FM-Branche auf dem Weg ins
digitale Zeitalter

IT im Facility Management, Mobile Anwendungen, BIM und Augmented Reality: FACILITY MANAGEMENTChefredakteur Achim Roggendorf sprach mit Frank Bögel, dem Technischen Direktor der CONJECT AG, über Themen, die die CAFM-Branche (zukünftig) bewegen.

Herr Bögel, ist CONJECT wieder Mitglied im CAFM RING?

Bögel: Ja.

Eine Zeitlang herrschte aber    Funkstille.

Bögel: Wir waren aus bekannten Gründen ein Jahr nicht aktiv, dafür jetzt umso mehr. Der RING bewegt eine Menge, beispielsweise wurden die Leitlinien gerade komplett überarbeitet, die darstellen, wie man CAFM-Projekte erfolgreich einführt mit Erfolgsfaktoren – und das nicht aus Sicht eines Herstellers, sondern wirklich übergreifend aus Sicht des Kunden.

Wie kam der Sinneswandel?

Bögel: Wenn es einen Branchenverband gibt, der die Interessen einer so unterschätzten Softwarekategorie vertritt, darf ein Unternehmen unserer Größe hier nicht fehlen. Natürlich gibt es die GEFMA, die kommt aber sehr stark aus der Dienstleistersicht. Dann gibt es Real FM als Verband, der vornehmlich aus der Nutzersicht agiert. Aber für die IT im FM gibt es keine andere Interessenvertretung und da kann der CAFM RING einiges bewegen.

Laut CAFM RING zeigt sich der Markt nach punktuellen Umfragen bei Anbietern und Anwendern mit positiven Tendenzen. Die Auftragsbücher sind gefüllt und die Nachfrage wächst. Würden Sie das auch für CONJECT unterschreiben?

Bögel: Ja, uneingeschränkt. Es gibt eine deutliche Tendenz nach oben im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Der Markt hat sich aber verändert. Früher gab es eher wenige, dafür sehr große Vergaben. Dagegen werden Lösungen heute deutlich kleinteiliger angefragt. Ich glaube, das liegt auch daran, dass CAFM zunehmend im Mittelstand eingesetzt wird.

Hat auch CONJECT kleine und mittlere Unternehmen im Blick?

Bögel: Auf jeden Fall, gerade auch im Hinblick auf das SaaS-Geschäft, das wir vorantreiben. Damit zielen wir unter anderem exakt auf dieses Segment ab: keine großen IT-Projekte, keine eigenen Infrastrukturen, dafür eine einfach einzuführende und schnell produktiv zu nutzende Software.

Interessiert sich der Mittelstand überhaupt für CAFM?

Bögel: Aus dem Mittelstandsbereich, kommt bereits ein großer Teil der Anfragen und das zeigt deutlich, dass das Interesse an CAFM vorhanden ist. Vielfach wird aber die gesamte Bedeutung der Einführung nicht bedacht und die Projekte werden wieder eingestellt. Dennoch ist eine steigende Nachfrage deutlich spürbar, was ich für ein gutes Zeichen halte.

Wie lässt sich generell mehr Aufmerksamkeit für CAFM erreichen?

Bögel: Ich glaube, die Aufmerksamkeit kann deutlich gesteigert werden, indem das Bewusstsein für den Nutzen deutlich herausgestellt wird. Das ist übrigens eines der vorrangigen Ziele, die der CAFM RING verfolgt. CONJECT führt zahlreiche kommunikative Maßnahmen durch um die Bekanntheit für CAFM zu erhöhen. Dazu gehören z.B. inhaltliche Vorträge auf Veranstaltungen.

Der Trend im CAFM geht zu webbasierten Anwendungen. In welchem Maße können im Facility Management heute bereits Apps eingesetzt werden?

Bögel: In vielen Bereichen des FM stehen mittlerweile mobile Lösungen zur Verfügung, allen voran bei Themen wie Wartung und Instandsetzung. CONJECT hat mittlerweile eine ganze Reihe an Apps für verschiedene Prozesse. Sie dienen als Prozessreichweitenverlängerung und helfen Medienbrüche zu vermeiden. Man könnte auch sagen man nimmt seine Aufgaben einfach mit. Dadurch können in allen Bereichen Teilprozesse mit einem mobilen Endgerät besser als vom Schreibtisch aus erledigt werden.

Sind mobile Apps überhaupt sinnvoll?

Bögel: Die Apps? Auf jeden Fall. Wir haben ROI-Rechnungen, wo und wie Kunden enorme Einsparpotenziale mit Hilfe mobiler Anwendungen erzielen. Einer unserer Kunden spart alleine durch den Einsatz von mobilen Geräten im Quartal 60.000 Blatt Papier ein. Hinzu kommen Qualitätsverbesserungen und Zeiteinsparungen.

Die mobilen Anwendungen werden für die FMler folglich immer bedeutender?

Bögel: Ja. Alles andere wäre auch fatal, denn sonst würde sich die FM-Branche komplett entgegengesetzt zum allgemeinen Trend der Digitalisierung entwickeln.

Erläutern Sie doch einmal die Vorteile für den Benutzer.
Bögel: Der Vorteil ist, dass man nicht an den Arbeitsplatz gebunden ist. Eine echte App ermöglicht es, die erforderlichen Daten für bestimmte Prozesse mitzunehmen und kann auch offline genutzt werden. Deutlich wird das anhand eines relativ eingängigen Beispiels aus der Instandsetzung. Der Zugriff auf Anlagendaten, Komponenten, Leistungsdaten etc. ist jederzeit und überall und nicht nur über die große, zentrale Datenbank möglich. Ersatzteillisten, Werkzeugempfehlungen, Stunden- und Materialerfassung  stehen so auch im tiefsten Keller zur Verfügung - ganz ohne Medienbruch.

Wie verbreitet sind mobile Anwendungen aktuell im Facility Management?
Bögel: Die Durchdringung kann ich schwer abschätzen und auch keinen verlässlichen Prozentwert nennen. Mir ist kaum ein CAFM-Anbieter bekannt, der sich nicht zumindest damit beschäftigt und in unseren Projekten nimmt die Nachfrage stetig zu. Allein im vergangenen Jahr, haben wir bei sieben Bestandskunden Apps eingeführt, weil die Kunden Vorteile für sich darin sehen.

Es wird also eine weitere Marktdurchdringung geben.
Bögel: Ja. Deshalb ist das nicht nur für conjectFM, sondern auch für die übrigen Produkte der CONJECT-Gruppe ein Entwicklungsschwerpunkt.

Was macht Sie so sicher, dass sich mobile Anwendungen durchsetzen werden?
Bögel: Es gibt ganz klare Anwendungsfälle, in denen wir früher gesagt haben: der Anwender muss den Rechner mitnehmen. Die mobilen Technologien erlauben es, mit kleinen, handlichen Geräten, Prozesse sehr einfach zu mobilisieren. Im Bereich der Inventarisierung hatte man beispielsweise früher einen Scanner, ein großes Gerät mit stark eingeschränktem Funktionsumfang.

Heute haben Sie ein Smartphone, scannen damit eine Anlage und können den kompletten Datensatz komfortabel vor Ort bearbeiten. Das bringt Zeitersparnis und eine enorme Qualitätssteigerung bei der Erbringung und Dokumentation von Leistungen. Disposition, Erledigung und Fertigmeldung werden erheblich effizienter abgewickelt anstatt wie früher große Verzögerungen zwischen diesen Schritten zu erfahren.

Sie sehen, ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass solche Apps sich im FM durchsetzen.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, wie wird die Nutzung von mobilen Anwendungen die Arbeit eines Facility Managers verändern?
Bögel: Für den Facility-Manager an sich wird das Gerät im Bereich von Begehungen oder Prüfungen einen großen Vorteil bringen, d.h. er kann unmittelbar profitieren. Darüber hinaus sehe ich den Einfluss auf den Manager auch darin, dass er sein Team und die Durchführung operativer Tätigkeiten wesentlich besser steuern und kontrollieren kann. Apps sehe ich somit als einen wesentlichen Hebel, der nur durch neue IT eine Effizienzsteigerung hervorrufen kann, ohne organisatorische Veränderungen vorzunehmen.

Kommen wir zu einem anderen Thema: Building Information Modeling, kurz BIM. Während die Bauunternehmen schon voll auf dieses Zugpferd setzen, machen Facility-Manager gerade erste Erfahrungen damit. Bevor ich Sie frage, welchen Nutzen BIM für FM hat. Schließlich gibt es ja noch CAFM. Was genau ist eigentlich BIM?
Bögel: Also zunächst mal schließen diese Sachen sich alle nicht gegenseitig aus. Das ist mir ein großes Anliegen. BIM ist eben gerade nicht nur ein 3D-Modell. Building-Information-Modeling ist ein methodischer Ansatz. Man führt die bislang oft disjunkten Phasen des Lebenszyklus in einem Modell zusammen.

Modell heißt in diesem Fall aber eben nicht 3D, sondern hinter dem Modell steckt das Datenmodell. Dieses befüllen viele Beteiligte gleichzeitig im Rahmen des Projektfortschritts. Praktisch bedeutet das, dass Daten nicht über die einzelnen Phasen des Lebenszyklus weitergegeben werden, sondern man von Beginn an in den Lebenszyklus arbeitet und das Modell permanent im Zentrum steht. Das reduziert die hinreichend bekannte Schnittstellenthematik erheblich.

Das haben Sie schön erklärt. Aber welchen Nutzen hat BIM am Ende für den Facility Manager?
Bögel: Ein Hauptnutzen liegt darin, dass der Facility Manager nicht wie so oft nur ein Extrakt der Dokumentation am Ende der Errichtungsphase bekommt. Bei einem guten BIM-Projekt sind FM oder CAFM rechtzeitig eingebunden. So kann der Facility Manager in der Entstehungsphase der Daten bereits damit arbeiten, beispielsweise Simulationen durchführen, noch bevor überhaupt die Planungen abgeschlossen sind.

Das ist heute extrem schwierig. Wenn zum Beispiel eine Lüftungsanlage geplant wird, bekommt das FM irgendwann einen Plan und beginnt dann Planung, Nutzungsanforderung und Betriebskonzepte abzugleichen. Diesen Datenbestand für Simulationen aufzuarbeiten ist viel zu aufwändig, so dass oft auf Grundlage von Schätzungen oder Erfahrungswerten entschieden wird.Wenn ich diese Überlegungen auf der Basis eines BIM-Modells anstellen kann, ist beispielsweise die Nutzung eines CAFM-Systems mit allen Simulations- und Berechnungsmöglichkeiten möglich.

BIM ist im Moment so ein Thema, das in aller Munde ist. Jeder sagt: Das ist es, das ist die Planungsmethode der Zukunft. Wie ist da Ihre Einschätzung?
Bögel: Ich habe mit einer ganzen Reihe von Kollegen und auch Wettbewerbern gesprochen, BIM ist eigentlich gar nicht so neu im Ansatz. Ich persönlich kenne das Thema seit 15 Jahren. Ich glaube, der große Unterschied zum jetzigen Zeitpunkt ist, dass wir jetzt technisch in der Lage sind, diese Methodik einzusetzen.

Die Verbreitung von Daten und Modellen über das mittlerweile verfügbare schnelle Internet, die Bereitstellung auf den heute verfügbaren Geräten und die Leistungsfähigkeit der Informationstechnologie sind Grundvoraussetzungen für den praktischen Einsatz. Am Nichtvorhandensein dieser Faktoren sind die ersten Ansätze gescheitert. Aktuell wird BIM für CAFM oft noch unterschätzt und in den Bereichen Planen und Bauen verortet. Für CONJECT ist BIM neben mobilen Anwendungen das Schwerpunktthema in der Entwicklung.

Jetzt ist es ja so, dass CAFM-Systeme in der Regel sehr flexibel und leistungsstark sind. Könnten die nicht rein theoretisch auch die BIM-Aufgaben abdecken? Oder ist das zu blauäugig?
Bögel: Sie müssen den Lebenszyklus betrachten: Planen, Bauen, Betreiben. CAFM-Systeme sind genau in der letzten Phase Betreiben sehr flexibel, aber Planen und Bauen sind im CAFM funktional meist nur ein Randthema und werden nicht ausreichend abgebildet. Zu BIM gehört eben unter anderem auch das Erstellen von 3D-Modellen, Fassadenkonstruktionsplänen etc. Simulationen im Sinne von Wärmebezug, Energiebedarf, Druck in Leitungen, das ist alles nicht CAFM. Das Betreiben als Phase des Lebenszyklus hingegen ist mit CAFM optimal abzubilden und CAFM somit meines Erachtens ein relevanter Bestandteil von BIM.

Werden wir doch mal ganz konkret: Welche CAFM-Hersteller sind denn aktuell schon BIM-fähig? CONJECT wahrscheinlich?
Bögel: Ja, definitiv.

Dann wird es vermutlich schon schwierig.
Bögel: Die Frage ist, ab wann ein System BIM-fähig ist. Es gibt mit CAFM-Connect eine Initiative des CAFM RINGs, die unter anderem klar den Fokus BIM hat. Sie spezifiziert einen offenen Standard für den Datenaustausch auf Basis von IFC. Einige Ringmitglieder, CONJECT auch, sind schon dafür zertifiziert. Andere CAFM-Anbieter werten die Darstellungsmöglichkeit von 3D-Modellen schon als BIM-Fähigkeit. Es wird aber insgesamt bei den CAFM-Systemen relativ schnell dünn. conjectFM kann mit BIM-Modellen interagieren. Ein IFC-kompatibler Ex- und Import ist meiner Meinung nach eine Mindestanforderung.

Gleichwohl schaut das jetzt nicht nach besonders großem Engagement aus. Warum ist das Interesse nicht größer?
Bögel: Ich sehe im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen bedeutet die Beschäftigung mit BIM und eine entsprechende Implementierung ein großes Investment. CONJECT als relativ großes Unternehmen kann solche F&E-Projekte deutlich leichter stemmen als kleinere Unternehmen.
Der zweite Grund ist, dass es sicher noch eine gewisse Zeit dauert, bis BIM im CAFM ankommt. Der Anteil an Bestandsimmobilien ist signifikant größer als der von Neubauten, aus denen dann eher auch BIM-Modelle zur Verfügung stehen. BIM-Modelle im Bestand aufzubauen ist mit hohen Kosten verbunden, was viele Betreiber abschreckt. Also ist die Nachfrage nach BIM-fähigen CAFM-Systemen noch recht gering.

CONJECT hat den Vorteil, dass wir mit dem ILM-Ansatz und anderen Produktreihen neben CAFM auch die Phasen des Planens und Bauens unterstützen. In diesen Phasen des Lebenszyklus entwickelt sich BIM mehr und mehr zum Standard. Wir setzen fest darauf, dass sich das ins CAFM fortsetzt.

Gleichwohl sind die Kunden in Deutschland noch zurückhaltend, was das Thema angeht?
Bögel: Ja, es gibt ein sehr großes Interesse, aber derzeit noch keine allzu große Nachfrage. Das gilt allerdings nur für CAFM. Es fehlt einfach noch an der Transparenz des Nutzen für die Anwender.

Es ist demzufolge noch sehr viel Aufklärungsarbeit von Seiten der Hersteller notwendig.
Bögel: Ja.

Wann schießt das Thema durch die Decke?
Bögel: Bezogen auf Planen und Bauen ist das schon aktuell der Fall. Maximal ein Jahr noch, dann sind BIM-Anforderungen standardmäßiger Bestandteil von Ausschreibungen. Für CAFM rechne ich mit einem Nachlauf von maximal zwei bis drei Jahren für diesen Effekt.

Aber ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass es ein Projekt gibt, was wirklich über BIM schon komplett durchgeplant, gebaut und genutzt worden ist.
Bögel: Es gibt Projekte.

Aber nicht in Deutschland.
Bögel: Auch in Deutschland. Max Bögl ist hier einer der Vorreiter. Das Unternehmen hat den BIM-Gedanken in die Kernprozesse des Geschäfts integriert. Da die Systemlandschaft aber noch nicht alle Bereiche abdeckt, wurde dort auch sehr viel Software selbst entwickelt. Aber es erfolgt eine modell-basierte Umsetzung von der ersten Entwurfsplanung über die Steuer-/Fertigungsroboter für die Bewährungsmatten bis hin zum Reporting für die Geschäftsführung.

Würden Sie sagen, dass CONJECT in diesem Bereich missionarisch unterwegs sind?
Bögel: Missionarisch ist evtl. übertrieben, aber wir nutzen unsere Stärke, um das Thema in den Markt zu tragen. Für CONJECT ist die von uns gewählte Form der Umsetzung von BIM ein USP.
CONJECT ist auch im Ausland tätig. Hier ist BIM schon gesetzt.

Was haben wir in Deutschland falsch gemacht?
Bögel: Ich glaube, wir gehen hier zu Lande typisch deutsch akademisch vor. Es muss erst alles zu 100 % verstanden und in Regeln gegossen sein, bevor mit der Nutzung begonnen wird. Im Ausland, zum Beispiel in Großbritannien, ist man pragmatischer vorgegangen und daher schneller.

Dort ist beispielsweise am Jahresanfang eine Regelung in Kraft getreten, nach der öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, wenn diese nachweisen können, dass Sie BIM in einer gegebenen Form gemäß Level 1 bis 4 unterstützen. Durch solche Maßnahmen kommt entsprechend mehr Bewegung in die Branche.

Es wäre schön, wenn es eine entsprechende Initiative auch hier in Deutschland geben würde.
Bögel: Auch in Deutschland bewegt sich schon einiges. Es gibt ja unter anderem den Leitfaden BIM. Dann gibt es die Gesellschaft „Planen Bauen 4.0“, die den Schwerpunkt sehr klar auf Lobbyarbeit für das Thema BIM legt. In dieser Gesellschaft sind eigentlich alle großen Player aus Planen und Bauen engagiert. Aber auch hier sucht man noch mehr oder weniger vergeblich nach Vertretern unserer Branche.

Kommen wir zu einem letzten großen Thema: Augmented Reality (AR). Ist das auch wieder nur ein Hype für den Facility Manager augenblicklich?
Bögel: Das ist eher ein Trend- und Visionsthema. Damit werden wir uns beschäftigen, jeder wird es haben und brauchen. Aber derzeit sind es die Geräte, die uns noch limitieren.

Warum will es die Branche haben?
Bögel: Beim Thema Apps sagte ich schon, dass die operativen Einheiten stark profitieren. Mit Augmented Reality wird dieser Effekt nochmals verstärkt. CONJECT hat einen Prototyp mit Google Glass auf der FM-Messe 2015 gezeigt. Der Nutzer hat bei der Arbeit die Hände frei und bekommt zusätzlich alle Informationen ins Gesichtsfeld projiziert, die ihn bei der Arbeit unterstützen.
Man kann also Messgeräte, Schraubenschlüssel etc. in beiden Händen halten, schaut sich eine Anlage an und bekommt z.B. Prüftätigkeiten angezeigt. Der limitierende Faktor ist das Gerät. Unsere Entwickler sagen klar, dass sie viel mehr umsetzen könnten, aber das Gerät es nicht hergibt.

Sie haben es gerade angesprochen, auf der FM-Messe haben Sie entsprechende Lösungen vorgestellt. Wie war der Tenor?
Bögel: Unser Stand mit der Datenbrille war ein echter Publikumsmagnet. Andere Anbieter haben Lösungen gezeigt, die eher in den Bereich Virtual Reality gegangen sind, also virtuelle Darstellungen von Anlagen etc. verwenden. Auch für diese Technologie gibt es Anwendungsfälle, aber hier sehe ich derzeit heute nur bedingt eine Zukunft, größere Potenziale liegen in der Augmented Reality. Während der Messe hatten wir enormen Zulauf und auch das Feedback danach war durchweg positiv. Wir sind häufig gefragt worden, wann denn eine derartige Lösung in der Praxis zu erwarten ist. Diese Frage kann man heute allerdings noch nicht beantworten. Es gibt Ankündigungen, unter anderem von Google, dass neue Versionen von Datenbrillen auf den Markt kommen, bei denen viele der Kinderkrankheiten ausgemerzt sind.

Das heißt, es liegt auch ein bisschen an der Hardware?
Bögel: Ja, die Geräte sind der limitierende Faktor. Bei dem Modell, das wir auf der Messe verwendet haben, beträgt die Laufzeit des Akkus im Einsatz ca. 40 Minuten. Zudem wurde der Akku auch sehr heiß. Die Prismentechnologie, mit der Daten in das Gesichtsfeld projiziert werden, strengt die Augen extrem an. Ein praktisches Arbeiten über mehrere Stunden ist damit noch nicht möglich. Allerdings ist kürzlich eine vielbeachtete Veröffentlichung zur HoloLens von Microsoft im Internet kursiert. Ein technisch etwas anderer Ansatz, aber man kann diese Brille auch für Anwendungen wie unsere verwenden. Die HoloLens ist technologisch weiter, braucht aber Stand heute noch viel mehr Rechenkapazität.

Wann glauben Sie, werden die Hardwarehersteller soweit sein, dass man wirklich damit auch arbeiten kann?
Bögel: So etwas kann man schwer schätzen – zwei oder drei Jahre vielleicht. Wie so oft bedarf es wohl eines Treibers, der das Thema und die Technologie mit hohen Investitionen in den Massenmarkt bringt.

Aber das ist ja letztendlich die Grundvoraussetzung, damit Augmented Reality sich dann auch durchsetzen kann.
Bögel: Ja natürlich.

Nochmal ganz konkret nachgefragt: Wo sehen Sie denn die Einsatzmöglichkeiten von AR?
Bögel: Wie ich schon sagte, die Datenbrillen dienen in Verbindung mit Apps als Prozessreichweitenverlängerung. Der Zugang zu den Informationen und Daten wird deutlich vereinfacht und das ohne Bindung an einen Ort. Man kann heute schon aus Bildern Objekte erkennen und automatisch mit Daten verbinden, eine Art Reality Scan.

Stellen Sie sich eine Immobilienbegehung vor, bei der Sie durch einfaches Ansehen von Anlagen oder Objekten erforderliche Arbeiten oder mögliche Schadenkataloge angezeigt bekommen. Und all das Hands-Free, so dass Sie uneingeschränkt arbeiten können. Man kann den Nutzen mindestens mit dem eines Headsets für das Mobiltelefon gleichsetzen.

Und welche Vorteile hat das für den Facility Manager?
Bögel: Wenn Sie konkret die Person des Managers ansprechen, wahrscheinlich keinen allzu großen Vorteil. Seine Aufgabe sollte sich auf das Managen konzentrieren. Der Nutzen liegt wie bei den Apps darin, Mitarbeiter und Teams noch effizienter einsetzen zu können.

Am Ende ist es ja immer so, dass ein Unternehmen dann nach den Kosten fragt, was kann man sparen bzw. welche Effizienz hat das Ganze für mich. Was würden Sie denen antworten?
Bögel: Solange die Geräte so teuer sind, ist ein wirtschaftlicher Nutzen kaum darstellbar. Und selbst wenn diese Eintrittsschwelle überschritten ist, muss man für verlässliche Antworten immer eine Einzelfallbetrachtung machen. Weniger Medienbrüche, mehr Bewegungsfreiheit und weniger Arbeitsunterbrechungen führen auf jeden Fall zu Produktivitätssteigerungen. Genau kann man das aber erst nach einer entsprechenden Potenzialanalyse sagen.

CONJECT beschäftigt sich mit dem Thema beziehungsweise hat ja auch schon Lösungen vorgestellt. Inwieweit konnten Sie jetzt schon auch praktische Erfahrungen damit sammeln? Also auf der FM-Messe haben Sie das Ganze ja im Grunde genommen vorgestellt.
Bögel: Ich sagte ja bereits, dass der praktische Einsatz aufgrund der Geräte, speziell der Brillen nur stark eingeschränkt möglich ist. Erfahrungen unter realen Bedingungen liegen uns noch nicht vor. Wir betrachten Augmented Reality als Visions- bzw. F&E-Thema, um wie bei vielen anderen unserer Themen auch technologisch den Takt vorzugeben.

Die Praxistauglichkeit der Lösungen steht damit praktisch noch aus?
Bögel: Genau, also die Praxistauglichkeit der Geräte.

Was wäre denn da in der Zukunft denkbar, wenn man entsprechende Hardware hätte? Wie könnte sich dieser Markt entwickeln? Was ist da für eine Fantasie im Spiel? Weil CONJECT investiert ja nun auch in diese Vision.
Bögel: Ähnlich wie mobile Anwendungen werden auch Augmented Reality-Lösungen zum Standard im CAFM werden. So wie heute bereits das Vorhandensein einer Software als Web Applikation vorausgesetzt wird, werden in wenigen Jahren auch Lösungen mit Datenbrillen zum üblichen Leistungsspektrum von CAFM-Systemen gehören.

Der Markt wird das Thema demnach schon weitertreiben.
Bögel: Ja, auf jeden Fall.

Gibt es bei Ihnen eine Zielmarke, wo Sie sagen, von da ab muss dann im Grunde genommen die Technologie für den Alltag tauglich sein bzw. im Markt dann auch stehen?
Bögel: Nein, wir sind zwar der führende Anbieter von Software für den Immobilien-Lebenszyklus, aber wir haben nicht die Marktmacht, solche Zielmarken oder Deadlines einzufordern. Wir haben große F&E-Budgets, die wir tatsächlich in die Forschung und nicht nur in die Weiterentwicklung unserer Software investieren. Datenbrillen und Augmented Reality kommen – da bin ich sicher.

Ich vergleiche das gern mit einer Sportwette. So wie andere auf ein Pferd setzen und vom großen Gewinn überzeugt sind, wettet CONJECT auf Technologien. Und wenn ich unsere bisherigen Erfolge betrachte, scheinen wir ein gutes Gespür für die richtigen Wetten zu haben.

Ich stelle mir das in Ihrem Fall schwierig vor. Sie sind ja so ein Visionär und so ein Thema, wenn Sie sich einmal festgebissen haben, treiben Sie das ja auch wirklich voran. Jetzt im Moment müssen Sie warten, bis der Markt mitspielt beziehungsweise auch die Rahmenbedingungen stimmen.
Bögel: Sie scheinen mich gut zu kennen – genauso ist es und ich finde es schade. Aktuell ist der Support für die Google Glass Brille sogar eingestellt worden. Wenn ich den Vergleich mit der Sportwette nochmals bemühe, ist das Rennen Stand heute ausgesetzt, aber nicht abgebrochen. Und Sie können sich sicher sein, dass wir das Thema weiter treiben.

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