ipv-denkfabrik spiegelt die Herausforderungen auf Auftraggeber- und Auftragnehmer-Seite

Neue Impulse für die Systemdienstleistung im FM-Markt

Zum dritten Mal haben sich am Vorabend der Branchen-Messe, die nun INserFM heißt, rund 80 Auftraggeber zusammengefunden, um in der ipv-denkfabrik den Dialog zu führen und in drei intensiven world cafe-Runden Erfahrungen auszutauschen…

Der Austausch hatte wieder das zen­trale Thema der verantwortlichen Arbeitsteilung mit externen Systemdienstleistern im Facility Management. Aber der Schwerpunkt der Diskussionen und die drei Impulsbeiträge des Abends gingen diesmal in Richtung der Auftraggeber-Organisationen und deren Herausforderungen an der Schnittstelle zur Arbeitsteilung.

Einleitend rief demzufolge auch der Sprecher des GEFMA Arbeitskreises Integrale Prozess Verantwortung ipv und stellvertretende Vorsitzende der GEFMA-
Vorstandes Wilfried Schmahl die anwesenden Auftraggeber dazu auf, dem Beispiel der Axel Springer Services & Immobilien GmbH und der Gesundheitsservicegesellschaft Havelland mbH zu folgen, und aktiv im Arbeitskreis mitzuwirken. Damit verband Wilfried Schmahl nicht nur die Hoffnung auf weiteren stetigen Input in den Arbeitskreis über die ipv-denkfabrik im Dialog hinaus. Er motivierte die Auftraggeber auch  dazu, ihren eigenen Reifegrad als interne Systemdienstleister über alle drei Ebenen der FM-Excellence nachzuweisen. Interne FM-Organisationen liefern ihren Kunden im Kerngeschäft funktionierende Arbeitsplätze und Betreiberleistungen an den Immobilien und Liegenschaften. Dabei sind sie rechtlich (GEFMA 710), technisch (GEFMA 720) und wirtschaftlich (GEFMA 730) voll verantwortlich und exkulpieren ihr Kerngeschäft. Die Zertifizierung als ipv-Unternehmen weist sie neutral geprüft und bestätigt als marktkonform und FM-Excellence-Unternehmen oder -Bereiche aus.

Die Unternehmen Axel Springer Services & Immobilien GmbH und Gesundheitsservicegesellschaft Havelland mbH haben diese Zertifizierung bereits erfolgreich absolviert. Dieter Laarmann, der Geschäftsführer der Axel Springer Services & Immobilien GmbH, berichtete in seinem Impulsvortrag „Wenn das Kerngeschäft marktkonforme Produkte erwartet – ein Immobilien- und Service-Unternehmen richtet sich neu aus und lässt sich zertifizieren“ über diesen Prozess und seinen Mehrwert. Die Nutzung der Anforderungen und Befähigungskriterien der DIN EN ISO 9001:2015 und der FM-Excellence-Richtlinien hat die Gesellschaft dabei unterstützt, von einer internen Leistungsverrechnung zu marktvergleichbaren Dienstleistungsprodukten zu kommen und den Anforderungen an Rechtskonformität und qualitativer und wirtschaftlicher Vergleichbarkeit sichtbar für den Kunden Axel Springer SE und dessen Töchter und Beteiligungen nachzukommen.

Axel Springer Services & Immobilien GmbH hat im Zuge der Neuausrichtung die Arbeitsabläufe der einzelnen Fachbereiche konsequent in der Steuerung miteinander verzahnt. Die Leistungen der handelnden Fachleute sind heute „integriert“. Die GmbH verfügt heute über Produktverantwortliche, die die Leistungsangebote an die Kunden sowohl inhaltlich verantwortlich entwickeln, als auch die Aufwendungen in der Nachkalkulation transparent und damit steuerbar machen.

Mit den veränderten Arbeitsweisen schafft es das Unternehmen nicht nur, seinen Kunden marktvergleichbare Kaltmieten, Nebenkosten und zusätzliche Services anzubieten. Die Gesellschaft bietet ihren Kunden so auch innovative Produkte, wie die Gestellung von ausgestatteten, teilweise sogar Spezialarbeitsplätzen wie den integrierten Newsroom Welt/N24 oder für den Mitarbeiter im Konzern und die externen Mieter in der Springer-Passage einen Concierge-Service.

Robert Paul, Director Real Estate der Thales Deutschland, zeigte anhand seiner Organisation die Herausforderungen an die Auftraggeber an der „Schnittstelle zum  Betreiber-Dienstleister – eine schrittweise Entwicklung auf beiden Seiten“.  Thales Real Estate hat sich konsequent auf die Steuerung des Betreiber-Dienstleisters als Eigenleistungstiefe fokussiert. Das wiederum zieht eine entsprechende Schnittstelle zu mehr Verantwortungstiefe auf der Seite der extern eingekauften Facility Services Leistung nach sich. Die Thales Gruppe hat vor, die Wertschöpfungstiefe beim Dienstleister in der Zukunft noch weiter auszubauen bis hin zu mengen- und qualitätsdefinierten Lieferungen von Medien. Dabei versteht Robert Paul unter Medien nicht nur Druckluft, Kälte und Strom, sondern auch zum Beispiel Luftwechselraten können werkvertraglich bezogen werden. Das Modell des Liefer-Contractings greift an dieser Stelle.

Dass diese Beispiele keine Einzelfälle im Markt sind, aber andererseits auch noch lange nicht den Großteil der Beauftragungstiefe im Facility Management ausmachen, erläuterte Jörg Hossenfelder, Managing Director der Lünendonk GmbH und ausgewiesener Marktexperte, in seinem Interview mit Tom Hegermann: „Vergabe von kompletten Workpackages – eine Herausforderung für Dienstleister und Auftraggeber-Organisationen“.

Er fasste damit die Diskussion des Abends eigentlich schon zu Beginn des Dialogs zusammen, denn die Präsentation der Fazits aus dem Austausch an den world-cafe-Tischen zeichnete dieses Bild noch einmal eindrucksvoll in Einzelmeinungen der Gäste des Abends: Die Befürworter der weitreichenden Arbeitsteilung mit Facility Services Dienstleistern weisen auf den Mehrwert einer funktionierenden Zusammenarbeit auf der Basis definierter Ziele und zu liefernder Ergebnisse hin. Dabei wird allerdings nicht verschwiegen, dass die Auftraggeber-Organisation dabei vor Herausforderungen steht:

 Loslassen können, um die verantwortlich übertragenen Prozesse auch wirklich beim Dienstleister zu führen

 Steuerungskonzepte entwickeln, um an der „langen Leine“ gesichert führen zu können

 Den Bedarf des Kerngeschäfts als „Sandwich-Dienstleister“ zwischen dem Nutzer und dem externen Facility Dienstleister kennen und umsetzungsreal übersetzen können

 Die Verzahnung von FM-Produkten mit dem Kerngeschäft messbar und transparent machen

 Die globale Verzahnung im Konzern auf die kulturellen, rechtlichen und technischen Besonderheiten der Region zuschneiden und wirtschaftlich anpassen können.

Die Kritiker einer so tiefen Arbeitsteilung mit externen Facility Services Dienstleistern geben mit ihren Argumenten gleichzeitig wichtigen Input für die Fortentwicklung der Systemdienstleistung und ihrer Anbieter im externen Dienstleistungsmarkt:

 Die FM-Branche ist noch nicht ausreichend innovativ, um dem Auftraggeber wirklich als Problemlöser zur Seite zu stehen. Auch wenn ipv selbst in den Zertifizierungsanforderungen den Nachweis dafür einfordert, ist er trotz grundsätzlicher Befähigung noch nicht „Standard“ in der Leistungserbringung im Vertrag

 Auch die Qualität der Management-Ebene der Systemdienstleister ist noch immer stark von der jeweils handelnden Person abhängig – die Qualitätsmanagementprozesse der ipv®-Unter­nehmen haben hier noch Potenzial

 Das zeigt sich auch in transparenten open-book-Vergütungs-Systemen, die von beiden Seiten als richtig und wichtig erachtet werden, für die es aber auf beiden Seiten noch an Konzepten und teilweise auch der Bereitschaft mangelt, sich jeweils den Spielraum für „ein Geschäft muss immer beiden Seiten Spaß machen“ auch wirklich zuzubilligen

 Langjährige Zusammenarbeit wird als erforderlich erachtet, birgt aber auch die Gefahr von Abhängigkeiten und Verlust von Bewertungskompetenzen

 der Nachweis eigener FM-Excellence wird noch nicht als „Gegenmittel“
erkannt

 Die Qualität der Dienstleister nach der Vertragsunterzeichnung wird oft schon während der Start-up-Phase zum ersten Mal beim Auftraggeber als enttäuschend erlebt – vielleicht sollte ein Vertrag erst NACH dem start up final gezeichnet werden…?

 Die Möglichkeiten, sich im Vorwege eines Wettbewerbs zu versichern bzw. zuzusichern, dass der Dienstleister grundsätzlich den Anforderungen gerecht werden kann, werden nicht ausreichend genutzt – das zeigt die immer noch geringe Anzahl FM-Excellence-zertifizierter Dienstleister: Auftraggeber fordern das Zertifikat nicht aktiv ein. Das führt dazu, dass Dienstleister die Befähigungsanforderung nicht aufbauen und nicht nachweisen. Die Quadratur des Kreises oder doch ein mögliches Hilfsmittel, mehr Qualität nachweislich besser für den Einkaufsprozess sichtbar zu machen?

Fazit

Und so verwundert es nicht, dass der ipv-denkfabrik Dialog 2016 im Fazit wieder bei der Zielsetzung des Abends anlangte, die Wilfried Schmahl mit der Aufforderung zur aktiven Mitwirkung an der Gestaltung von Auftraggeber- und Auftragnehmer-Organisationen im FM-Markt formuliert hat. Der Dialog hat gezeigt, welche Aufgaben zu erfüllen sind – eine Zusammenarbeit auch in dieser Entwicklungsarbeit wird die gewünschte Marktqualität schneller erreichen lassen!

Und so bleibt der Ausblick auf 2017:

1. Es wird wieder einen Dialog in der ipv-denkfabrik geben.

2. Es bleibt zu hoffen, dass der Kreis der Mitwirkenden bis dahin anwächst
und

3. die Möglichkeiten des nachgewiesenen Reifegrads bei Auftraggeber und der bestätigten Befähigung beim Auftragnehmer aktiver genutzt werden.

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