Kontinuitätsmanagement in Unternehmen

Für den Notfall gerüstet

Zwar glauben wir, unsere technologisierte Welt vollständig kontrollieren zu können, doch immer wieder, wie bei der Vulkanaschewolke im Frühjahr vergangenen Jahres, wird uns bewusst, dass es neben dem Auf und Ab
in der Wirtschaft noch viele weitere unkalkulierbare Unternehmerrisiken gibt. Vorfälle wie dieser führen Firmen teils schmerzhaft vor Augen, welche Bedeutung ein fundiertes Kontinuitätsmanagement hat. Wie sich
Firmen auf derartige Krisen bestmöglich vorbereiten, erläutert Michael Barth, Deutschland-Geschäftsführer von Regus, in einem 6-Punkte-Plan.

In einer Welt, in der man sich per Mausklick die Schaufenster in New York betrachten kann, liegt es nahe zu glauben, dass der Mensch auch seine ­direkte Arbeitsumgebung vollständig unter Kontrolle hat. Man drückt einen Schalter und das Büro wird kühler. Man drückt einen anderen und hat auf einen Schlag alle benötigten Informationen zur Hand. Der Schein trügt. Zwar bleiben wir in Deutschland von großen Naturkatastrophen weitgehend verschont, doch auch hier gibt es genügend Ereignisse, deren Auswirkungen wir nicht im Griff haben. So geschehen 2005 beim Münsterländer Schneechaos oder letztes Jahr im April, als der Vulkan Eyjafjallajökull nahezu den gesamten europäischen Luftraum lahmlegte. Solche ­Ereignisse lassen uns spüren, dass Konjunkturzyklen nicht die einzige Ursache für Unsicherheiten im Geschäftsleben sind. Wenn Katastrophen auftreten, bemerken viele Unternehmen – zu spät –, wie wichtig eine gute Business-Conti­nuity-Planung ist und dass ihr betriebliches Kontinuitätsmanagement nicht ausreicht. Wie können Firmen sicherstellen, dass ihr Geschäft während oder nach einer Krise weiterhin funktioniert?


Vor statt während einer
Katastrophe planen

Wenn die Disaster-Recovery-Planung vernachlässigt wird, kann das verheerende Folgen haben. Viele kleine Unternehmen kommen nach einer Katastrophe wie Feuer oder Überschwemmung, nach Schäden durch Kriminalität oder Terrorismus oder einem Komplettausfall der IT-Systeme nicht wieder auf die Füße und müssen sofort oder spätestens innerhalb von zwei Jahren schließen.[1] Aber auch wesentlich kleinere Ereignisse können ein Unternehmen destabilisieren: Nach Erfahrung von Regus ist ein Problem mit der Energieversorgung eines der häufigsten Szenarien, das bei den Kunden einen Arbeitsplatz-Notfallplan erfordert. So können ein Stromausfall oder ein Wasserrohrbruch in den Büros im Obergeschoss den Arbeitsplatz für Tage unnutzbar machen. Wer dann nicht über einen schnellen Zugang zu ­alternativen Arbeitsplatz- und Business-Einrichtungen verfügt, muss mit Produktions- und Geschäftsausfällen, dem Verlust von Daten und Ansehen und im schlimmsten Fall mit dem Verlust von Kunden rechnen.

Der schlechte Eindruck, den abgesagte Sitzungen, unbeantwortete Anrufe,
verlorene Daten oder eine chaotische Verwaltung hinterlassen, kann einem Unternehmen über Monate und Jahre anhaften.


Richtig planen und Pläne
formalisieren

Laut der Beratungsgesellschaft Ernst & Young nennen 34 % der Unternehmen „die Wiederherstellung der Arbeitsplätze“ als größte technische Herausforderung bei der Erstellung eines Geschäftsplans – und schieben es so lange wie möglich vor sich her. Doch selbst wenn die Katastrophe nicht eintritt, kann das Fehlen eines stabilen Notfallplans einem Unternehmen schaden. Bei den Ausschreibungen großer Firmen müssen
die Lieferanten zunehmend Einzelheiten ­ihrer Business-Continuity-Planung nennen. Ist der Plan unzureichend, können sie bereits bei der ersten Hürde scheitern. Auch kleinere Unternehmen müssen sich mit dem Thema Kontinuitätsmanagement befassen, da die Banken aufgrund der Baseler Eigenkapitalvorschriften (Basel II) verstärkt darauf
achten, dass sie Kontinuitätspläne erstellen.


An den nötigen Platz denken

Eine übliche Lösung in der Business-Continuity-Planung ist die Verwendung von so genannten „Hot Sites“, insbe­son­dere um weiterhin Zugang zu geschäftskritischen Informationen zu ­gewähr­leisten. Eine „Hot Site“ ist ein ­unternehmensexterner Standort, an dem das komplette EDV-System und sämtliche Benutzerdaten der Firma dupliziert sind. Die „Hot Site“ löst allerdings nicht das generelle Problem, wo die Mitarbeiter im Fall der Fälle arbeiten können. Zum einen braucht das Unternehmen möglicherweise gar keine „Hot Site“, sondern lediglich Zugang zu Schreibtischen oder Besprechungsräumen. Zum anderen muss eine Firma, die international vertreten ist, diese Präsenz in ihrer Planung replizieren. Sie benötigt kurzfristig Zugang zu geeigneten Arbeitsplätzen auf der ganzen Welt – auch wenn viele Unternehmen im gleichen Gebiet nach Räumlichkeiten für den Notfall suchen. Wichtig ist, dass sich ­diese möglichst dort befinden, wo die Mitarbeiter arbeiten und leben. Denn in Krisenzeiten sollte ein Unternehmen die Arbeitsmoral nicht noch strapazieren, indem die Angestellten lange Strecken zum Ersatz-Arbeitsplatz zurücklegen müssen.


Qualität und Leistungs­fähigkeit

Ebenso wichtig in der Planung von Ausweich-Arbeitsplätzen ist es, Raum von gleichbleibend hohem Standard zu ­finden. Die Back-up-Räumlichkeiten und -Einrichtungen sollten die gleiche hohe Qualität haben, ob in München, London, Tokio oder an hunderten von anderen Standorten. Entscheidend ist hier die Fähigkeit, die Logistik zu steuern. Unterstützen kann hier ein Anbieter, der Woche für Woche schnell und effizient Räumlichkeiten für Beschäftigte bereitstellt. Ist es das Kerngeschäft eines Unternehmens, schnellen Zugang zu voll ausgestatteten, komplett eingerichteten Arbeitsbereichen samt administrativer Unterstützung zu bieten, hat es die nötigen Ressourcen, um in einem Notfall das Gleiche zu tun.


Flexibel sein

Eine weitere Möglichkeit den Notfallplan für Arbeitsplätze zu vereinfachen, ist die Art und Weise zu ändern, wie man Raum an sich nutzt. Mit einer mobilen, flexiblen Belegschaft, bei der die Mitarbeiter an verschiedenen Standorten arbeiten – nah an zuhause oder bei den Kunden –, reduziert sich die Abhängigkeit von zentralen Standorten. Weniger abhängig bedeutet weniger anfällig. Mit einer flexiblen oder mobilen Belegschaft, müssen Arbeitnehmer nicht mehr in großen herkömmlichen Büros in überfüllten Innenstädten arbeiten. Stattdessen können sie mit einem Laptop überall arbeiten – zu Hause, in Büros auf Zeit oder an anderen Orten mit High-Speed-Internet. Wenn einer der Standorte durch Feuer, Überschwemmung oder eine andere Katastrophe unnutzbar wird, sind viele Arbeitnehmer nicht davon betroffen und können wie gewohnt arbeiten. Flexibel und mobil
zu arbeiten bringt weitere Vorteile: So lassen sich die Immobilien-Kosten um bis zu 60 % senken, und die  Belegschaft ist motivierter und produktiver.


Grün sein

Bei traditionellen Arbeitsstrukturen und herkömmlichen Business-Continuity-Lösungen müssen die Mitarbeiter oft lange Anfahrtswege zurücklegen. Eine lange Fahrt zu einem zentralen Bürogebäude oder Back-up-Office ist ökologisch allerdings wenig sinnvoll, wenn
die Beschäftigten auch flexibel näher zu Hause arbeiten können. Noch weniger „grün“ sind jene Notfallpläne, bei denen die Mitarbeiter zu einer zentralen Abholstelle pendeln müssen und dann mit Bussen zu einem weit entfernten Back-up-Standort gefahren werden. Solche Szenarien sind schlecht für die Motivation der Mitarbeiter, für die Produktivität und für die Umwelt. Flexibles und mobiles Arbeiten, bei dem Mitarbeiter Inter­net und Wireless-Technologie nutzen, um an vorteilhafteren Standorten näher an zu Hause zu arbeiten, macht langes Pendeln unnötig, wodurch das Unternehmen einen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann.

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