umso geringer ist der Einfluss der Außentemperatur auf den Energieverbrauch. Steile Kurven und hohe Heizgrenzen sind Indikatoren für hohe Transmissionswärmeverluste, denen mit besserer Isolation entgegengewirkt werden kann.

Eine hohe Streubreite der Punktmenge bedeutet stark schwankende Energieverbräuche bei gleichen klimatischen Bedingungen. Die Gründe hierfür können vielschichtig sein und haben ihre Ursache oft im Nutzungsverhalten: beispielsweise wechselnde Öffnungszeiten, offene Fenster, erhöhter Brauchwasserbedarf für Duschen in Sporthallen abhängig von der Belegung, etc.

„Ausreißer“ aus der Punktmenge können Handlungsbedarf signalisieren, speziell, wenn sie gehäuft oder regelmäßig auftreten. In Grafik 5 lassen sich die regelmäßigen die Ausreißer nach unten dadurch erklären, dass die Nutzung des untersuchten Gebäudes an Wochenenden (im Vergleich zu Wochentagen) geringer ist, so dass hier weniger Heizbedarf herrscht. Eine Analyse der Ausreißer nach oben ergab, dass diese immer dienstags auftraten. Grund hierfür kann ein falsch eingestelltes Zeitprogramm sein, welches ein Durchheizen auch während der Nichtöffnungszeiten verursachte.

Regressionsanalysen sind sehr vielfältig einsetzbar. Anstatt über die Außentemperatur können Energieverbräuche bei produzierenden Unternehmen auch über die Menge der hergestellten Produkte aufgetragen werden. Auch kann es sinnvoll sein, die produzierte Heizenergie über die eingesetzten Kubikmeter Gas aufzutragen, um die Effizienz der Wärmeerzeuger zu ermitteln.

Um regelmäßigen Ausreißern auf die Spur zu kommen, sind „Wochentag-Benchmarks“ hilfreich. Hier wird für jeden Tag der Energieverbrauch über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufgetragen. Signifikante Abweichungen einzelner Tage sind dadurch auf einen Blick sichtbar. Bei einem Büro­gebäude oder einer Schule würde man während aller Werktage einen ähnlichen Verlauf des Energieverbrauchs erwarten, samstags und sonntags dagegen niedrigere Verbrauchswerte. Grafik 6 zeigt jedoch einen unerwarteten Verlauf am Dienstag, an dem offensichtlich über den kompletten Tagesverlauf geheizt wurde.

Energiemanagementsysteme schaffen Kostentransparenz

Schlussendlich ist ein Energiemanagementsystem auch in der Lage, Verbrauchswerte in Kosten umzurechnen. Die Kosten hängen von den Verträgen ab, die der Kunde mit seinem Energieversorgungsunternehmen abgeschlossen hat. Die CentraLine Energiemanagement-Software erlaubt eine Abbildung der Verträge über die Software, und somit eine automatische Umrechnung des Verbrauchs in eine beliebige Währung.

Energieeinsparung durch Verhaltensänderung

Ein bewusster Umgang aller Gebäudenutzer mit Energie leistet einen erheblich Beitrag zu Kosteneinsparungen. Daher ist es sinnvoll, Reports und Analysen nicht nur dem für das Energiemanagement verantwortlichen Personal zur Verfügung zu stellen, sondern ausgewählte Kennzahlen für jeden sichtbar zu machen. Im CentraLine Energiemanagement-System geschieht dies über sogenannte „elektronische Dashboards“ (siehe Grafik 8), an denen ausgewählte Reports automatisch veröffentlicht werden. Welche Information gezeigt wird, legt der Systempartner zusammen mit den Verantwortlichen des Kunden fest.

Die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt: So können Mitarbeiter beispielsweise den Anteil ihrer Abteilung am Gesamtenergieverbrauch sehen, einzelne Schichten eines Produktionsbetriebs können sich mit anderen anhand der eingesetzten Energie pro produziertem Produkt vergleichen und Hotelgäste bekommen einen Vergleich der von ihnen verursachten Energiekosten im Vergleich zum Durchschnitt angezeigt. Solche Maßnahmen zeigen den Einfluss des eigenen Handelns auf den Energieverbrauch und tragen schlussendlich zu einer Bewusstseinsbildung für den effizienteren Umgang mit Energie bei.

Beispiele für das Optimierungspotential

Optimierungspotential ergibt sich aus der Analyse der Visualisierung von Energiekennzahlen und gegebenenfalls dem Vergleich mit Benchmark ähnlichen Gebäuden. Beispiele für Optimierungen wurden im Artikel bereits genannt. Sie erstrecken sich von der Schulung des Mitarbeiterbewusstseins durch die Visualisierung der Konsequenzen des eigenen Handelns über Verbesserungen der Regelungstechnik bis hin zu baulichen Maßnahmen, wie z.B. dem Anbringen einer Isolierung. Verbesserungen der Regelungstechnik reichen von der Anpassung von Zeitprogrammen bis zu komplett neuen Regelungsstrategien. Hierbei können mit vergleichsweise geringen Investitionen teilweise erhebliche Einsparpotenziale realisiert werden. Das 4D-Cinema im Europapark Rust und ein Supermarkt in Viechtach sparen beispielsweise durch Umstellung ihrer Lüftungsanlagen auf bedarfsgeführte Luftqualitätsregelung bis zu 30 % Energie, ohne Komforteinbußen für die Kunden. Intelligente Systeme können durch direkte Einbindung der Automatisierungsstationen in das Energiemanagement bei Bedarf aktiv und in Echtzeit in die Anlagen eingreifen, um Energiekosten zu reduzieren. Ein Beispiel: Durch kontinuierliche Auswertung der Daten elektrischer Zähler kann die Ausbildung von Lastspitzen erkannt, und durch rechtzeitiges, zeitlich begrenztes Abschalten, Reduzieren oder Takten elektrischer Verbraucher verhindert werden. Beispielsweise können Ventilatoren kurzzeitig in der Drehzahl reduziert werden, ohne dass Kunden dadurch wahrnehmbare Komforteinbussen erleiden. Erhöhte Energiekosten, die durch Spitzenlasten verursacht werden, werden so effektiv vermieden.

Fazit

Moderne Energiemanagementsysteme machen den Energieverbrauch transparent und helfen, Optimierungspotential zu erkennen sowie die Wirksamkeit durchgeführter Optimierungen nachzuweisen. Bei richtiger Umsetzung erlauben sie, die Energieeffizienz von Gebäuden zu bewerten und mit anderen Gebäuden vergleichbar zu machen, indem eine Bereinigung der Verbrauchsdaten durch Witterungseinflüsse, Nutzerverhalten, und/oder Gebäudegröße durchgeführt wird. Dies erfordert einerseits eine detaillierte Systemplanung, andererseits eine technische Lösung, die flexibel genug ist, unterschiedlichste Nutzeranforderungen schnell und effizient umzusetzen. Eine Kombination des Energiemanagements mit der Regelungstechnik zu einem integrierten Gesamtsystem erlaubt die Realisierung zusätzlicher Einsparpotentiale durch automatisiertes Abschalten von Verbrauchern und bietet darüber hinaus den Vorteil eines einheitlich zu bedienenden Gesamtsystems.

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